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Cheplapharm-IPO: „Wir können von einem höheren Niveau aus starten“

Cheplapharm-CFO Jens Rothstein verlässt das Unternehmen.
Cheplapharm-CFO Jens Rothstein verlässt das Unternehmen. Foto: Cheplapharm

Herr Rothstein, Sie hatten ja schon 2021 mit einem Börsengang geliebäugelt, nun soll es 2022 werden. Warum die Verzögerung? Hatten Sie Sorge, dass Corona Ihnen einen Strich durch die Rechnung machen könnte?

Nein, überhaupt nicht, denn wir sind von der Pandemie gar nicht betroffen. Weder in unserem Kerngeschäft – dem Aufkaufen von patentfreien Arzneimittelmarken – noch bei den Lieferketten, da wir schwerpunktmäßig in Europa produzieren. Wir haben 2021 mit der Vorbereitung des IPOs angefangen, doch parallel dazu arbeiten wir auch an vielen Akquisitionen, das nimmt einiges an Zeit in Anspruch. Heute sind wir bereit und wollen unsere IPO-Pläne in die Realität umsetzen.

Zunächst hatten Sie die Erstnotiz für das erste Quartal dieses Jahres angekündigt, kurz darauf aber wegen „ungünstiger Marktbedingungen“ verschoben. Ein konkreter neuer Zeitpunkt wurde nicht mehr genannt. Mit welcher Verzögerung muss man jetzt rechnen?

In der Vergangenheit haben wir sehr positives Feedback von zahlreichen internationalen, institutionellen Investoren erhalten und haben daher die möglichen Zeitfenster für Börsengänge stets im Blick. Sobald sich die Marktbedingungen wieder verbessern, werden wir dann unsere Pläne wieder in Angriff nehmen. Ein konkretes Timing kann ich aber heute noch nicht nennen.

Sie haben Cheplapharm in den vergangenen Jahren von einem kleinen Familienunternehmen mit klassischer Finanzierung über Bankdarlehen zu einer kapitalmarktorientierten Firma mit Milliardenumsatz weiterentwickelt. War ein Börsengang dabei stets im Hinterkopf?

Nein, das kam erst mit der Zeit. 2012/13 begannen wir das Unternehmen neu zu strukturieren, um uns leichter mit frischem Geld zu versorgen, damit wir regelmäßig zukaufen können. 2016 finanzierten wir uns vor allem über Bankdarlehen, Schuldscheine und Mezzanine-Kapital. Als das nicht mehr ausreichte, war der nächste logische Schritt der Term Loan B mit einem Covenant-lite Modell. Und da ich nicht gerne nur auf einem Bein stehe, kam der High Yield Bond hinzu. Nach einiger Zeit machten wir uns Gedanken darüber, wie wir uns noch mehr Möglichkeiten für Zukäufe schaffen könnten – die Idee zum IPO war geboren.

Cheplapharm hat sich gegen Private-Equity-Beteiligung entschieden

Warum ausgerechnet ein Börsengang und nicht beispielsweise der Einstieg eines Private-Equity-Investors?

Wir haben diverse Optionen – darunter auch Finanzinvestoren und Sovereign Wealth Funds – diskutiert, dann aber den IPO ins Auge gefasst. Unsere Gesellschafter – die Geschwister und Vorstandsmitglieder Sebastian Braun und Bianca Juha – wollten mit dem nächsten Finanzierungsschritt einerseits die Eigenkapitalbasis verbreitern und das Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital optimieren, gleichzeitig aber auch die Steuerungskontrolle behalten. 

Wie sehr hat Ihnen Ihr Kapitalmarktdebüt mit dem Term Loan B 2018 dabei geholfen, schneller IPO-ready zu werden?

Wir können nun definitiv von einem höheren Niveau aus starten. So haben wir beispielsweise bereits eine Investor-Relations-Abteilung, Investoren-Calls sind geübt, ein regelmäßiges Reporting gehört zum Alltag, und wir besitzen von allen großen Ratingagenturen ein Rating. Doch das reicht natürlich noch nicht für den ECM-Markt.

Jens Rothstein

Cheplapharm Arzneimittel GmbH

Was haben Sie noch machen müssen?

Wir haben vor Kurzem ein Advisory Board installiert, dieses können wir nach dem Börsengang in einen Aufsichtsrat überführen, der allen Kapitalmarktanforderungen gerecht werden kann. Wir haben zudem eine Interne Revision eingeführt – für ein Familienunternehmen durchaus ungewöhnlich. Zusätzlich mussten wir unser IR-Team mit Kommunikationskompetenzen Richtung ECM-Markt verstärken.

Für 2021 erwarten Sie einen Umsatz von mehr als 1 Milliarde Euro, das Ebitda könnte bei 645 Millionen Euro liegen, rechnet man den Gewinn der ersten neun Monate hoch. Mit Blick auf die Multiples beim Börsengang von Wettbewerbern spekuliert man bei Cheplapharm mit einer Bewertung von 8 bis 10 Milliarden Euro inklusive Schulden. Realistisch?

Dazu darf ich mich nicht äußern.

