Auf Worte folgten Taten: Vor einem halben Jahr verkündete die Deutsche Börse, dass sie am M&A-Markt aktiv werden muss. Im April schlug sie nun zu – und das, ohne ihre über 1,5 Milliarden Euro schwere Kriegskasse dafür anzapfen zu müssen. Dieses kleine finanzielle Kunststück gelang dem CFO der Deutschen Börse Gregor Pottmeyer beim Axioma-Deal.
Börse und Pottmeyer werden bei Axioma kreativ
Langzeit-CFO Pottmeyer – mit rund zehn Jahren Dienstzeit als CFO der Deutschen Börse einer der langlebigsten CFOs im Dax und MDax – sicherte sich kapitalstarke Unterstützung bei dem US-Finanzinvestor General Atlantic. Die Amerikaner steuern mit 715 Millionen US-Dollar den größten Teil des Kaufpreises bei und erhalten im Gegenzug 19 Prozent des neu formierten Unternehmens, in das die Deutsche Börse neben Axioma auch das mit 2,6 Milliarden Euro bewertete eigene Indexgeschäft einbringen will. Den Rest des Kaufpreises von 820 Millionen Dollar steuern einige Axioma-Manager bei und sichern sich so ebenfalls eine Beteiligung von 3 Prozent an der neuen Firma. Mit 78 Prozent klar dominierender Anteilseigner wird jedoch der Dax-Konzern aus Eschborn.
Der CFO des Monats April
Pottmeyer bleibt bei FXall am Ball
Pottmeyer und die Börse schlagen so zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen kommt dank dieser kapitalschonenden Dealstruktur keine Gefahr für das geschäftsentscheidende Investmentgrade-Rating auf und zum anderen erhält sich die Börse ihren Spielraum für weitere Deals.
Und davon bahnt sich schon einer an: Keine 48 Stunden nachdem die Axioma-Übernahme bekannt gegeben wurde, sahen sich die Eschborner durch Marktgerüchte zu einer Ad-hoc-Mitteilung gezwungen, in der sie bestätigten, „dass sie sich in konkreten Verhandlungen mit der Refinitiv Gruppe über den möglichen Erwerb einzelner FX-Geschäftsbereiche“ befinden.
Das konkrete M&A-Ziel dürfte die Devisenhandelsplattform FXall sein – oder zumindest wesentliche Teile davon. FXall ist der internationale Marktführer in diesem Bereich, die Nachrichtenagentur Reuters taxiert den Wert des Unternehmens auf 3,1 Milliarden Euro. Dieser Schätzung widerspricht die Deutsche Börse in ihrer Ad-hoc Mitteilung klar. Trotzdem ist offensichtlich, dass angesichts einer Kriegskasse von 1,5 Milliarden Euro kein FXall-Deal mehr möglich wäre, wenn die Deutsche Börse Axioma auf klassische Art übernommen hätte.
FXall und 360T wären zusammen ein Branchenriese
Die jetzige Situation ähnelt den Ereignissen vor fast vier Jahren, als die Deutsche Börse schon einmal innerhalb kürzester Zeit zweimal am M&A-Markt aktiv wurde. Und auch damals war eines der Targets eine Devisenhandelsplattform: Deutschlands Vorzeige-Fintech 360T.
360T ist mittlerweile vollständig in den Deutsche-Börse-Konzern integriert. 360T-CEO Carlo Kölzer gab erst kürzlich in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ zu, dass sich 360T und FXall hervorragend ergänzen würden. FXall sei in Amerika hervorragend vertreten und habe eine „starke Stellung im Asset-Management-Bereich, in dem wir relativ neu sind“, ließ er sich zitieren.
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Unterstützung bei dieser M&A-Initiative erhält Pottmeyer von Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer: Dieser hat selbst den Devisenbereich als Konzernteil benannt, den es durch M&A-Deals zu stärken gelte. Und Weimer ließ auch durchblicken, dass er groß denkt: Zu einer Kapitalerhöhung für „attraktive Zukäufe“ würden er und die Aktionäre nicht „Nein“ sagen.
Axioma-Closing, FXall-Verhandlungen und eventuell eine Kapitalerhöhung – mit Weimers M&A-Plänen steht Pottmeyer unzweifelhaft die nächste Etappe seines Langstreckenlaufs bei der Deutschen Börse bevor.
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