Das Modehaus Tom Tailor verschafft sich Luft für die finanzielle Restrukturierung: Die Hamburger einigten sich mit ihren Konsortialbanken und dem chinesischen Großaktionär Fosun über eine Brückenfinanzierung über insgesamt 48,5 Millionen Euro. Davon stellen die Chinesen kurzfristig ein Darlehen von 18,5 Millionen Euro, die Banken gewähren dem Modehaus eine neue Akkreditivlinie in Höhe von 30 Millionen Euro für Warenbestellungen.
Neben dieser Finanzspritze haben sich die kreditgebenden Banken auch noch bereit erklärt, eine am 30. Juni fällig werdende Tilgungsrate in Höhe von 7,5 Millionen Euro bis Mitte August auszusetzen. Auf Seiten der Banken führt FINANCE-Informationen zufolge ein Koordinationsgremium bestehend aus BNP Paribas, LBBW, Unicredit und HSBC die Verhandlungen mit dem Modehaus. Insgesamt sollen acht Banken bei Tom Tailor engagiert sein.
Fosun hält jetzt die Mehrheit an Tom Tailor
Der Markt reagiert auf die neue Veröffentlichung kaum: Die Tom-Tailor-Aktie bewegt sich seit Mitte Mai seitwärts und notiert derzeit bei rund 2,31 Euro. Das entspricht dem bis Ende Juni laufenden Übernahmeangebot Fosuns. Die Chinesen haben sich inzwischen die Mehrheit an Tom Tailor gesichert und halten nun knapp 67,7 Prozent der Aktien.
In trockenen Tüchern ist die Brückenfinanzierung allerdings auch noch nicht: Die Bereitstellung der Linien stehe noch unter dem Vorbehalt der Einigung über die endgültigen Bedingungen, des Abschlusses verbindlicher Verträge sowie der Zustimmung der jeweiligen Gremien, teilte das Unternehmen mit.
Tom Tailor gewinnt abermals Zeit
Sollte diese Zustimmung erteilt werden, gewinnen die Hamburger um CFO Thomas Dressendörfer vor allem eines: Zeit. Nachdem Tom Tailors Geldgeber Ende Mai dem eigentlich sicher geglaubten Verkauf der Krisen-Tochter Bonita eine Absage erteilten, braucht der Modekonzern dringend frisches Geld: Denn Tom Tailor muss nun die Ware für die Herbst/Winterkollektion bestellen. Dafür benötigen die Hamburger einen stabilen Kreditrahmen, sonst droht der Einbruch des operativen Geschäfts.
FINANCE-Köpfe
Mit der Brückenfinanzierung kann sich Tom Tailor nun kurzfristig über Wasser halten. Die gewonnene Zeit will das Unternehmen nutzen, um ein Independent Business Review (IBR) abzuschließen. Dabei handelt es sich um eine von externen Experten erstellte Einschätzung über die aktuelle wirtschaftliche Lage und Leistungsfähigkeit eines Unternehmens. Auf Grundlage dieses IBRs wollen Tom Tailor und seine Geldgeber über die mittel- bis längerfristige Restrukturierungs- und Refinanzierungsstrategie der Hamburger entscheiden.
Derzeit tappen sowohl die Aktionäre als auch Außenstehende im Dunkeln: Die Hamburger haben bislang weder ihren Geschäftsbericht für 2018 veröffentlicht, noch ein Datum für ihre Hauptversammlung 2019 bekannt gegeben. Beides ist aufgrund der stockenden Verhandlungen vorerst verschoben.
Unruhe und Personalrochaden bei Tom Tailor
In den vergangenen Monaten waren zwischen den Hamburgern und seinen Geldgebern Uneinigkeiten bekannt geworden: Nachdem sich das Modehaus zunächst mit der niederländischen Victory & Dreams International über einen Verkauf der Krisensparte Bonita einigte, wurde der Deal von Bankenseite gestoppt. Tom Tailor musste den vom Modehaus bei 184,5 Millionen Euro taxierten Marktwert Bonitas mittlerweile komplett abschreiben.
Neben der finanziellen Unruhe kommt noch eine personelle hinzu: Großaktionär Fosun hat erst vor Kurzem seinen Einfluss im Aufsichtsrat der Hamburger ausgeweitet: Den Aufsichtsratsvorsitz übernahm Fosun-Managerin Jenny Shao von Unternehmensberater und Modeexperte Thomas Tochtermann. Zusätzlich rückte Fosun-Fashion-Group-CFO Michael Chau in das Kontrollgremium Tom Tailors.
FINANCE-Themenseite
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Bleiben Sie bei Tom Tailors Restrukturierungskampf am Ball: Lesen Sie alles über den Überlebenskampf des Hamburger Modehauses Tom Tailor auf unserer Themenseite dazu. Auf unserer Themenseite Restrukturierung finden Sie weitere Geschichten zum Thema.