Hat der Markt für Mittelstandsanleihen das Schlimmste hinter sich? Trotz der prominenten Pleitefälle Rickmers und Alno, die den Markt in diesem Frühjahr getroffen haben, lässt die Abwärtsdynamik insgesamt nach. Im vergangenen Jahr hatte sich die Zahl der leistungsgestörten Anleihen noch um 19 erhöht – darunter waren spektakuläre Firmenzusammenbrüche wie KTG Agrar und German Pellets. In den ersten sieben Monaten diesen Jahres kollabierten hingegen nur zwei Emittenten.
Die Struktur des Neuemissionsgeschäfts ist schwach
Gleichzeitig erholt sich die Neuemissionstätigkeit, wenn auch von sehr niedrigem Niveau aus, wie eine aktuelle Marktübersicht des Corporate-Finance-Hauses Capmarcon zeigt. Gab es in den beiden vergangenen Jahren lediglich zehn beziehungsweise elf Neuemissionen, stehen bis Anfang August dieses Jahres bereits neun zu Buche.
Das neu platzierte Volumen von 348 Millionen Euro liegt schon nach sieben Monaten deutlich über dem gesamten Vorjahreswert von 212 Millionen Euro und in etwa auf Kurs des Jahres 2015, als neue Mittelstandsanleihen im Wert von 601 Millionen Euro auf den Markt gekommen waren.
Allerdings zeigen die Details der Neuemissionen, welch starkem Gegenwind CFOs in diesem Marktsegment nach wie vor ausgesetzt sind. Von den neun neuen Titeln wurden vier begeben, um in Kürze auslaufende Bonds abzulösen. In zwei Fällen wählten Emittenten den vergleichsweise einfachen Weg, bereits bestehende Anleihen aufzustocken. So waren lediglich drei Papiere „echte“ Neuemissionen. Und unter diesen ist auch nur ein Debütemittent, der wiederum lediglich magere 10 Millionen Euro aufnehmen konnte.
„Performende“ Mittelstandsanleihen erobern Ausgabepreis zurück
Bezieht man die Tatsache mit ein, dass in diesem Jahr schon mehrere Anleihen getilgt worden sind, reichen die Neuemissionen jedoch nicht aus, um den Abwärtstrend am Mini-Bond-Markt zu brechen. Zwischen Anfang Januar und Anfang August sank das Volumen ausstehender, noch nicht leistungsgestörter Anleihen laut Capmarcon daher leicht von 2,64 auf 2,55 Milliarden Euro. Immerhin notieren diese Papiere im Schnitt mit 99,5 Prozent wieder nahezu auf der Höhe ihres Nennwerts. Zum Jahreswechsel hatten die Investoren diese Bonds noch mit einem hohen Abschlag von 12 Prozent bewertet.
Wegen der Großpleite der Reederei Rickmers wuchs gleichzeitig aber auch der Umfang des leistungsgestörten Marktvolumens nach Capmarcon-Berechnungen von 1,84 auf 2,14 Milliarden Euro. Damit steigt die Quote leistungsgestörter Anleihen auf über 45 Prozent des gesamten noch ausstehenden Mini-Bond-Volumens.
Der Bond-Boom geht an den Mini-Bonds nach wie vor vorbei
Obwohl die Schlagzahl neuer Insolvenzen inzwischen deutlich zurückgeht, lässt der enorm hohe Wert von 45 Prozent die Investoren weiter auf Abstand zu den Mittelstandsanleihen bleiben. Ein Beispiel zeigt das deutlich: Zuletzt kamen– anders als in der Boomzeit des Marktes – zwar kaum noch echte Hochrisikoanleihen an den Markt. Trotzdem steigt die Marktrisikoprämie. Gegenüber der aktuellen Marktrendite von Bundesanleihen mit fünf Jahren Restlaufzeit hat sich die Risikoprämie des breiten Mini-Bond-Marktes in den vergangenen zwei Jahren um rund einen halben Prozentpunkt auf 610 Basispunkte erhöht. Der Renditeverfall am breiten Anleihemarkt geht an den Mini-Bonds nach wie vor vorbei.
Vorsicht ist zudem auch weiterhin angebracht: Mit Sanha und Beate Uhse wackeln gerade zwei weitere bekannte Emittenten. Auch bei den Modefirmen More&More und Sympatex halten die Investoren eine Pleite für wahrscheinlich, wie die aktuelle FINANCE-Watchlist der Mini-Bond-Wackelkandidaten zeigt.
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