Die Aufholjagd, die am Schuldscheinmarkt im dritten Quartal 2018 begonnen hat, hat sich auch in den letzten drei Monaten des Jahres fortgesetzt. Das Resultat: Insgesamt wurden 2018 Schuldscheine über nahezu 24 Milliarden Euro platziert, wie dem aktuellen FINANCE-Schuldschein-Update zu entnehmen ist, das der Datenanbieter Refinitiv (früher Thomson Reuters LPC) exklusiv für FINANCE aufbereitet hat und das MeinFINANCE-Nutzer hier kostenlos herunterladen können.
Damit verzeichnet der Markt zwar einen Rückgang von rund 17 Prozent beim Emissionsvolumen im Vergleich zum Vorjahr (29 Milliarden Euro). Im ersten Halbjahr hatte es jedoch nach einem deutlich stärkeren Rückgang ausgesehen. Insgesamt war 2018 das Jahr mit dem dritthöchsten Emissionsvolumen überhaupt.
Gemessen an der Transaktionszahl stellt das zweite Halbjahr einen neuen Rekord auf: Laut Refinitiv wurden 93 Schuldscheine platziert. Bisheriger Spitzenreiter war das zweite Halbjahr 2017 mit 84 Transaktionen.
Fünf neue Deals in den Top 10 der Schuldscheine
Mit Blick auf die Top 10 der größten Schuldscheine zeigt sich, dass vor allem das vierte Quartal einige Emittenten mit höherem Finanzierungsbedarf anlockte. Allein fünf Transaktionen aus den letzten drei Monaten des Jahres schafften es auf diese Liste.
Die Rewe Group als Spitzenreiter mit ihrem Schuldschein über 1 Milliarde Euro konnte zwar nicht entthront werden, doch direkt dahinter positioniert sich das französisches Unternehmen Faurecia mit einem Schuldschein über rund 719 Millionen Euro.
Auf Platz drei folgt der Stahlkonzern Voestalpine mit einer Transaktion aus dem November über circa 583 Millionen Euro. Ebenfalls neu in den Top 10 finden sich die Supermarktkette Lidl (500 Millionen Euro über Lidl Dienstleistung), der Schweizer Baustoffkonzern LafargeHolcim (465 Millionen Euro) und der französische Altenheimbetreiber Korian (450 Millionen Euro).
Auf Rang 2 liegt Faurecia mit einem Schuldschein über 719 Millionen Euro.
Marktnovum bei Faurecia-Deal im Einsatz
Die Liste der zehn größten Schuldscheine zeigt deutlich, dass sich der Trend zu mehr Internationalisierung gerade bei den größeren Transaktionen ungebrochen fortsetzt. Sieben der größten Schuldscheine des Jahres wurden von ausländischen Emittenten begeben.
Der zweitgrößte Deal des Jahres von dem französischen Automobilzulieferer Faurecia, der nur wenige Tage vor Weihnachten bekannt gegeben wurde, zog besonders große Aufmerksamkeit auf sich. Bei dem Schuldschein, der sowohl Euro- als auch Dollar-Tranchen enthält, wurde zum ersten Mal das Vertragsmuster verwendet, das die Loan Market Association Ende Oktober 2018 veröffentlicht hat.
Bislang gab es für Schuldscheine keinen einheitlichen Standard. Die Dokumentation nach dem LMA-Vertragsmuster ist überschaubar, unterliegt deutschem Recht und folgt insgesamt deutschen Dokumentationsgepflogenheiten.
Digitalisierung im Schuldscheinmarkt schreitet voran
Außerdem ist der Schuldschein von Faurecia eine weitere Transaktion, die über eine digitale Schuldscheinplattform abgewickelt wurde. Die Franzosen nutzten die Plattform VC Trade für die Platzierung. Im dritten Quartal ging auch eine neue Plattform an den Start: Die NordLB lancierte das Fintech Finpair und stieg damit in den Kampf um die Marktführerschaft unter den digitalen Schuldscheinplattformen ein, der sich 2018 entwickelte. Mittlerweile gibt es eine Handvoll solcher Angebote, die um die Unternehmen werben.
Auch in dem noch spezielleren Segment der Blockchain-Schuldscheine gab es Neuigkeiten. Der österreichischen Erste Group gelang ein Meilenstein, da sie es als erste Bank schaffte, einen Schuldschein ausschließlich über die Blockchain zu platzieren. Bei der Transaktion für den Autobahnbetreiber Asfinag musste kein herkömmlicher Platzierungsprozess mehr stattfinden, wie es bei früheren Blockchain-Transaktionen der Fall war.
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RBI und ING erreichen die Top 10 der begleitenden Banken
Während sich also im Wettstreit der Banken um die digitale Vorherrschaft einiges tat, gab es im Kampf um Marktanteile am Schuldscheinmarkt zumindest auf den vorderen Plätzen im Jahr 2018 nur wenig Bewegung. Die LBBW verteidigt eisern ihre Marktführerschaft. Mit 54 begleiteten Deals kommt sie auf einen Marktanteil von rund 22 Prozent.
Auf Platz zwei und drei liegen dicht an dicht Helaba und Bayern LB, die im Vergleich zum Vorjahr ihre Ränge tauschten. Die Helaba liegt laut Refintiv mit 35 Deals und einem Marktanteil von etwa 12,3 Prozent leicht vor der BayernLB mit 32 Deals und einem Anteil von 11,9 Prozent.
RBI und ING steigen in die Top 10 der begleitenden Banken auf.
Spannender war die Entwicklung auf den unteren Rängen der Top 10. Die Raiffeisen Bank International (RBI) springt vier Plätze nach vorne und landet mit 9 begleiteten Deals und einem Marktanteil von 4,8 Prozent auf Rang 8. Ein weiterer Neueinsteiger in die Top 10 ist im Jahresvergleich die ING. Sie schafft es mit 12 begleiteten Transaktion und einem Marktanteil von 4,4 Prozent auf Rang 10. Die NordLB und die Deutsche Bank sind dagegen nicht mehr unter den führenden zehn Banken vertreten.
Was bringt 2019 für den Schuldscheinmarkt?
Die Konkurrenz unter den Banken dürfte auch im kommenden Jahr weiter anhalten – vor allem dann, wenn weniger Schuldscheine platziert werden. Die Beratungsgesellschaft Capmarcon geht davon aus, dass die Marktakteure das Momentum des zweiten Halbjahres in das neue Jahr mit hinübernehmen können. Wenn sich an der Marktlage nichts Gravierendes ändert, rechnet die Beratung 2019 mit einem Volumen zwischen 18 und 24 Milliarden Euro.
Emittenten sollten sich allerdings auf ein leicht anziehendes Preisniveau einstellen. Laut der Analyse von Capmarcon hat das Risikobewusstsein der Investoren zugenommen. Während sich die Marktzinsen kaum verändert haben, seien die Risikoaufschläge wieder gestiegen. Auch das Aufweichen der Kreditkonditionen – zum Beispiel im Hinblick auf die Einhaltung von Finanzkennziffern – habe sich im vergangen Jahr nicht fortgesetzt.
Jetzt als FINANCE-User das FINANCE-Schuldschein-Update als PDF herunterladen:
Die Daten werden von Refinitiv, früher Thomson Reuters LPC, exklusiv für FINANCE zusammengestellt.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.