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Rettung von Tom Tailor ist gefährdet

Tom Tailor konnte bislang weder die Kapital bereitstellenden Banken noch den chinesischen Großaktionär Fosun für seinen Sanierungsplan begeistern.
Ivan Kurmyshov/iStock/Getty Images Plus

Bei Tom Tailor geht es nicht voran: Die Gespräche zwischen dem angeschlagenen Modehaus, seinen Konsortialbanken sowie dem Großaktionär Fosun sind ins Stocken geraten. Offenbar tut sich Tom Tailor schwer damit, seine Geldgeber und den Großaktionär von seinen Zukunftsaussichten zu überzeugen.

Wie das Unternehmen in einer Ad-hoc-Meldung bekanntgab, fehle zum einen nach wie vor die Zustimmung der Banken zum Verkauf der Krisensparte Bonita an das niederländische Modeunternehmen Victory & Dreams International. Tom Tailor hatte bereits im März die Trennung von seinem Sorgenkind Bonita verkündet, die als Befreiungsschlag gewertet wurde.

Inzwischen ist klar, dass Tom Tailor den Markenwert von Bonita komplett abschreiben muss. Seitdem die Hamburger Bonita im Jahr 2012 übernommen hatten, war die Marke eine Belastung: Der Dauersanierungsfall verwässerte die im Branchenvergleich überdurchschnittlich gute Performance von Tom Tailor. Umso wichtiger ist die schnelle Trennung von dem Geschäft.

Tom Tailor: Fosun und Banken können sich nicht einigen

Der zweite Punkt, bei dem es in den Verhandlungen nicht vorangeht: Die Banken und Fosun können sich nicht über Art und Höhe des Finanzierungsbeitrags von Fosun einigen, heißt es. Dieser ist ebenfalls ein zentraler Aspekt bei den Stabilisierungsversuchen von Tom Tailor. Im Februar kündigte Fosun an, über eine Kapitalerhöhung 8,6 Millionen Euro in das Modehaus zu stecken, was für ein großes Aufatmen bei den Aktionären sorgte. Seitdem läuft ein Pflichtangebot über 2,31 Euro je Aktie, das CFO Thomas Dressendörfer und seine Vorstandskollegen aber als „finanziell unangemessen“ erachten. Möglicherweise muss Fosun nun aber noch weiteres Eigenkapital einschießen, um die Banken bei der Stange zu halten.

Das dritte Problem bei den aktuellen Verhandlungen: Das Modehaus wird sich mit dem Bankenkonsortium über die Anpassung der Covenants unter der bestehenden Kreditlinie nicht einig. CFO Dressendörfer hatte vor gut einem Jahr einen Konsortialkredit im Volumen von 400 Millionen Euro vorzeitig refinanziert. Die neue Kreditvereinbarung könne „zu wesentlich besseren Konditionen und damit künftig geringeren Finanzierungskosten“ abgeschlossen werden, freute sich die Modekette damals.

Auch das Bankenkonsortium konnte von zwölf auf acht Banken verkleinert werden, die Führung liegt bei BNP Paribas, LBBW sowie Unicredit.

Selbst als Tom Tailor zum Ende des Jahres 2018 die zweite Gewinnwarnung hintereinander veröffentlichte, sah das Modehaus die Covenants nicht gefährdet: „Wir haben keine Probleme mit den Covenants“, erklärte die Sprecherin damals. Doch nun zittert Tom Tailor doch über eine Anpassung – der Ausgang ist unklar. Offensichtlich haben die hohen Wertberichtigungen auf Bonita zu einem Bruch der Covenants geführt.

Abschluss der Verhandlungen bei Tom Tailor ist offen

Nach den positiven Nachrichten über den Bonita-Verkauf und die Unterstützung von Fosun hatte sich der Vorstand eigentlich optimistisch gezeigt, dass die Verhandlungen zu einem guten Abschluss kommen. Doch jetzt rudert Tom Tailor zurück: Die Verhandlungen gestalteten sich „entgegen der Einschätzung des Vorstandes zunehmend schwieriger“.

FINANCE-Köpfe

Thomas Dressendörfer, Tom Tailor Holding AG

Seine Karriere startet Dressendörfer 1984 in der Finanzabteilung des Automatisierungstechnikunternehmens Baumüller in Nürnberg. Vier Jahre später wechselt er in den Finanzbereich des Konsumgüterherstellers Procter & Gamble. Im Jahr 2000 geht Dressendörfer zu dem Analysehaus The Nielsen Company, wo er sieben Jahre tätig ist.

