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Blick ins Cockpit: Vier Dinge, die CFOs von Piloten lernen können

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Bei der Visualisierung von Daten können CFOs viel vom Blick in ein Flugzeugcockpit lernen. Foto: MrJeans - stock.adobe.com
Bei der Visualisierung von Daten können CFOs viel vom Blick in ein Flugzeugcockpit lernen. Foto: MrJeans - stock.adobe.com

Hohes Tempo, eine Fülle an Informationen und im Ernstfall kaum Zeit für Entscheidungen – die Herausforderungen für Piloten unterscheiden sich gar nicht so sehr von jenen, mit denen sich auch Finanzentscheider von Unternehmen in ihrem Berufsalltag oft konfrontiert sehen. Und der Blick ins Cockpit zeigt: Gerade wenn es um das Thema Daten geht, können CFOs von der Flugzeugindustrie noch etwas lernen.

Tipp 1: Nicht allein die Datenmenge zählt

In Unternehmen fallen tagtäglich viele Daten an, und die sind bekanntlich äußerst wertvoll. Doch CFOs werden häufig von der schieren Menge an Zahlen ausgebremst, beobachtet Josef Erlacher, Chef des Beratungshauses I.F.K. Consulting aus Brixen.

So gelte es, aus der Fülle der bereits verfügbaren sowie bislang noch nicht gehobenen Daten jene Kennzahlen herauszufiltern, auf deren Basis CFOs die für das Unternehmen bestmögliche Entscheidungen treffen können. Soweit die Theorie. „Allerdings schauen in der Praxis noch immer viele Finanzchefs nur auf einen Teil dieser oder gar die falschen Kennzahlen“, erläutert Erlacher.

Doch welches sind die richtigen KPIs? „Das hängt von der jeweiligen Strategie des Unternehmens und der Branche ab, aus der es stammt“, betont Erlacher. Einen Fehler machen laut dem Berater jedoch noch zu viele Finanzchefs: „Sie treffen strategische Entscheidungen fast ausschließlich auf Basis der reinen Finanzzahlen. Daten aus der effektiven Produktion, also der Quelle der Wertschöpfung, fehlen in der Betrachtung“, sagt er. Dies treffe vor allem auf Unternehmen aus dem Mittelstand zu. Als Beispiel nennt Erlacher etwa die Angebotsausbeute als gute Basis für den Umsatz-Forecast.

Tipp 2: CFOs müssen Kennzahlen richtig visualisieren

Doch auch der Blick auf die richtigen Daten führt nicht automatisch zu besseren Entscheidungen. Denn die besten Zahlen bringen nichts, wenn sie nicht richtig visualisiert und in Relation gebracht werden können. „Häufig sind die Controller als ‚Excel-Freaks‘ so fokussiert darauf, möglichst viele Daten zu erfassen, dass sie nicht darüber nachdenken, wie der CFO diese benötigt“, erläutert Erlacher.

Die Folge seien in vielen Fällen Berichte mit mehr als 100 Seiten Umfang. „Der CFO muss daraus dann erstmal die für die Entscheidung relevanten Daten herausfiltern, um entscheiden zu können. Er muss quasi nochmal eine zweite Analyse machen“, erläutert er. Werde dabei in der Kürze der Zeit etwas übersehen oder falsch interpretiert, führe dies zu Fehlentscheidungen.

An dieser Stelle lohnt sich der Blick in das Cockpit eines modernen Verkehrsflugzeuges. Dort hat sich die Flugzeugindustrie in den vergangenen Jahrzehnten rasant weiterentwickelt. Wo in früheren Modellen neben den beiden Piloten noch ein Bordingenieur notwendig war, um alle technischen Funktionen an Bord zu überwachen, sind heute dank moderner Technik trotz eher stetig gestiegener Datenmengen nur noch die Piloten notwendig.

Zwar sind diese noch immer umringt von Anzeigen und Knöpfen, alle für Kapitän und Co-Pilot essentiellen Informationen finden sich jedoch in deren direktem Blickfeld zusammengefasst. „So ist sichergestellt, dass sie selbst im Notfall reagieren und intuitiv entscheiden können.“ Nach eben diesen Gesichtspunkten sollten auch CFOs ihr individuelles „Cockpit“ zusammenstellen, um je nach Situation ad hoc entscheiden zu können, rät Erlacher.

Tipp 3: CFOs brauchen Benchmarks

Ein weiterer Punkt, an dem Unternehmen laut Erlacher von der Luftfahrtbranche lernen können, ist das Benchmarking. An dieser Stelle hilft ein Blick auf die offene Fehlerkultur, die in der Luftfahrt traditionell gelebte Praxis ist, wie in kaum einer anderen Branche. Diese erfordert Kommunikation und Transparenz. Transparenz, die es auch in Bezug auf Vergleichsdaten braucht.

„Ohne die passenden Benchmarks wird es schwierig, aus den vorhandenen Daten die richtigen Schlüsse zu ziehen“, weiß Erlacher. Lediglich der Vergleich mit den eigenen Vorjahreszahlen helfe nur bedingt bei der Weiterentwicklung des Unternehmens. Zusätzlich benötigen Finanzentscheider Vergleichszahlen aus Unternehmen derselben Branche.

„Ich bin immer wieder überrascht, wie viele Unternehmen keinen Branchenvergleich machen“, berichtet der Strategieberater, der mit seiner Beratung nach eigenen Angaben rund 500 Unternehmen begleitet hat. Wobei die Zahl derer, die auf den Vergleich mit Mitbewerbern verzichten, mit steigender Unternehmensgröße und je nach Branche generell abnehme.

Ein Grund für fehlende Benchmarks dürfte der Umstand sein, dass Unternehmen je nach Branche und Größe ihrer Peergroup nur schwer an Zahlen ihrer Mitbewerber kommen. Der Blick in die jeweilige Bilanz liefere meist nur Anhaltspunkte, da dieser in der Regel keinen detaillierten Blick in die einzelnen Wertschöpfungsprozesse ermögliche. „Ohne solche Benchmarks wird es für Unternehmen jedoch schwierig, ein geeignetes Cockpit zu entwickeln“, so Erlacher.

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Tipp 4: Daten von Branchenverbänden nutzen

Hilfestellung können Unternehmen an dieser Stelle von Branchenverbänden und externen Beratern bekommen. „Sie verfügen durch den engen Kontakt und Einblick in eine große Zahl von Unternehmen über einen guten Überblick und können Finanzentscheider mit Vergleichsdaten beim Benchmarking unterstützen“, erläutert Erlacher.

Wichtig sei beim vergleichenden Blick in Richtung Wettbewerb jedoch auch, einzelne Kennzahlen nicht isoliert darzustellen und dabei deren Abhängigkeit von anderen KPIs zu vernachlässigen. „Genau das ist gerade in mittelständischen Unternehmen noch viel häufiger der Fall, als man denken würde“, betont Erlacher.

Aus diesem Grund komme es für Finanzentscheider auf das passende Cockpit an, das die Daten des eigenen Unternehmens übersichtlich und präzise zusammenführt und in der Kombination mit Benchmarks dem CFO ermöglicht, intuitive Entscheidungen zu treffen.

Thomas Holzamer ist Redakteur bei FINANCE sowie Chef vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Banken-Sektor, speziell das Firmenkundengeschäft. Er hat Politikwissenschaften an der Technischen Universität Darmstadt studiert. Vor FINANCE arbeitete Thomas Holzamer mehr als 12 Jahre in den Redaktionen der Mediengruppe Offenbach-Post, zunächst als verantwortlicher Redakteur für Sonderpublikationen, später im Lokalen.