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Finanzspritze für Tom Tailor

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Tom Tailor schlüpft unter den schützenden Schirm seines chinesischen Großinvestors Fosun.
Sabine Skiba/Tom Tailor

Gemeinsam mit dem chinesischen Großaktionär Fosun hat das Management von Tom Tailor den kursierenden Insolvenzgerüchten einen Riegel vorgeschoben: Fosun pumpt über eine Kapitalerhöhung 8,6 Millionen Euro in das kriselnde Modehaus, überspringt die Schwelle von 30 Prozent und löst somit ein Übernahmeangebot aus.

Der chinesische Mischkonzern war 2014 bei Tom Tailor eingestiegen und kommt jetzt auf eine Beteiligung von rund 35 Prozent. „Wir sehen darin ein klares Signal an unsere Investoren und die finanzierenden Banken, dass unser verlässlicher Ankeraktionär Tom Tailor langfristig unterstützen will“, kommentierte CFO Thomas Dressendörfer die Kapitalspritze von Fosun.

Auch die Börse wertet die Kapitalerhöhung als Rückendeckung für die laufende Restrukturierung von Tom Tailor: Die Aktie der Hamburger steigt um mehr als 10 Prozent auf Kurse von über 2,40 Euro. Das ist wesentlich mehr als die 2,26 Euro je Aktie, die Fosun für die neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung bezahlt. Und es ist auch mehr als die Chinesen bei dem nun anstehenden Übernahmeangebot mindestens bieten müssten. Nach Berechnungen von Warburg Research beträgt der dafür relevante Durchschnittskurs der vergangenen drei Monate rund 2,30 Euro.

Tom Tailor-Tochter Bonita ist ein Sanierungsfall

Für das frische Geld haben Tom-Tailor-CEO Heiko Schäfer und CFO Thomas Dressendörfer auch schon einen klaren Bedarf: Die in den dunkelroten Zahlen steckende Tochter Bonita muss umfassend restrukturiert werden. Die Modekette erlitt im vergangenen Jahr einen tiefen Einbruch mit schweren Umsatzrückgängen. Der Versuch, die Marke aufzufrischen und mit einem verkleinerten Filialnetz Bonita zu stabilisieren, scheiterte.

In den nächsten Monaten dürfte es für die Tom-Tailor-Führung höchste Priorität haben, die Löcher bei Bonita zu stopfen und die Cash-Abflüsse zu reduzieren. Die Hauptmarke Tom Tailor hingegen entwickelt sich stabil und konnte in dem schweren Branchenjahr 2018 sogar Marktanteile gewinnen.

Wie FINANCE im Dezember berichtete, hat Tom Tailor ab 1. Januar ein eigenes Vorstandsressort für Bonita unter der Führung des ehemaligen Gerry-Weber-Managers Karsten Oberheide eingerichtet. Sollte die Restrukturierung gelingen und sich Bonita auf niedrigem Niveau etablieren, werden die Hamburger mittelfristig wohl versuchen, sich im Zuge einer M&A-Transaktion von der im Jahr 2012 für 220 Millionen Euro übernommenen Tochter Bonita zu trennen.

FINANCE-Köpfe

Thomas Dressendörfer, Tom Tailor Holding AG

Seine Karriere startet Dressendörfer 1984 in der Finanzabteilung des Automatisierungstechnikunternehmens Baumüller in Nürnberg. Vier Jahre später wechselt er in den Finanzbereich des Konsumgüterherstellers Procter & Gamble. Im Jahr 2000 geht Dressendörfer zu dem Analysehaus The Nielsen Company, wo er sieben Jahre tätig ist.

2007 wird Dressendörfer Finanzchef des Personaldienstleisters Randstad Deutschland. Im Jahr darauf wechselt er als CFO in die Schweiz zu Uster Technologies. Dort bleibt er auch, ab Ende 2011 aber bei einem anderen Arbeitgeber, dem Implantatehersteller Straumann, wo er 2012 den CFO-Posten übernimmt.

Im Juni 2015 gibt er bei Straumann das Amt ab und macht sich selbstständig als Berater für Unternehmen, die komplexe Geschäftsprojekte oder Turnarounds umsetzen müssen.

Mitte Juni 2016 übernimmt Dressendörfer, der während seiner beruflichen Tätigkeit auch Auslandsaufenthalte in Spanien, Belgien und Großbritannien absolviert hat, den CFO-Posten bei dem Bekleidungshersteller Tom Tailor. Ende Oktober verlässt Thomas Dressendörfer das Hamburger Modehaus, seine neue Station ist noch nicht bekannt.

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Bonita-Abschreibungen senken Eigenkapitalquote

Wie groß die Folgen der Bonita-Probleme für die Konzernbilanz sind, wird sich im Detail erst Mitte März zeigen, wenn Tom Tailor die Jahresbilanz präsentiert. Die Vorzeichen sind aber nicht gut: Nach dem warmen Sommer und dann noch einmal im Dezember mussten die Hamburger zweimal die Gewinnprognose für 2018 zurücknehmen. Die aktuelle Prognose sieht bei einem Umsatz von 840 bis 860 Millionen Euro eine operative Gewinnmarge (Ebitda) von 6 bis 6,5 Prozent vor. Dies lässt ein Ebitda von rund 55 Millionen Euro erwarten. 2017 hatte Tom Tailor noch ein Ebitda von 83 Millionen Euro erzielt.

Zudem wird das Modehaus im Jahresabschluss Wertberichtigungen auf Bonita-Assets in Höhe von 120 bis 130 Millionen Euro vornehmen. Dies wird die Eigenkapitalquote nach Berechnungen des Unternehmens von 32 auf 22 bis 23 Prozent sinken lassen.

Aktie Tom Tailors legt nach Übernahmeangebot zu

Tom Tailor hat besser vorgesorgt als Gerry Weber

Trotzdem hat Tom Tailor für diese krisenhafte Entwicklung besser vorgesorgt als etwa der Konkurrent Gerry Weber, der vor gut drei Wochen in die Insolvenz rutschte. Zum einen hat der als Sanierer angetretene Finanzchef im Juni 2017 eine damals überraschend große Kapitalerhöhung umgesetzt, die 61 Millionen Euro in die Kassen des Modehauses spülte. Ohne diese Kapitalspritze wäre die aktuelle Lage noch deutlich gefährlicher.

Zum anderen hat Dressendörfer Tom Tailor im April vergangenen Jahres einen neuen Konsortialkredit über 400 Millionen Euro gesichert. Dieser sichert dem Modehaus Zugang zu dringend benötigter Liquidität, um die Verluste abzufedern und die Kosten der Restrukturierung schultern zu können. Dressendörfers ursprüngliches Ziel, Tom Tailor mittelfristig zu entschulden und bei einem Umsatz von 1 Milliarde Euro Ebitda-Margen von über 10 Prozent zu erzielen, ist allerdings in weite Ferne gerückt.

dominik.ploner[at]finance-magazin.de

Info

Mehr über die Entwicklung des Hamburger Modehauses erfahren Sie auf unserer Themenseite zu Tom Tailor.

Bonita ist nicht das einzige Unternehmen in Schieflage. Mehr spannende Fälle finden Sie auf der FINANCE-Themenseite Restrukturierung.

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