2007 wird Dressendörfer Finanzchef des Personaldienstleisters Randstad Deutschland. Im Jahr darauf wechselt er als CFO in die Schweiz zu Uster Technologies. Dort bleibt er auch, ab Ende 2011 aber bei einem anderen Arbeitgeber, dem Implantatehersteller Straumann, wo er 2012 den CFO-Posten übernimmt.

Im Juni 2015 gibt er bei Straumann das Amt ab und macht sich selbstständig als Berater für Unternehmen, die komplexe Geschäftsprojekte oder Turnarounds umsetzen müssen.

Mitte Juni 2016 übernimmt Dressendörfer, der während seiner beruflichen Tätigkeit auch Auslandsaufenthalte in Spanien, Belgien und Großbritannien absolviert hat, den CFO-Posten bei dem Bekleidungshersteller Tom Tailor. Ende Oktober verlässt Thomas Dressendörfer das Hamburger Modehaus, seine neue Station ist noch nicht bekannt.

zum Profil

Und Tom Tailor wird noch deutlicher: Nach Einschätzung des Vorstands sei „derzeit offen, ob und wann die Verhandlungen mit den Konsortialbanken und Fosun zu einem erfolgreichen Abschluss kommen werden“. Eine für alle Parteien zufriedenstellende Lösung, welche Tom Tailor wieder Planungssicherheit gebe, sei nach wie vor möglich, jedoch nicht sicher, heißt es weiter. Um die Verhandlungen vielleicht zu seinen Gunsten zu entscheiden, hat das Unternehmen nun ein Independent Business Review (IBR) bei der Boston Consulting Group in Auftrag geben.

Angesichts der Verzögerungen müsse Tom Tailor außerdem die für den Juni geplante Veröffentlichung seiner Geschäftszahlen für 2018 sowie für das erste Quartal 2019 zunächst verschieben, kündigte das Unternehmen am gestrigen Montag Abend an – um dann kurz darauf immerhin doch noch vorläufige, ungeprüfte Geschäftszahlen nachzulegen.

Tom Tailor bleibt stabil, Bonita schwächelt stark

Diese zeigen, dass das Kerngeschäft von Tom Tailor immerhin relativ stabil ist: Demnach konnte das Unternehmen ohne seine Krisentochter Bonita im vergangenen Jahr ein vorläufiges Umsatzwachstum von 3 Prozent auf rund 617 Millionen Euro verbuchen. Der vorläufige Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) liegt bei 70,6 Millionen Euro, knapp 3 Millionen Euro mehr im Vergleich zum Vorjahr.

Im ersten Quartal 2019 konnte Tom Tailor seinen Gruppenumsatz immerhin auf Vorjahresniveau bei 138 Millionen Euro ausweisen. Das vorläufige Ebitda verschlechterte sich hingegen deutlich von 11,7 auf 2,6 Millionen Euro.

Was ist los in der Modebranche? Der FINANCE-Talk

Anders sieht es hingegen bei der Tochter Bonita aus. Der vorläufige Umsatz von Bonita sank im vergangenen Jahr um 25 auf rund 226 Millionen Euro. Erschreckend ist das Ebitda: Dieses liegt vorläufig bei minus 24,6 Millionen Euro. 2017 konnte Bonita hier mit 15,6 Millionen Euro noch schwarze Zahlen melden.

Auch im Quartalsvergleich schneidet die Tom-Tailor-Sparte schlecht ab: Der vorläufige Umsatz sank hier von 51,8 Millionen Euro im ersten Quartal 2018 auf 40,6 Millionen Euro im entsprechenden Quartal in diesem Jahr. Ebenso rangiert das Ebitda weiter im Minus: Einen Verlust von 12,8 Millionen Euro musste die Sparte verkraften, im Vorjahr lag der Verlust bei 7,6 Millionen Euro.

olivia.harder[at]finance-magazin.de

Info

Die Krise in der Modebranche macht nicht bei Tom Tailor halt: Auch andere deutsche Unternehmen wie Gerry Weber oder Basler Fashion traf die Krisenwelle. Auf der diesjährigen Distressed-Assets-Konferenz von FINANCE am 17. Mai 2019 in Frankfurt am Main geben zwei Vorstände Einblick in die Neuausrichtung von Modehäusern: Gerry Weber-CRO Florian Frank spricht über die größten Herausforderungen nach der Insolvenz, Basler-CFO Marc Barrantes erklärt, wie das „Re-Start-Up“ gelingen konnte. Hier können Sie sich anmelden.

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.

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