Vor gut einer Woche wurde Christian Terlindes überraschender Abschied als Finanzchef der Jost Werke zum 30. Juni publik. Nun steht auch sein künftiger Arbeitgeber fest: Der promovierte Diplom-Kaufmann heuert bei der ehemaligen Siemens-Antriebssparte Flender an. Zum 1. Juli übernimmt er dort den Posten als Group CFO.
Damit ist das Flender-Führungsgremium wieder zweiköpfig: Group CEO Andreas Evertz hatte die CFO-Funktion seit dem Weggang von Peter Waller im August 2022 interimistisch in Personalunion ausgeübt. Dass Flender ein Fulltime-CFO grundsätzlich gut zu Gesicht steht, wird allein mit Blick auf seine Größe deutlich: Der in Bocholt beheimatete Spezialist für mechanische Antriebstechnik ist mit seinen 8.700 Mitarbeitern in 33 Ländern und einem Jahresumsatz von rund 2,2 Milliarden Euro (2020) ein Unternehmen von Weltrang.
Ist Flender ein Kandidat für die Börse?
Ebenfalls spannend: Hinter Flender steht der Private-Equity-Investor Carlyle, der die Siemens-Sparte im Oktober 2020 für gut 2 Milliarden Euro übernommen hatte. Der US-Finanzinvestor soll sich damals unter anderem gegen Brookfield und Triton durchgesetzt haben. Flender ist damit ein potenzieller Anwärter für einen baldigen Exit, und bei der Unternehmensgröße ist ein Börsengang keine unwahrscheinliche Option.
Für CFO Terlinde ist aber vor allem die Positionierung des Unternehmens spannend, wie er persönlich gegenüber FINANCE sagt: „Mein Einstieg bei Flender ist ein Wechsel in ein stark wachsendes Unternehmen in der zukunftsträchtigen Branche Windenergie. Das stand bei meiner Entscheidung deutlich im Vordergrund.“
Siemens verkaufte Flender an Private-Equity-Investor
Einem IPO-Projekt ist der Finanzchef aber grundsätzlich nicht abgeneigt: Bei Flender habe Terlinde nach eigener Aussage „die einmalige Möglichkeit, gegebenenfalls ein Unternehmen in dieser Größenordnung an die Börse zu begleiten“. Letztendlich werde die weitere Zukunft von Flender aber davon abhängen, wie sich Unternehmen und auch Börsenstimmung entwickeln, so der Finanzchef.
Einen IPO hatte ursprünglich wohlgemerkt auch Siemens, das Flender 2005 für rund 1,2 Milliarden Euro gekauft hatte, im Sinn: Im Rahmen seines großen Konzernumbaus hatte der Dax40-Konzern im Mai 2020 angekündigt, die Antriebstochter via Spin-off an die Börse bringen zu wollen. Schlussendlich ging das Unternehmen dann aber an Carlyle.
CFO Terlinde war zuvor bei Mahle und Benteler
Dass Terlinde grundsätzlich das für einen Börsengang notwendige Rüstzeug – nicht zuletzt dank seiner gut vier Jahre als Finanzchef der im SDax notierten Jost Werke – mitbringt, ist jedenfalls die Überzeugung von CEO Evertz: „Mit seiner großen Erfahrung als CFO in internationalen Industrie- und Automobilunternehmen sowie seiner Kapitalmarktexpertise ist er die perfekte Besetzung für unsere ambitionierte Wachstumsstrategie.”
Vor seiner Zeit bei Jost Werke war Terlinde rund vier Jahre CFO und Geschäftsführer von Benteler. Zu seinen weiteren beruflichen Stationen zählt der Automobilzulieferer Mahle, wo Terlinde zunächst im Konzern-Controlling tätig war und später die Einheit Filtration und Motorperipherie leitete. Seine Karriere startete der CFO bei E.on.
Philipp Hafner ist Redakteur bei FINANCE. Er hat Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth sowie an der University of Amsterdam studiert. Vor FINANCE arbeitete Philipp Hafner mehr als sechs Jahre bei der Verlagsgruppe Knapp/Richardi, zunächst als Volontär, anschließend dann als Redakteur für die Fachzeitschrift „Immobilien & Finanzierung“.