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Finanzinvestor KKR pusht Hertha BSC Berlin

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Aufbruchstimmung bei Hertha BSC Berlin: Jetzt, da der Klub die Schulden los ist, könnte der Vormarsch ins Bundesligamittelfeld endlich gelingen.
Hertha BSC

Wenige Wochen vor dem Start der neuen Bundesligasaison bringt sich Hertha BSC Berlin finanziell in Stellung, um die unteren Tabellenränge endlich hinter sich zu lassen. Eine wichtige Voraussetzung dafür scheint der Hauptstadtklub jetzt geschaffen zu haben: Diversen Medienberichten zufolge stehen die Berliner vor der Einigung mit dem Wettanbieter „Bet at Home“, der als neuer Hauptsponsor einsteigen soll.

Der Deal soll der Hertha drei Jahre lang jeweils bis zu 6 Millionen Euro pro Saison bringen, das wären 1,5 Millionen pro Jahr mehr als mit dem bisherigen Hauptsponsor, der Deutschen Bahn. Weil die Bahn sich aber nicht komplett zurückzieht, sondern Premium-Sponsor mit einer Zuwendung von 1 Million Euro pro Jahr bleiben will, könnte Hertha-CFO Ingo Schiller künftig mit bis zu 2,5 Millionen Euro mehr Werbegeldern pro Jahr rechnen als zuletzt. 

„Keine Schulden“: Das große Versprechen von Hertha-CFO Ingo Schiller

Was die Dynamik im Sponsorenbereich für Finanzchef Schiller, aber auch für die vielen Tausend Hertha-Fans so ansprechend macht, ist das gleichzeitige Verschwinden des einst über 40 Millionen Euro großen Schuldenbergs: „Zum 30. Juni 2015 wollen wir bei den zinstragenden Verbindlichkeiten auf Null sein“, hat Schiller angekündigt. Ob es tatsächlich so gekommen ist, wird man erst im Herbst erfahren, wenn der umgängliche Finanzmann die genauen Zahlen auf den Tisch legt. Aber die Wetten stehen gut für die Hertha-Fans, dass der Klub beim Schuldenabbau deutlich schneller vorankommt als Klubs wie zum Beispiel Schalke 04, die ohne Finanzspritze von außen versuchen, von den Schulden herunterzukommen.

Hertha geht einen anderen Weg, die Fortschritte des Hauptstadtklubs liegen vor allem an dem Deal mit dem US-Finanzinvestor KKR, der Anfang 2014 mit 61,2 Millionen Euro bei Hertha eingestiegen ist. Die Zusammenarbeit scheint sich gut anzulassen, jedenfalls hat Schiller KKR bereits ziemlich unverblümt dazu eingeladen, die Hertha-Beteiligung aufzustocken. Kein Wunder, wenn man sich ansieht, wie stark der ungewöhnliche Deal die Finanzlage bei Hertha BSC verbessert hat: Ende der Saison 2011/12 schleppte Hertha noch Schulden von 42 Millionen Euro mit sich herum, ein Jahr später immer noch fast 37 Millionen, jetzt so gut wie keine mehr.

Und die Vorjahre waren beileibe keine Ausreißer, schon die Ära des Hertha-Managers Dieter Hoeneß (1997 bis 2009) war geprägt von zu hohen Ausgaben und einer sehr entspannten Haltung gegenüber den sich immer weiter auftürmenden Verbindlichkeiten. In Berlin wird es Leute geben, die sich noch eher an die Kennedy-Rede am Brandenburger Tor erinnern können als an das letzte schuldenfreie Jahr der Hertha.

Hertha BSC dreht am Transfermarkt ein kleineres Rad als 2014

Neben KKR haben aber auch zwei andere Faktoren bei der wirtschaftlichen Gesundung der Hertha eine Rolle gespielt. Zum einen das Glück: Weil die Hertha am letzten Spieltag so gerade eben noch den Klassenerhalt geschafft hat und stattdessen der SC Freiburg abstieg, konnten sich die Berliner trotz der enttäuschenden Saison im TV-Gelder-Ranking um einen Rang auf Platz 15 verbessern. Das beschert der Hertha zusätzliche TV-Einnahmen von 2 Millionen Euro.

Die Hertha arbeitet aber auch selbst auf bessere Finanzen hin. Keine Frage, die meisten Neuzugänge der vergangenen Saison haben bislang nicht eingeschlagen. Aber obwohl Hertha vor einem Jahr fast 15 Millionen Euro für die Neuen ausgegeben hat, konnte der Klub dank der Verkäufe der Stürmer Ramos und Lasogga für zusammen 18 Millionen Euro einen schönen Transferüberschuss erwirtschaften. Das musste die Hertha aber auch, denn für die abgelaufene Saison 2014/15 hatte Schiller Ausgaben von 90 Millionen Euro budgetiert und einen Personaletat von 41 Millionen zur Verfügung gestellt.

In diesem Sommer dreht Hertha bislang sowohl bei den Transfers als auch beim Gesamtetat ein kleineres Rad, Schiller hält die Kasse zusammen. Seine Planung für die kommende Saison sieht ein ausgeglichenes Budget mit Ausgaben von 78,4 Millionen Euro vor, davon 37,5 Millionen für Personal. Mit einer Personalkostenquote von weniger als 50 Prozent steht die Hertha zurzeit solide da. Auf Ausgabenseite ebenfalls interessant sind die finanziellen Nachwirkungen des Schuldenabbaus:  Musste Schiller 2013/14 noch 2,6 Millionen Euro für den Zinsdienst auf den Tisch legen, wird die Hertha nächste Saison kaum noch von Zinskosten belastet sein.

2021 kann KKR 36 Millionen Euro zurückfordern

Wolkenlos ist der Himmel über der Hertha aber trotzdem nicht, denn das Geld, mit dem Schiller die Schulden abgebaut hat, gehört nur zum Teil der Hertha: Knapp 25 Millionen Euro hat der Klub von KKR als Signing Fee und Kaufpreis für 9,7 Prozent der Anteile erhalten. Die übrigen 36 Millionen hat der PE-Investor als eigenkapitalähnliches Darlehen zur Verfügung gestellt. Die 36 Millionen muss Hertha spätestens im Jahr 2021 zurückzahlen. Andernfalls könnte KKR sein Darlehen in Anteile wandeln und würde mit 33 Prozent zum Großaktionär von Hertha BSC aufsteigen, ohne dass die Hertha damit noch einmal nennenswert Kasse machen könnte.

Schiller und Sportchef Michael Preetz können die Mannschaft also nicht mit allen Früchten, die der Konsolidierungskurs abwirft, füttern. Sie müssen die nächsten Jahre auch nutzen, um die Ertragsbasis so weit auszubauen, dass die Hertha im Vorfeld des Fälligkeitstermins im Jahr 2021 problemlos neue Kredite aufnehmen könnte, um KKR auszubezahlen. Oder noch besser, die Hertha rationiert die geernteten Früchte und legt für die Rückzahlung des KKR-Darlehens kontinuierlich Geld zur Seite. Wenn Schiller jetzt die Rückführung der Schulden so sehr feiert, wäre es nur konsequent zu verhindern, dass die Hertha in ein paar Jahren wieder in das Schuldenloch zurückfällt.

Info

Schuldenberg bei Schalke 04, Sponsorencoup bei Bayern München, Wackelige Finanzen beim VfB Stuttgart: Mehr Beiträge aus dem FINANCE-Blog „3. Halbzeit“ finden Sie hier. Folgen Sie 3. Halbzeit auch auf Facebook und diskutieren Sie mit.