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CFO-Lehren: Das Treasury krisenfest machen

Das Treasury sollte die in einer Krise so wichtige Liquidität im Blick haben. Deshalb muss es unter guten Bedingungen arbeiten.
wutwhanfoto/iStock/Getty Images

Liquidität ist das Thema, das den CFO in einer Krise besonders beschäftigt. Deshalb rückten zuletzt vor allem die Treasury-Abteilungen wieder in den Fokus. Sie sind für das Cash Management und die Liquiditätssteuerung der Unternehmen zuständig. Wie in anderen Finanzabteilungen aus unserer Serie „CFO-Lehren“ fallen auch im Treasury veraltete und manuelle Prozesse in der Coronavirus-Krise negativ auf.

„Unternehmen müssen jetzt mit allen Mitteln das Geld zusammenhalten. Deshalb müssen Treasurer immer sofort wissen, wie viel Cash da ist“, betont Christian Million, Berater im Bereich Treasury bei Convista. Um zu wissen, wie hoch die Liquidität ist, müssen Treasurer jederzeit Zugriff auf die entsprechenden Daten haben.

Digitales Treasury ist ein Muss

Daran hapert es allerdings oftmals. Zum einen ist die IT-Landschaft in vielen Unternehmen sehr heterogen. Zum anderen haben die zentralen Treasury-Einheiten häufig keinen vollständigen Überblick über alle Konzernkonten. Lokale Gesellschaften fragen Kontensalden bei ihren Banken ab und leiten sie an die Zentrale weiter.

Solche manuellen Prozesse seien „ein Desaster“, so Million. Das würde die Aktualität der Daten verzögern und für viele Schnittstellen sorgen, die wiederum die Fehleranfälligkeit erhöhen. Deshalb sei die Digitalisierung das erste Projekt, das Treasurer jetzt angehen sollten.

Ein digitales Treasury hat im Idealbild über ein zentrales System Zugriff auf alle relevanten Daten, kann digital Informationen aus Eingangs- und Ausgangsrechnungen und Aufträgen und Bestellungen empfangen und auswerten. So hätten während des Lockdowns Unternehmen länger auf ihr Geld warten müssen, weil Dokumente nicht elektronisch verschickt oder unterschrieben werden konnten, berichtet Million.

Allerdings war der Höhepunkt der Krise nicht der richtige Zeitpunkt, um eine Transformation anzustoßen. „Die Unternehmen mussten erst die Liquiditätssituation unter Kontrolle kriegen. Jetzt hat es sich aber in den meisten Fällen wieder gelegt, so dass die ersten wieder angehen, das Thema Digitalisierung und IT-Struktur einzuführen“, beobachtet Million.

 „Die Daten müssen korrekt in das ERP-System eingepflegt und die Liquiditätsplanung integriert werden“

Christian Million, Berater bei Convista

Liquiditätsplanung rückt in den Fokus

Auch bei der Liquiditätsplanung zeigt sich Nachholbedarf. So rät etwa Alexander Odenthal, Corporate-Treasury-Experte bei der Unternehmensberatung Bearingpoint den Cash Forecast in Krisenzeiten häufiger und in kürzeren Abständen durchzuführen. „Das verbessert die Qualität des Forecasts.“ Auf längere Sicht sollte er zu einem automatisierten Prozess werden.

Zudem empfiehlt Odenthal nicht nur die Bankkontensalden und die erwarteten Zahlungseingänge und -ausgänge miteinzubeziehen, sondern auch Daten aus der Historie sowie externe Daten und Indizes, die einen Einfluss auf die Liquiditätsentwicklung des Unternehmens haben könnten. Dazu zählen etwa der ifo-Geschäftsklimaindex, führende Wertpapierindizes oder Indizes, die politische und wirtschaftliche Stabilität messen.

Odenthal spielt damit auf einen Trend an, den Berater schon lange propagieren: den Einsatz von Predictive Analytics – also die Analyse großer Datenmengen – um die Prognose zu verbessern und verschiedene Szenarien durchzurechnen. Solche ausgefeilten Methoden zur Liquiditätsplanung nutzen bislang allerdings nur einige wenige Großkonzerne wie etwa BASF und die Deutsche Bahn.

Daten müssen richtig integriert werden

Auch Experte Million sieht Probleme bei der Liquiditätsplanung, denn viele Treasurer können  die erhobenen Daten nicht richtig auswerten. „Die Daten müssen korrekt in das ERP-System eingepflegt und die Liquiditätsplanung integriert werden“, so der Convista-Partner. Er nennt ein Beispiel: Das Treasury will aus dem ERP-System den Liquiditätsstand wissen. Doch bei einem Kunden komme es zu einem Zahlungsausfall. „Diese Tatsache ist dann bei Unternehmen, die die Daten nicht zeitnah erfassen und aus mehreren Abteilungen zusammenführen, nicht automatisch im System ersichtlich.“ Die Folge: Das Treasury hat einen falschen Stand in der Liquiditätsplanung.

Daher sei es wichtig, dass das Treasury auch mit den Abteilungen aus dem operativen Business zusammenarbeitet. Falls es dafür kein einheitliches System gäbe, sollte der CFO darauf achten, dass sich die Abteilungen gegenseitig mit Daten versorgen, rät Million.

Zudem empfiehlt der Berater, dass das Treasury bei der kurzfristigen Liquiditätsplanung auch die Zuliefergesellschaften in den Blick nehmen sollte. „Ich sehe immer wieder, dass der Fokus nur auf den großen Tochtergesellschaften, also Vertriebs- und Zuliefergesellschaften, und deren Währungen liegt“, sagt Million. Das führe häufig dazu, dass die Liquiditätsplanung am Ende nicht passe. Dieser Fehler passiere vor allem dann, wenn das Controlling stärker gewichtet wird als das Treasury, weil damit eine Umsatz und keine Cash Sichtweise einhergeht.

Treasury braucht Real-Time-Daten

Die Digitalisierung lässt es grundsätzlich auch zu, dass das Treasury auf Basis von Echtzeitdaten arbeitet. Bisher ist es dagegen meistens so, dass das Treasury am Ende des Tages den Status der Kontoauszüge checkt. „Es reicht aber nicht, nur eine Zahl auf dem Monitor zusehen. Das Treasury muss auch was damit anfangen können und zum Beispiel sofort sehen, wo Geldbewegungen stattfinden oder in Echtzeit überweisen können“, mahnt der Convista-Experte. Derzeit scheitert das Echtzeit-Treasury aber auch an den Banken, deren Prozesse ebenfalls noch nicht auf Real-Time ausgelegt sind.

Durch die Tatsache, dass Liquidität für Unternehmen wieder wichtiger wird, steigt auch das Verständnis für das Treasury, beobachtet Million. „Ich denke, das jetzt nicht nur mehr Unternehmen ihre Treasury-Abteilungen auf Vordermann bringen, sondern wir künftig auch immer mehr Treasurer sehen, die zum CFO aufsteigen.“ Darauf dürfte wohl auch der eine oder andere Treasurer spekulieren.

sarah.backhaus[at]finance-m

Info

Auch andere Abteilungen erleben durch die Coronakrise eine Transformation. Wie CFOs das in den Bereichen  Planung, Reporting und Risikomanagement am besten angehen, berichten wir in den nächsten Wochen.

Den Bereich Strategie haben wir uns hier bereits angeschaut. Was Investor Relations durch die Coronakrise gelernt hat, lesen Sie hier. Und wie CFOs in einer Krise führen sollten, erfahren Sie hier. Wie es beim Accounting aussieht, lesen Sie hier.

 

 

Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalisten für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.

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