Deloitte ist kurz davor, das dritte Prüfmandat eines Dax-Konzerns dazu zu gewinnen. Beim Pharmakonzern Merck soll der langjährige Abschlussprüfer KPMG durch den Wirtschaftsprüfer aus München ausgetauscht werden. Wie der Darmstädter Konzern am gestrigen Donnerstag mitteilte, werde der Aufsichtsrat auf der kommenden Hauptversammlung den Aktionären einen entsprechenden Vorschlag zum Prüfmandat unterbreiten.
Deloitte sticht andere Konkurrenten aus
Wenn die Aktionäre grünes Licht erteilen, was in aller Regel der Fall ist, würde Deloitte den Konzernabschluss von Merck ab dem Geschäftsjahr 2023 prüfen und damit den Big-Four-Konkurrenten KPMG ablösen.
Ein Unternehmenssprecher von Merck teilte auf FINANCE-Anfrage lediglich mit, das sich auch andere Wirtschaftsprüfungsgesellschaften um das Mandat beworben hätten, ohne jedoch konkrete Namen zu nennen. Der Beschluss des Aufsichtsrats sei auf der Grundlage einer Empfehlung des Prüfungsausschusses erfolgt. Dieser habe sich von Deloittes Prüfungsansatz mit seiner Ausrichtung auf Merck und dessen Geschäftsmodell überzeugen lassen, erklärte der Unternehmenssprecher weiter.
KPMG hat seit 1995 die Jahresabschlüsse des Pharma- und Chemiekonzerns geprüft. Nach Aussagen von Merck hätte die Verpflichtung zur Rotation des Abschlussprüfers erst im Geschäftsjahr 2024 gegriffen. Merck habe den obligatorischen Prüferwechsel jedoch um ein Jahr vorziehen wollen.
Deloitte rollt Big-Four-Feld von hinten auf
Das Merck-Mandat ist schon der zweite Grund zum Feiern für Deloitte in diesem Sommer: Im Mai hatte sich bereits die Deutsche Post für Deloitte als neuen Abschlussprüfer entschieden. Dennoch bleibt Deloitte einstweilen von den Big Four noch am wenigsten im Dax vertreten. Mit Bayer – 2015 von PwC abgeworben – kann Deloitte derzeit nur ein weiteres Dax-Mandat vorweisen. Zudem konnte Deloitte das Ausschreibungsverfahren der staatlichen Förderbank KfW gewinnen, die sich nach dem Skandal um Wirecard vom langjährigen Prüfer EY abgewandt hatte.
Für Deloitte kommt die neu erwachte Dynamik bei Dax-Mandaten zu einem guten Zeitpunkt, hat die Coronapandemie die Münchener doch von ihrem starken Wachstumskurs abgebracht: Im Geschäftsjahr 2019/20, das nur teilweise pandemiegeprägt war, schrumpfte das Umsatzwachstum auf 3 Prozent – nach zweistelligen Wachstumsraten in den Pre-Covid-Jahren. Im Consulting musste Deloitte hier einen Rückgang von 1 Prozent hinnehmen, nach einem Plus von 24 Prozent im Jahr davor.
FINANCE-Themenseite
Wie viel Potential Deloitte in der Wirtschaftsprüfung noch hat, zeigt die aktuelle Verteilung der Prüfmandate im Dax: PwC kommt auf zwölf, KPMG auf elf und EY auf sechs. Bei Deloitte steht aktuell erst eins zu Buche, bald werden es drei sein. Bei den kleineren Auswahlindizes ergibt sich ein ähnliches Bild.