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Tui bekommt weitere Milliardenhilfe

Tui: Der Hannoveraner Reisekonzern bekommt weitere 1,8 Milliarden Euro
Tui

Der schwer von der Coronavirus-Pandemie getroffene Reisekonzern Tui erhält von Bund, privaten Investoren und Banken neue Finanzhilfen in Höhe von 1,8 Milliarden Euro. „Mit dem Finanz-Paket soll die Überbrückung bei andauernder Pandemie im Jahr 2021 sichergestellt werden“, teilte das Unternehmen mit. Zudem verbessere es langfristig die Bilanzstrukturen. 

Das neue Finanzierungspaket setzt sich wie folgt zusammen: Über eine in Tui-Aktien wandelbare stille Einlage des staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) erhält das Unternehmen 420 Millionen Euro, daneben weitere 280 Millionen Euro aus einer nicht wandelbaren stillen Einlage. Zudem erhalten die Hannoveraner eine Staatsgarantie in Höhe von 400 Millionen Euro – oder alternativ eine entsprechende Erhöhung der nicht wandelbaren stillen Einlage des WSF. In Folge dessen werden zwei vom WSF benannte Personen in den Tui-Aufsichtsrat einziehen. Zudem gibt es Einschränkungen bezüglich möglicher Investitionen in andere Unternehmen.

Bund mit bis zu 25 Prozent beteiligt

Sollte der Wirtschaftsstabilisierungsfonds die stille Einlage wandeln, wäre der Staat mit bis zu 25 Prozent plus einer Aktie am Tourismuskonzern beteiligt. Bereits Ende September zeichnete der WSF eine Wandelanleihe über 125 Millionen Euro. Auch diesmal muss die EU-Kommission in Brüssel der stillen Einlage noch zustimmen. Im Sommer genehmigten die Wettbewerbshüter der Europäischen Union bereits das 9-Milliarden-Rettungspaket für die Lufthansa.

Das Bundeswirtschaftsministerium bezeichnete die nun beschlossenen Hilfsmaßnahmen für Tui als wichtig, damit der Reiseanbieter die schwierige Zeit überbrücken könne. Neben der Lufthansa und Tui bewilligte der WSF auch ein Darlehen über 235 Millionen Euro an den Tui-Konkurrenten FTI. 

Auch die staatliche Förderbank KfW steuert über eine zusätzliche Kreditlinie 200 Millionen Euro bei. Darüber hinaus wurde eine bestehende Kreditlinie bis Juli 2022 verlängert. 

Tui-Aktionäre müssen Verwässerung hinnehmen

Auch die Tui-Aktionäre müssen ihren Beitrag leisten: So will das Unternehmen über eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten, die auf einer außerordentlichen Hauptversammlung im Januar 2021 beschlossen werden soll, 500 Millionen Euro einnehmen.

Dass Tui an einer größeren Kapitalerhöhung nicht vorbeikommt, war schon länger klar. Vor Probleme stellte den Konzern aber der bereits stark gefallene Aktienkurs: Dadurch würde ein möglicher Ausgabekurs unter dem Nennwert von 2,56 Euro liegen, was nicht erlaubt ist. Obwohl sich die Aktie nach Bekanntgabe einiger Impfstoffe etwas erholt hat, reicht das nicht. Daher muss der Konzern nun zunächst eine Herabsetzung des Grundkapitals auf 1 Euro je Aktie vornehmen. Zu diesem Preis sollen die neuen Aktien auch ausgegeben werden. Diese Verwässerung müssen die Aktionäre nun hinnehmen – dank der stillen Einlage fällt sie aber immerhin nicht ganz so stark aus, wie im Vorfeld befürchtet. 

