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Restrukturierungsnews: Nuri, Terragon, Siemens Energy

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Die Berliner Kryptobank Nuri hat einen Insolvenzantrag gestellt. Foto: Ralf – stock.adobe.com
Die Berliner Kryptobank Nuri hat einen Insolvenzantrag gestellt. Foto: Ralf – stock.adobe.com

Kryptobank Nuri ist insolvent

Die Berliner Kryptobank Nuri hateinen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Berlin gestellt. „Dieser Schritt ist notwendig, um den Weiterbetrieb der App und die Erfüllung der Verbindlichkeiten von Nuri sicherzustellen“, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Rettung durch eine neue Finanzierungsrunde scheiterte.

Grund für die Insolvenz sollen die anhaltenden Nachwirkungen der Pandemie sowie wirtschaftliche und politische Unsicherheiten in den Märkten sein. Auch sollen negative Entwicklungen an den Kryptomärkten und die Insolvenz mehrerer Krypto-Fonds das Unternehmen unter Druck gesetzt haben.

Insgesamt sind von der Insolvenz den Angaben zufolge rund 500.000 Kunden betroffen. Nuri verwaltet nach eigenen Angaben ein Vermögen in Höhe von 325 Millionen Euro. Die App sowie die Produkte und Dienstleistungen von Nuri sollen zunächst unverändert angeboten werden. Laut dem „Handelsblatt“ ist Nuri das erste deutsche Fintech, das wegen des Einbruchs am Kryptomarkt Insolvenz anmeldet.

Terragon sucht einen Investor

Nachdem der Bauprojektentwickler Terragon Ende Juni einen Insolvenzantrag stellte, sucht der vorläufige Insolvenzverwalter Rainer Eckert (Eckert Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft) nach Investoren. „Die bisherigen Rückmeldungen von potenziellen Investoren zeigen, dass das Geschäftsmodell stabil genug für eine Weiterführung ist“, so Eckert. Laut Terragon verfügt man aktuell über eine Projektpipeline im Volumen von bis zu 800 Millionen Euro. Kaufangebote konnten bis zum 5. August abgegeben werden. Ob ein neuer Investor gefunden wurde, ist noch nicht bekannt.

Nachdem eine Tochter des Unternehmens umkippte, konnte Terragon die Verluste nicht mehr ausgleichen. Doch schon davor steckte der Bauprojektentwickler in einer Krise und musste mit seinen Anleihegläubigern über die Stundung einer Anleihe verhandeln. Eigentlich konnte Terragon Ende Juni die Zinszahlung seiner Anleihe 2019/2024, die am 24. Mai fällig gewesen wäre, um sieben Monate stunden.

Rote Zahlen für Siemens Energy

Erneute Einbußen bei der spanischen Windenergietochter Siemens Gamesa und die Belastungen aus der Restrukturierung der Geschäfte in Russland führen zu höheren Verlusten bei Siemens Energy. Im dritten Quartal des Geschäftsjahres 2021/2022 hat der Konzern einen Verlust nach Steuern von 533 Millionen Euro eingefahren, im Vorjahreszeitraum lag der Verlust bei 307 Millionen Euro.

Nun will das Unternehmen den Rotstift bei der Tochter Siemens Gamesa ansetzen. „Die schlechte Leistung von Siemens Gamesa wirkt sich negativ auf unser Gesamtergebnis aus. Wir erwarten vom Siemens-Gamesa-Management nun die konsequente Umsetzung des Sanierungsplans“, sagte Siemens-Energy-CEO Christian Bruch bei der Veröffentlichung der Zahlen.

Für dieses Jahr rechnet der Konzern mit einem Verlust nach Steuern, der über dem Vorjahresniveau von minus 560 Millionen Euro liegen soll. Hier schlagen vor allem die Sondereffekte im Zusammenhang mit den Problemen in Russland zu Buche. Ohne die 200 Millionen Euro Sondereffekte hätte der Verlust ungefähr auf Vorjahresniveau gelegen, heißt es.

Weitere Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Das börsennotierte Medizintechnik-Unternehmen Magforce aus Berlinhat wegen Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag gestellt, „nachdem reorganisatorische Maßnahmen nicht zu den erwarteten Kosteneinsparungen führten“. Noch werde geprüft, ob auch Insolvenzanträge für die Tochtergesellschaften gestellt werden müssen. Insolvenzverwalter Rüdiger Wienberg (Hermann Wienberg Wilhelm) sucht nach einer Investorenlösung.

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Insolvenz

Welche Formen der Insolvenz gibt es? Welche Unternehmen sind betroffen? Die wichtigsten Praxistipps und aktuelle Fälle in der Übersicht.

Der bayerische Automobilzulieferer Borscheid + Wenig ist insolvent. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Joachim Exner (Dr. Beck und Partner) bestellt. Borscheid + Wenig aus Diedorf hatte wegen der Corona- und der Halbleiterkrise schwere Rückschläge hinnehmen müssen. Als dann infolge des Ukraine-Krieges die Energie- und Rohstoffkosten stiegen, sei man gezwungen gewesen, den Schritt in ein Insolvenzverfahren zu gehen, so die Geschäftsführung. Borscheid + Wenig verbuchte 2021 einen Umsatz von rund 33 Millionen Euro und zählt rund 300 Mitarbeiter.

Der Werkzeughersteller Heinz Schwarz durchläuft eine vorläufige Insolvenz in Eigenverwaltung. Als vorläufiger Sachwalter wurde Stefan Meyer von der Kanzlei Pluta bestellt. Christian Krönert und Thomas Ellrich von der Kanzlei Voigt Salus sind Generalbevollmächtigte. Der Mittelständler zählt 270 Mitarbeiter.

