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Ist Schaeffler bald Junk?

Schwierige Monate für Schaeffler: Das Investmentgrade-Rating wackelt. Aber fällt es auch?
Schaeffler

Verkaufspanik sieht anders aus, aber trotzdem hat die Kapitalmarktstory von Schaeffler einen Streifschuss abbekommen. Die Ankündigung von S&P aus der vergangenen Woche, das Schaeffler-Rating von BBB- auf negativen Ausblick zu stellen, hat bei den ausstehenden Schaeffler-Anleihen zu Kursverlusten zwischen 0,5 und 1 Prozent des Nennwerts geführt.

Mit Kursen zwischen 102 und 110 Prozent notieren sie zwar immer noch alle komfortabel über par. Trotzdem hat bei dem Autozulieferer das Bangen begonnen, dass der scharfe Einbruch der Automobilkonjunktur den Kraftakt der zurückliegenden Jahre zunichtemacht. Fast zehn Jahre eiserne Spardisziplin musste der damalige Schaeffler-CFO und heutige CEO Klaus Rosenfeld durchexerzieren, um das Familienunternehmen vom Rand der Pleite in das Lager der guten Schuldner zu führen: Es dauerte bis zum Spätsommer 2018, ehe alle drei großen Ratingagenturen S&P, Moody’s und Fitch Schaeffler in den Investmentgrade-Bereich angehoben hatten.

Wie groß ist das Risiko, dass Schaeffler jetzt wieder in den Junk-Bereich absackt? S&P hat es sogar quantifiziert: Die Ratingagentur sieht eine Wahrscheinlichkeit von einem Drittel, dass es in den nächsten 12 bis 24 Monaten zu einem Downgrade kommt, sofern es Schaeffler nicht gelingt, die Gewinnmarge wieder anzuheben. Und dort ist die Tendenz bedenklich: Standen 2016 noch 12,7 Prozent zu Buche, sank die Ebit-Marge in den beiden vergangenen Jahren über 11,3 auf 9,7 Prozent. Für dieses Jahr rechnet das Management sogar nur noch mit 7 bis 8 Prozent. Macht S&P seine Ankündigung wahr, würde Schaeffler schon mit dem ersten Downgrade das Investmentgrade-Rating verlieren.

Schaeffler erwägt Kurzarbeit

Während das Management das Nachfrageverhalten seiner Großkunden kaum beeinflussen kann, müssen Rosenfeld und Finanzchef Dietmar Heinrich, der vor zwei Jahren als Finanzchef ins Amt kam, an anderen Stellen unbedingt liefern: S&P fordert vor allem, die geplanten Effizienzmaßnahmen zügig und reibungslos umzusetzen. 

Tiefe Einschnitte wie etwa Massenkündigungen oder Werksschließungen planen Rosenfeld und Heinrich zwar noch nicht. In moderatem Maße kürzen sie die Kapazitäten aber durchaus, für einzelne Standorte hat Schaeffler auch schon Kurzarbeit angemeldet. Ab Dezember soll auch noch die Arbeitszeit zahlreicher Mitarbeiter von 40 auf 35 Stunden reduziert werden. Außerdem hat das Management die aktuellen Investitionspläne für das laufende Jahr gekürzt und die Investitionen stärker auf den Wachstumsbereich E-Mobilität konzentriert.     

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Klaus Rosenfeld, Schaeffler AG

Rosenfeld startet seine berufliche Karriere mit einer Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Dresdner Bank. Nach seinem Studium kommt Rosenfeld 1993 zurück zur Bank und arbeitet dort bis 1997 im Bereich Spezialfinanzierung des Investment Bankings. 1997 wird er Vorstandsassistent, 2001 Generalbevollmächtigter und Vize-Leiter für Finanzen und Controlling. Im Jahr 2001 wird Rosenfeld zum Mitglied des Vorstands berufen und verantwortet von 2002 bis 2009 als CFO die Bereiche Finanzen & Controlling, Compliance und das Beteiligungsgeschäft der Bank (Corporate Investments).

Im März 2009 wechselt der Banker als Finanzchef zum damals schwer angeschlagenen Autozulieferer Schaeffler. Im Herbst 2013 übernimmt er interimistisch auch den Posten des CEOs. Nach dem überraschenden Abgang des designierten CEO Klaus Deller noch vor Amtsantritt wurde Rosenfeld im Juni 2014 zum regulären CEO für fünf Jahre bestellt.

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Wie stark kann Schaeffler die Dividende kürzen?

Eine andere, eigentlich simple und zweifellos wirksame Maßnahme steht ebenfalls im Raum, wird vom Management aber nicht öffentlich diskutiert – die Kürzung der üppigen Dividende. Im vergangenen Jahr schüttete Schaeffler 361 Millionen Euro an seine Anteilseigner aus. Für das laufende Jahr kalkuliert S&P mit einer Dividendenkürzung um 20 bis 30 Prozent, aber auch dies entspräche auf dem aktuellen Kursniveau noch einer Dividendenrendite von etwa 7 Prozent. Hier läge Sparpotential.

Allerdings hat die hohe Ausschüttungssumme einen handfesten Hintergrund: Die Holding der Unternehmerfamilie Schaeffler trägt immer noch Milliardenschulden mit sich herum, die entstanden waren, als die Schaefflers unmittelbar vor Ausbruch der Finanzkrise nahezu die Hälfte der Anteile am Wettbewerber Continental aufkauften. Auch elf Jahre später benötigt die Investmentholding der Familie immer noch hohe Dividenden von Schaeffler und Continental, um die Schulden weiter abzutragen.

