Der Fall Wirecard lässt EY nicht los. Nun fordert der Wirecard-Insolvenzverwalter Michael Jaffé 1,5 Milliarden Euro Schadensersatz von dem Big-Four-Haus, wie eine Gerichtssprecherin dem „Handelsblatt“ mitgeteilt hat. Am 20. Dezember habe Jaffé beim zuständigen Stuttgarter Landgericht eine entsprechende Klage eingereicht.
Eine Woche später hat der Insolvenzverwalter auch den sechsten Sachstandsbericht bereitgestellt. Laut Handelsblatt schreibt Jaffé darin, EY habe seine Pflichten bei der Prüfung verletzt und hätte „kein bzw. kein uneingeschränktes Testat“ erteilen dürfen. Zudem spräche viel dafür, dass Schadenersatzansprüche bestünden.
Der Insolvenzverwalter habe gemeinsam mit weiteren Anwälten und Wirtschaftsprüfern systematisch untersucht, wie das Big-Four-Haus geprüft habe und ein entsprechendes Gutachten erstellt. Dieses scheint nicht gerade schmeichelhaft für EY ausgefallen zu sein, denn es soll die Grundlage für die Klage auf Schadensersatz bilden.
Jaffé wurde im Juni 2020 vom Amtsgericht München zum Insolvenzverwalter von Wirecard bestellt. Er sieht noch immer „keinen einzigen Anhaltspunkt“ für das Drittpartnergeschäft.
Wie „Heise.de“ berichtet, wirft Jaffé den Wirtschaftsprüfern „langjähriges systematisches Versagen vor bei der Prüfung der Jahres- und Konzernabschlüsse der Wirecard AG sowie der Jahresabschlüsse der Wirecard Technologies GmbH“.
Zahlreiche Klagen gegen EY
Für EY handelt es sich um die bislang wohl höchste Schadenersatzforderung im Zusammenhang mit Wirecard, jedoch keineswegs die einzige. Nahezu zeitgleich mit Jaffé hat die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) am 22. Dezember Klage gegen EY Deutschland und EY Global beim Landgericht München eingereicht. Sie fordert insgesamt mehr als 700 Millionen Euro für mehr als 13.000 institutionelle und private geschädigte Investoren. Im Januar 2023 hatte die Commerzbank in einer Klage gegen EY 200 Millionen Euro Schadensersatz gefordert.
Das Big-Four-Haus konnte zudem seit Bekanntwerden des Skandals um Wirecard keine weiteren Mandate von öffentlichem Interesse gewinnen, hat aber seither mehrere Mandate verloren. Zudem hat die Wirtschaftsprüfungsaufsicht APAS im April 2023 die Strafe im Berufsaufsichtsverfahren gegen EY im Fall Wirecard verkündet. Danach darf EY – neben einer Geldstrafe von 500.000 Euro – zwei Jahre lang keine neuen Mandate bei einem Unternehmen von öffentlichem Interesse annehmen.
Erika von Bassewitz ist Redakteurin bei FINANCE. Sie hat Philosophie und Französisch an der Humboldt-Universität in Berlin sowie an der Université de Genève studiert und mit einem Magister Artium abgeschlossen. Vor FINANCE war sie mehr als acht Jahre Redakteurin in der Multimediaredaktion des Medienhauses der EKHN. Davor war sie unter anderem Redakteurin beim HR-Magazin von monster, freie Autorin bei Deutsche Welle TV und freie Mitarbeiterin bei der Westdeutschen Zeitung.