Distressed M&A-Deals

Das insolvente Unternehmen Ernst Chemisch-Technische Spezialprodukte hat einen Käufer gefunden: Wettbewerber Walter Schmidt Chemie übernimmt das Unternehmen aus Trier. Insolvenzverwalter war Jakob Joeres (Diesel|Schmitt|Ammer). „Die anstehende Wintersaison und die damit einhergehende starke Unsicherheit bei Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten haben uns unter deutlich spürbaren Lösungsdruck gesetzt“, kommentierte er die Suche.

Der Wettbewerber Rom, Teil der Zech Firmengruppe, übernimmt die Calvias Gebäudetechnik aus Trier. Calvias Gebäudetechnik hatte Ende Juni einen Insolvenzantrag gestellt. Das Amtsgericht bestellte Ingo Grünewald zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Mit Insolvenzeröffnung zum 1. August wurde der Geschäftsbetrieb an Rom verkauft. Calvias zählt 214 Mitarbeiter.

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Distressed M&A

Die Coronakrise bringt einen Boom an Distressed M&A-Deals. Die wichtigsten Besonderheiten bei den Transaktionen und aktuelle Fälle gibt es hier im Überblick.

Beendete Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Aus für Biuno: „Trotz aller Bemühungen um eine Rettung muss der Geschäftsbetrieb beim Bio-Großhändler Biuno stillgelegt werden“, heißt es in einer Pressemitteilung. Laut Insolvenzverwalter Michael Lojowsky (Schultze & Braun) war der Weiterbetrieb ohne einen Investor wirtschaftlich unmöglich. Das Unternehmen hatte im Mai Insolvenz angemeldet.

Die Mindener Lehmann Unternehmensgruppe übernimmt Ende September HZD Druckguss Havelland im Rahmen des Insolvenzplans. Über die Übernahmekonditionen vereinbarten beide Part­eien Stillschweigen. Das Insolvenzverfahren um Insolvenzverwalter Christian Graf Brockdorff (BBL Brockdorff Rechtsanwaltsgesellschaft) soll damit Anfang Oktober abgeschlossen werden.

Britze Elektronik und Gerätebau findet über einen Asset Deal einen neuen Investor. Der österreichische Investor Simentum übernimmt den insolventen Elektronikspezialisten. Der Geschäftsbetrieb soll fortgeführt werden. Britze hatte im Februar einen Insolvenzantrag gestellt, Insolvenzverwalter war Joachim Voigt-Salus (Voigt Salus). Der Investorenprozess wurde von Simon Leopold (ABG Consulting Partner) verantwortet.

Insolvenzverwalter Stephan Thiemann von der Kanzlei Pluta beendet nach einem gescheiterten Investorenprozess die Sanierung der Metallbearbeitung Automotive Ahlen. Er hat die Liquidation des Unternehmens abgeschlossen. Die Insolvenzgläubiger erhielten eine Quote von 68 Prozent. Laut eigenen Aussagen gelang der Zulieferer durch die Verlagerung von Produktionsstätten an andere Produktionsstandorte in Schieflage.

Weitere Restrukturierungen und Branchennews

Die Bundesregierung hat Ende Juli ihre Aktienbeteiligung an der Lufthansa auf weniger als 10 Prozent reduziert. Der WSF der Bundesregierung befände sich damit auf der Zielgeraden, die Stabilisierungsmaßnahme erfolgreich zu beenden. „Bereits jetzt übersteigen die Erlöse aus der Veräußerung den zum Erwerb der Beteiligung eingesetzten Betrag“, sagte Jutta Dönges, Geschäftsführerin der Finanzagentur. Damit ließe sich bereits vor Verkauf der gesamten Beteiligung, die die Bundesregierung der durch die Coronakrise schwer getroffenen Airline bereitstellte, eine positive Bilanz ziehen. Der WSF hatte sich mit 300 Millionen Euro beteiligt

Die neuesten Restrukturierer-Personalien

Das neue M&A-Team bei Enomyc. Foto: Enomyc

Die auf Midcaps spezialisierte Unternehmensberatung Enomyc baut ihr internationales M&A-Geschäft aus. Dazu haben die Hamburger ein neues Team mit langjähriger Expertise in den Bereichen Corporate M&A, Distressed M&A und Real Estate zusammengestellt. Das neue Team besteht aus Ian Kayanakis als Head of Corporate M&A, Co-Head Robert Neufeld, Matias Otto als Head of Real Estate und Janina Elisa Buchholz als M&A-Beraterin. „Unser Ziel ist es, uns in den kommenden Monaten auf größere Transaktionen sowie die weitere Internationalisierung unserer Projekte zu fokussieren“, erklärt Kayanakis.

EYs Strategieberatung Parthenon bekommt wieder Zuwachs: Automotive-Spezialist Martin Kieckebusch kommt an Bord. Als Partner soll Kieckebusch den Geschäftsbereich Strategy and Transactions (SAT) verstärken und vom Stuttgarter Büro aus die europäische Automotive-Beratung von EY-Parthenon ausbauen. Kieckebusch verfügt über 25 Jahre Erfahrung in der Automobilbranche und kommt von Porsche Consulting. Mit dem Automotive-Experten setzt Parthenon auf den wachsenden Beratungsbedarf in der Autobranche, die mitten in der größten Transformation ihrer Geschichte steckt.

sarah.backhaus[at]finance-magazin.de

Info

Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Backhaus ist spezialisiert auf die Themen Restrukturierung, Transformation, Zahlungsverkehr und Cash Management. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalistin für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.