S&P positioniert sich recht eindeutig: „Schaeffler hat nur begrenzte Möglichkeiten, die eigenen Schulden zu reduzieren, sofern das Management sich nicht zu einer erheblichen Dividendenkürzung durchringt.“ Aber drei Viertel der Dividende fließt an die Schaefflers.   

Niedriger Kurs, hohe Dividende (Ein-Jahres-Chart der Schaeffler-Aktie)

Es ist nicht alles schlecht bei Schaeffler

Anders als S&P halten Moody’s und Fitch noch an dem stabilen Ausblick für das Schaeffler-Rating fest. Sie schätzen die augenblickliche Schwäche als temporär ein und setzen auf eine zeitnahe Wende im Kerngeschäft mit den Autokonzernen. Außerdem ist Schaeffler kein reiner Autozulieferer. Diese Sparte steht zwar für 62 Prozent des Umsatzes, steuert aber nur noch 30 Prozent des Ebits bei. Die anderen beiden Sparten „Aftermarket“ und „Industrie“ entwickeln sich besser. Die Industriesparte glänzt nach einem erfolgreichen Effizienzprogramm sogar mit steigenden Umsätzen und Gewinnen.   

Fitch vermerkt außerdem noch positiv, dass die bereits eingeleiteten Sparmaßnahmen ab dem nächsten Jahr helfen sollten, das Konzernergebnis zu stabilisieren. Außerdem fährt Schaeffler die Produktion von Systemen für Elektroautos immer weiter hoch. Die daraus entstehenden Skaleneffekte bringen den Break-Even dieser neuen Geschäftssäule langsam in Sichtweite. Außerdem schätzt Fitch, dass der aktuelle Investitionszyklus der Franken im nächsten Jahr seinen Höhepunkt erreichen wird. Allerdings: „Der Headroom des Ratings ist nur noch moderat“, warnt auch Fitch.

FINANCE-Köpfe

Dietmar Heinrich, Dürr AG

Nach seinem Studium an der Karlsruher Universität für Technologie beginnt Dietmar Heinrich seine Karriere 1990 im Controlling des Familienunternehmens Alfred Kärcher, einem Hersteller von Reinigungssystemen. Fünf Jahre später wechselt Heinrich zu FAG Kugelfischer. 2001 wird dieses Unternehmen von dem Autozulieferer Schaeffler übernommen.

Zwischen 2001 und 2005 ist Dietmar Heinrich Finanzchef des Schaeffler-Außenstandorts in Korea. Dort ist er neben dem Finanzbereich auch für Einkauf, Personalwesen und Informationssysteme zuständig. 2006 übernimmt er die Position des Finanzleiters für die Region Asien/Pazifik. Danach kehrt er als Leiter des Geschäftsbereichs Lineartechnik der Homburger Niederlassung nach Deutschland zurück. Zwei Jahre später wird Heinrich zum CFO der Region Europa (exklusive Deutschland) berufen. 2014 steigt er zum regionalen CEO Europa und somit Mitglied des Executive Boards der Schaeffler-Gruppe auf.

Seit August 2017 ist Dietmar Heinrich Finanzvorstand des Schaeffler-Konzerns. Nur gut zwei Jahre später, im November 2019, kündigt er an, seinen im Juli des Folgejahres auslaufenden Vertrag aus persönlichen Gründen nicht verlängern zu wollen. Im Dezember 2019 wird bekannt, dass er im August 2020 zum Maschinenbauer Dürr wechseln wird.

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CFO Heinrich braucht Investmentgrade-Rating

Immerhin droht Schaeffler keine unmittelbare Finanzierungsproblematik: Zu den Covenants der eigenen Anleihen hat Schaeffler laut S&P noch mehr als 50 Prozent Spielraum. Es gibt auch keine nennenswerten kurzfristigen Fälligkeiten, erst 2022 wird wieder ein Bond über 750 Millionen Euro fällig.

Trotzdem brächte ein Rückfall in den Junk-Bereich Schaeffler-CFO Heinrich handfeste Nachteile: Im Geschäftsjahr 2018 konnte Schaeffler als Folge der Rating-Upgrades dingliche Sicherheiten aus Kreditverträgen und Anleihen auslösen. Diese Entlastung würde mit einem Downgrade möglicherweise wieder hinfällig werden.

Zudem hat Heinrich ein Programm aufgelegt, das der Ausgabe von Investmentgrade-Anleihen mit einem Volumen von bis zu 5 Milliarden Euro den Weg bereitet. Auch dieser wegweisende Schritt droht in Gefahr zu geraten. Entsprechend deutlich positioniert sich Heinrich zum Thema Rating: „Wir wollen uns langfristig im Investmentgrade etablieren“, sagte der Finanzchef noch im März.

 

Info

Beim Kampf um die Rettung des Ratings kommt es auf den Finanzchef an. Mehr über dessen Vita und Karriere erfahren Sie im FINANCE-Köpfe-Profil von Dietmar Heinrich. Mehr zu dem familiengeführten Automobilzulieferer lesen Sie auf unserer Themenseite zu Schaeffler.