Den Online-Möbelhändler Westwing zieht es an die Börse. Wie die Münchener am heutigen Donnerstag bekanntgaben, plant das Unternehmen ein erstes öffentliches Angebot sowie die Notierung seiner Aktien im regulierten Markt (Prime Standard) der Frankfurter Wertpapierbörse. Das geplante Angebot soll aus neu ausgegebenen Aktien aus einer Kapitalerhöhung bestehen.
Westwing erwartet Erlöse aus dem primären Angebot von etwa 120 Millionen Euro. Neben dem öffentlichen Angebot will der Onlinehändler für Möbel und Inneneinrichtung über Privatplatzierungen außerhalb Deutschlands weiteres Kapital einsammeln. In welchen Ländern das Angebot gelten soll, sagte Westwing nicht.
Die Anzeichen für einen IPO hatten sich in den vergangenen Wochen bereits verdichtet, nachdem sich Westwing von einer GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt hatte. Berenberg und Citigroup agieren als Joint Global Coordinators und Joint Bookrunners bei dem geplanten IPO.
Rocket Internet ist größter Westwing-Investor
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Westwing ist eine Beteiligung der Start-up-Schmiede Rocket Internet, die 32 Prozent der Anteile hält. Ein weiterer großer Geldgeber ist der schwedische Venture-Capital-Investor Kinnevik, der mit 17 Prozent investiert ist und lange Zeit auch bei Rocket involviert war. Weitere relevante Westwing-Investoren sind die US-Beteiligungsgesellschaft Access Industries und Tengelmann Ventures. Ob sie bei dem Börsengang Aktien aus der geplanten Kapitalerhöhung zeichnen wollen, ist bislang nicht bekannt.
Westwing hat in den vergangenen Jahren wie viele Start-up zunächst ein rasantes Wachstum vorgelegt, gleichzeitig aber Verluste eingefahren. Das hat sich zuletzt geändert: Im ersten Halbjahr 2018 erwirtschaftete der Onlinehändler eine Gewinn-Marge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 2 Prozent – allerdings bereinigt um Aktivitäten in Ländern, aus denen Westwing sich zurückgezogen hatte.
Zuletzt hatte sich Westwing aus Brasilien, Russland und Kasachstan verabschiedet. Der Umsatz des Online-Möbelhändlers ist in den ersten sechs Monaten 2018 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 22 Prozent auf 120 Millionen Euro gewachsen. 2017 kam Westwing auf einen bereinigten Umsatz von 220 Millionen Euro.
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Mithilfe der IPO-Erlöse will Westwing-CFO Florian Drabeck kräftig investieren. Der Möbelhändler plant, Geld in seine Technologieplattform zu stecken, und das Produktportfolio weiterzuentwickeln. Zudem sollen Teile der Erlöse dabei helfen, international das Wachstum zu forcieren. Außerdem will Finanzchef Drabeck Schulden tilgen.
Home24 und Westwing wird Fusion nahegelegt
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Für Großinvestor Rocket Internet dürfte der Börsengang von Westwing derweil der vierte IPO einer Beteiligung seit Juni 2017 werden. Zuletzt hatten die Essenslieferdienste Hello Fresh und Delivery Hero den Sprung auf das Parkett geschafft, ebenso wie die ebenfalls im Online-Möbelhandel tätige Home24.
Speziell um letzteren ranken sich seit längerem Gerüchte, dass das Unternehmen mit Westwing fusionieren könnte. Die Geschäftsmodelle von Home24 und Westwing unterscheiden sich nur in Nuancen. Beide E-Commerce-Häuser sind außerdem fast gleich groß und haben ein sehr ähnliches Margenprofil.
Ob der Westwing-IPO wie die vorherigen Börsengänge noch in die Amtszeit von Rocket-CFO Peter Kimpel fällt, ist indes fraglich, da die Münchener noch ganz am Anfang ihrer Parkett-Pläne stehen. Finanzchef Kimpel wechselt zum 1. Oktober zur Investmentbank Barclays, wo er Deutschland-Chef wird.
Info
Westwing-CFO Drabeck gibt als Hobby den Kapitalmarkt an und wird nun mit dem anstehenden IPO ein aktiver Teil davon. Mehr Informationen zu dem Finanzchef finden Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von Florian Drabeck. Alles Wissenswerte zu der Start-up-Schmiede sammelt FINANCE auf der Themenseite Rocket Internet.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.