Der russische Oligarch Alexej Mordaschow, mit knapp 25 Prozent größter Einzelaktionär von Tui, gab bereits seinen Segen für die verwässernde Maßnahme und zieht mit. „Als ein langjähriger, strategischer Investor hat die Mordaschow-Familie keinen Zweifel daran, dass das Geschäftsmodell der Tui-Gruppe intakt ist“, ließ er über seine Severstal-Gruppe mitteilen. Er ist bereit, seinen Anteil auf 29,9 Prozent auszuweiten. Sollte er auch noch von der Pflicht befreit werden, bei einem Anteil über 30 Prozent ein Pflichtangebot an die Aktionäre abzugeben, könnte sein Anteil sogar auf 36 Prozent ansteigen.

Tui-Aktie im Sinkflug

„Das Gesamtpaket aus unterschiedlichen Finanzierungsmitteln verschiedener Partner zeigt das breite Vertrauen aller Beteiligten in die Zukunft des Tourismus und des Tui-Konzerns,“ sagte Tui Chef Fritz Joussen. Anfang Oktober hatte er den „Balance-Sheet-Repair-Bedarf“ mit rund 1,5 Milliarden Euro beziffert. Die nun bereitgestellte Summe liegt nun als nochmal 300 Millonen Euro darüber.

Laut Unternehmensangaben verfügte Tui Ende November über Finanzmittel und Kreditfazilitäten in Höhe von 2,5 Milliarden Euro. Dort eingerechnet sind schon 300 Millionen Euro, die Tui für die Ablösung der nächstes Jahr auslaufenden Anleihe zur Seite legen will. Allerdings dürfte das Finanzpolster nach Analystenschätzungen allein im reise- und buchungsschwachen Dezember schon wieder um bis zu eine halbe Milliarde schmelzen.

Es ist bereits das dritte Mal, dass Tui staatliche Finanzhilfe in Anspruch nimmt. Im April erhielt der Konzern über einen KfW-Notkredit über 1,8 Milliarden Euro. Im August gab es weitere 1,05 Milliarden Euro. Das dritte Hilfspaket stärke vor allem Tuis Liquiditätsausstattung, meint Moody’s-Analyst Vitali Morgovski. „Im Gegensatz zu den vorherigen Unterstützungspaketen ist diesmal auch eine Stärkung des Eigenkapitals in Form einer Kapitalerhöhung vorgesehen, die das Rückzahlungsrisiko der im Oktober 2021 fällige Anleihe minimiert“, so der Analyst.

Das weitere Rettungspaket komme nicht unerwartet, allerdings könne das Ausmaß der damit verbundenen Gewinnverwässerung enttäuschen, kommentierte Jefferies-Analystin Rebecca Lane die jüngste Entwicklung. Das sieht man auch an der Börse so, wo die Aktien am Donnerstag 5 Prozent auf 5,09 Euro verloren.

Das Bundeswirtschaftsministerium verteidigt den Schritt: „Die Maßnahmen sind wichtig, denn das Unternehmen war vor der Krise profitabel und hat als Unternehmen der Reisebranche durch die Corona-Krise mit nie dagewesenen Schwierigkeiten zu kämpfen”, sagte eine Sprecherin.

Auch Holidaycheck plant Kapitalerhöhung

Ein anderes deutsches Reiseunternehmen als Tui versucht eine Kapitalerhöhung ohne Staatsunterstützung. Wie Holidaycheck am heutigen Mittwochmittag bekanntgab, plant das Buchungs- und Bewertungsportal im 1. Quartal 2021 eine Barkapitalerhöhung um 50 Prozent aus Genehmigtem Kapital mit Bezugsrecht der Aktionäre. An der Kapitalerhöhung will sich auch der Hauptaktionär Burda Digital mit mindestens 20 Millionen Euro beteiligen. Insgesamt könnte die Transaktion Holidaycheck eine Summe von rund 45 Millionen Euro einbringen.

Info

Wie der Konzern versucht, die Coronakrise zu überstehen, können Sie auf unserer Themenseite zu Tui nachlesen.

Einbrechende Nachfrage, einreißende Lieferketten: Etliche Unternehmen leiden massiv unter den Folgen von Corona. Lesen Sie mehr dazu auf unserer Themenseite zum Coronavirus.

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