Die Automobilbranche steht vor einem großen Umbruch: Der Sektor wandelt sich vom Verbrennungsmotor hin zur Elektromobilität. Viele Zulieferer, die Komponenten für Verbrenner herstellen, stellt das vor Herausforderungen. Da es sich um ein schrumpfendes Geschäftsfeld handelt, haben sie Probleme, bei Private-Equity-Gesellschaften oder Banken an frisches Geld zu kommen. Die Coronavirus-Pandemie hat diese Entwicklung noch verschärft.
Genau hier will jetzt ein neuer Beteiligungsfonds ansetzen: Die sogenannte „Best Owner Group“ soll mit einem Volumen von 150 bis 200 Millionen Euro beginnen, der Fonds hat eine Zielgröße von maximal 500 Millionen Euro.
Ziel sei, die „auslaufenden Geschäftsfelder für den verbleibenden Zeitraum – der immer noch Jahrzehnte umfassen wird – betriebswirtschaftlich erfolgreich fortzuführen“, erklärt Frank-Jürgen Weise im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Der frühere Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit soll die BOG, die aus einer Arbeitsgruppe der Gewerkschaft IG Metall hervorgegangen ist, als Geschäftsführer leiten.
BOG will keine Distressed Deals machen
Mit diesen Mitteln plant der Fonds, fünf bis acht Unternehmen oder Unternehmenssparten mit einem Umsatzvolumen von bis zu 6 Milliarden Euro erwerben. Namen von möglichen Übernahmeobjekten nannte Weise nicht. „Im Grundsatz sprechen wir von Autozulieferern mittlerer Größe, also klassischen Mittelständlern mit etwa 1.000 oder 2.000 Beschäftigten“, sagt Weise, der früher selbst als Manager in der Autozuliefererbranche gearbeitet hat. Unterhalb dieser Grenze würde die Aufgabe zu kleinteilig, oberhalb hätten Konzerne bereits guten Zugang zum Kapitalmarkt.
Der BOG-Fonds bevorzugt Komplettübernahmen, will sich aber zumindest die Mehrheit an Unternehmen sichern. Auf Sanierungsfälle möchte der Fonds dabei offenbar nicht einlassen: „Wir werden in profitable Unternehmen investieren und über viele Jahre stabile Renditen erwirtschaften“, verspricht Weise den potentiellen Investoren des Geldtopfs. „Im Gegensatz zum klassischen Private Equity-Geschäft gibt es im BOG-Modell keinen Weiterverkauf“, sagt Weise und verweist auf die langfristige Perspektive potentieller Geldgeber.
Derzeit befinde man sich in guten Gesprächen mit Versicherern, Banken und Pensionsfonds. Auch Automobilhersteller kämen als Investoren in Frage, wenn sie das Fortbestehen ihrer Zulieferer über den Geldtopf absichern wollen. Offen zeigte sich Weise auch für Gespräche mit der KfW-Bank oder die Landesförderbanken.
„Wir werden in profitable Unternehmen investieren.“
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BOG will 2021 erste Deals machen
„In Summe wenig Glamour, dafür aber solides Handwerk.“
BOG will bei den Beteiligungen vor allem Effizienzreserven heben. „Zum Beispiel verringert sich der Aufwand für Forschung und Entwicklung für die Unternehmen stark, denn es wird gewollt kaum Produktinnovationen mehr geben“, erklärt Ex-McKinsey-Berater und Autoexperte Andreas Zielke, der Weise zur Seite stehen soll.
Stattdessen gehe es darum, vorhandene Produkte und Prozesse unter den Bedingungen allmählich sinkender Stückzahlen zu optimieren. „In Summe also wenig Glamour, dafür aber solides Handwerk und wirtschaftlicher Erfolg für die Unternehmen und deren Belegschaften.“
Bei den Investmententscheidungen werden auch Arbeitnehmervertreter mitreden, die im Beirat der BOG sitzen. Allein diese „sozialpartnerschaftliche Einbettung“ könne laut Weise dazu führen, dass „notwendige Veränderungen in den Unternehmen weniger konfrontativ und damit konstruktiver gelingen, als das mit einem Finanzinvestor der Fall wäre“. Anfang 2021 sollen nun die ersten Investitionen erfolgen.
Jakob Eich ist Chef vom Dienst des Printmagazins FINANCE und arbeitet parallel für das Schwestermedium DerTreasurer. Beide Publikationen gehören zum Fachverlag F.A.Z Business Media, bei dem der gebürtige Schleswig-Holsteiner auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Erste journalistische Erfahrungen sammelte der Journalist in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost.