Die Bilanzprobleme des ehemaligen Dax-Konzerns K+S könnten noch tiefgehender und anhaltender sein, als selbst die Skeptiker am Kapitalmarkt derzeit für wahrscheinlich halten. In einem heute erschienenen Report warnt die Investmentbank Berenberg davor, dass es dem Konzern auch in den nächsten drei Jahren wahrscheinlich nicht gelingen wird, von seinem bedrohlich großen Schuldenberg herunterzukommen.
Trotz Bethune-Eröffnung keine positiven Cashflows
Berenberg-Berechnungen zufolge dürfte K+S für Ende 2019 einen Leverage von 6,8x Ebitda ausweisen. Dies liegt nur noch marginal unterhalb des aktuellen Unternehmenswert-Multiples des Dünger- und Salzproduzenten von rund 8x Ebitda. Dass der Leverage ohne Spartenverkäufe auch in Zukunft bedrohlich hoch bleiben wird, begründet Berenberg mit weiter sinkenden Absatzpreisen für Kalidünger und Spezialitätenprodukte, die K+S ebenfalls herstellt.
„Im Kalimarkt gibt es strukturelle Schwierigkeiten, und K+S operiert im oberen Bereich der Kostenkurve der globalen Anbieter“, glaubt Berenberg-Analyst Rikin Patel. Die Folge: Obwohl die nach Konzernangaben 3,1 Milliarden Euro teure neue Kalimine „Bethune“ in Kanada inzwischen eröffnet ist und die Investitionen sinken, wird K+S nach Schätzung der Berenberg Bank in den nächsten beiden Jahren wieder einen negativen Free Cashflow erzielen. Für 2019 rechnet die Bank nur mit einem marginal positiven Wert im zweistelligen Millionenbereich.
FINANCE-Köpfe
Rating von K+S liegt bereits im Junk-Bereich
Diese Einschätzung steht in starkem Kontrast zu den Ankündigungen des Managements um CEO Burkhard Lohr – bis 2017 selbst Finanzchef – und seinen Nachfolger auf dem CFO-Posten, Thorsten Boeckers. Beide haben den Investoren versprochen, dass der Leverage bis 2023 auf 2,0 bis 2,5x Ebitda zurückgehen werde.
K+S finanziert sich stark über den Kapitalmarkt. Die Kasseler haben vier Anleihen im Gesamtvolumen von 2,25 Milliarden Euro ausstehen, die nächste wird im Dezember 2021 fällig. Auch Schuldscheine gehören zum Finanzierungsportfolio des früheren Investor-Relations-Chefs Boeckers. Die Anleihen notieren im Schnitt zu Kursen von leicht unter 100, das S&P-Rating liegt mit BB- im Junk-Bereich. „Im aktuellen Kalipreisumfeld ist es extrem unwahrscheinlich, dass K+S seine Entschuldungsziele erreicht“, warnt Berenberg.
FINANCE-Köpfe
M&A: Verkauf des Salzgeschäfts hätte Tücken
Abhilfe könnten Notverkäufe schaffen. Im Dezember hatten Boeckers und Lohr angekündigt, dass sie eine Abspaltung oder einen Verkauf des US-Salzgeschäfts prüfen. Auch die Abgabe eines Minderheitsanteils an der Bethune-Mine nannten sie als Option. Einen Bethune-Deal hält Berenberg-Analyst Patel für abwegig: „Im aktuellen Umfeld würde K+S damit die Investitionskosten nicht wieder hereinholen können.“ Außerdem soll Bethune langfristig das Herzstück des nordhessischen Bergbaukonzerns sein, mit einer Lebensdauer bis weit in die zweite Hälfte des Jahrhunderts hinein.
Auf Talfahrt: K+S-Aktie seit 1. Januar 2016
Anders sähe es bei einem Teil- oder Komplettverkauf des US-Salzgeschäfts aus. Im Extremfall eines Komplettverkaufs könnte K+S gut 2,2 Milliarden Euro erlösen, schätzt Berenberg. Dies wäre genug, um den Leverage von 6,8 auf 3,6x Ebitda zu senken. Der Verkauf eines Minderheitsanteils von 20 Prozent würde den Leverage hingegen nur marginal auf 6,5x Ebitda drücken.
Allerdings ist das US-Salzgeschäft im Gegensatz zum Kalibergbau stabil und cashflowstark. Obwohl es nur gut ein Drittel des operativen Gewinns beisteuert, wäre K+S ohne die Cash-Überschüsse der Salzsparte deutlich free-cashflow-negativ, was die Nachhaltigkeit einer möglichen M&A-bedingten Entschuldung in Frage stellt. Zwar könnte K+S durch einen großen M&A-Deal das Leverage-Problem kurzzeitig lindern, aber anschließend wäre die Aufgabe, den Konzern dauerhaft zu stabilisieren, umso schwerer. Lohr und Boeckers sitzen in der Zwickmühle.
Info
Mehr über die beiden Manager am Ruder von K+S erfahren Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von Burkhard Lohr und Thorsten Boeckers.