Sie wollen mit dem Börsengang 750 Millionen Euro einsammeln und damit unter anderem Schulden abbauen. Der Leverage lag nach den ersten neun Monaten 2021 bei etwa 3,9x. Wie soll die Finanzierungsstruktur nach dem IPO aussehen? Wie viel wollen Sie vom Term Loan B und den High Yield Bonds zurückführen?

Das ist noch nicht entschieden. Aufgrund der Ausgestaltung der Verträge mit den Fremdkapital-Investoren spielt es allerdings keine Rolle, welches Instrument wir zurückzahlen, weil alles Leverage-gesteuert ist.

2021 und 2022 wollen Sie 1,25 Milliarden Euro in Zukäufe stecken, ein Teil des Geldes soll ebenfalls aus dem IPO kommen. Was für M&A-Manöver stehen auf der Agenda?

Einige Zukäufe, die wir schon verkündet haben – wie die zwei Produktportfolien von Astellas und Sanofi – werden demnächst geclosed, andere Deals befinden sich noch in der Verhandlung, da bin ich an die Schweigepflicht gebunden. Grundsätzlich gelten auch für künftige Deals die gleichen Investitionskriterien wie bisher: Wir investieren nur in etablierte Markenprodukte, deren Patentschutz in der Regel vor mehr als zehn Jahren ausgelaufen ist. Wir gehen kein Klumpenrisiko hinsichtlich Therapiegebiet oder geographischer Region ein. Und bis unser Investment sich zurückgezahlt hat, darf es nicht  länger als fünfeinhalb Jahre dauern.

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Bisher heißt es, die Gesellschafter würde sich im Zuge des Börsengangs maximal auf 75 Prozent verwässern lassen, danach gilt eine Lock-up-Frist von 360 Tagen. Wird die Familie langfristig Ankeraktionär bleiben?

Davon gehe ich fest aus, dafür steht die Familie Braun in der zweiten Generation. Dieses Modell hat Cheplapharm groß gemacht. Der überwiegende Aktienanteil wird bei den Geschwistern bleiben – nicht ein halbes Jahr oder ein Jahr, sondern langfristig. Um es mit dem Worten des Gesellschafters und Co-CEO Sebastian Braun zu sagen: Bei den Renditen könne er sich ein besseres Investment als Cheplapharm nicht vorstellen.

CFO Jens Rothstein kam 2012 zu Cheplapharm

Sie selbst sind schon seit gut zehn Jahren bei Cheplapharm, es ist auch Ihr erster CFO-Job. Hat es Sie nie gereizt, nach so langer Zeit das Unternehmen zu wechseln?

Da gibt es ein klares Nein von meiner Seite. Ich schätze vor allem die Entwicklungsmöglichkeiten. Als ich 2012 einstieg, hätte ich nie gedacht, bei so einem großen Börsengang mitwirken zu können. Ich bin Generalist, nicht Spezialist, und kann hier ein sehr großes Spektrum an Tätigkeiten abdecken wie Investor Relations, Buchhaltung, Controlling oder Legal Counseling. Ich schätze auch die unternehmerische Freiheit. Ziele, Zeitrahmen und Budget sind fest definiert – doch wie wir im Team dahinkommen, bestimmen wir selbst. Das ist eine ganze andere Teamarbeit als in meinen früheren Berufsstationen.

Sie haben in Ihrem Berufsleben aber auch noch keine IPO-Erfahrung gesammelt. Vor Ihrer Zeit bei Cheplapharm waren Sie unter anderem als Controller beim Agrarunternehmen Norika oder der Kreissparkasse Torgau-Oschatz tätig. Macht sich die fehlende IPO-Erfahrung negativ bemerkbar?

Ich hatte auch keine Erfahrung bei der Finanzierung über Term Loan B oder High Yield Bonds, das war auch alles Training on the Job und hat gut funktioniert. Ich bin immer von einem tollen Finance-Team unterstützt worden, und bei speziellen Fragen haben wir zu Beginn auch Berater hinzugezogen. Wir bereiten seit gut einem Jahr den Börsengang vor, und ich habe sehr viel Neues gelernt – das macht  den Job auch so abwechslungsreich.

Nachdem sie innerhalb kürzester Zeit die Finanzierung von Cheplapharm umgekrempelt haben und immer wieder ins kalte Wasser gesprungen sind: Könnte Ihnen nach dem IPO nicht etwas langweilig werden?

(lacht) Im Moment fehlt mir noch die Phantasie, was nach dem IPO kommen könnte, aber wir wollen den Börsengang jetzt auch erstmal gut abschließen, das ist unser Fokus. Wir sind in den vergangenen zehn Jahren sehr stark gewachsen – im Schnitt mit 45 Prozent pro Jahr – und haben dabei unsere Ebitda-Marge gehalten. Die Profitabilität trotz hohen Wachstums nicht aus den Augen zu verlieren, halte ich für eine starke Leistung, und das wird auch weiterhin mein Ziel sein. Gleichzeitig wird mich das Thema M&A natürlich stark beschäftigen. Nicht nur die Zukäufe selbst, sondern auch Integration und Optimierung, wie beispielsweise Wareneinstände zu reduzieren oder Vertriebskosten im Blick zu behalten.

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.