Aufatmen bei SGL Carbon: Mit dem Verkauf des Kathodengeschäfts hat das SDax-Unternehmen im August seine letzte Baustelle auf dem Weg zur strategischen Neuausrichtung geschlossen. Für 250 Millionen Euro geht die Sparte an den Finanzinvestor Triton. Analysten hatten im Vorfeld nur mit einer Bewertung von 200 Millionen Euro gerechnet.
Für CFO Michael Majerus ist die Transaktion ein voller Erfolg. Der 56-Jährige hat nicht nur den versprochenen „deutlichen“ Buchgewinn geliefert. Nach drei schwierigen Jahren, in denen hohe Schulden, ein kriselndes Kerngeschäft und lahmende Zukunftsprojekte das Unternehmen zu erdrücken drohten, kann SGL Carbon endlich wieder nach vorne schauen. Der erfahrene Sanierer hat daran einen maßgeblichen Anteil.
Michael Majerus verordnete SGL Carbon harten Sparkurs
Rückblick: Als Majerus im Sommer 2014 zu SGL Carbon kommt, greift er gleich rigoros durch. In den ersten 100 Tagen krempelt der promovierte Betriebswirt das Controlling der Wiesbadener um, verschärft das Sparprogramm und führt eine Kapitalerhöhung über 280 Millionen Euro durch. Doch es hilft nichts, der SDax-Konzern schreibt weiter rote Zahlen.
Im Sommer 2015 kommt es zur Zäsur: CEO Jürgen Köhler und Majerus kündigen an, SGL Carbon zu zerschlagen. Das Kerngeschäft Performance Products – früher die Cashcow, aber inzwischen schrumpfend – wird abgespalten. Weil das Geschäft wegen der Stahlkrise immer schneller wegbricht, drückt Majerus aufs Gaspedal: Bereits ein Jahr später steht der rechtlich selbstständige Teilkonzern. Dem stets freundlich auftretenden Manager gelingt es, diese heikle Aufgabe weitgehend geräuschlos und ein halbes Jahr schneller als zunächst geplant zu meistern.
Der erfahrene Sanierer muss viele Baustellen gleichzeitig beackern
Mit dem japanischen Chemiekonzern Showa Denko präsentiert Majerus, der zuvor schon den Pharmahändler Phoenix saniert hatte, zunächst einen Käufer für das Graphitelektrodengeschäft. Die Japaner bewerten den größeren, aber defizitären Teil des SGL-Stammgeschäfts mit 350 Millionen Euro. Zusammen mit dem jetzt beschlossenen Verkauf des Kathodengeschäfts an Triton erzielt SGL Carbon eine Bewertung von 600 Millionen Euro. Majerus kann einen Buchgewinn von 130 Millionen Euro bilanzieren.
Mitten im M&A-Prozess werkelt der CFO auch noch an der Finanzfront: Er streicht den Bankenkreis zusammen, schließt einen neuen Konsortialkredit ab und stemmt die zweite Kapitalerhöhung in seiner Amtszeit. Dabei kommt dem Hobby-Schwimmer zugute, dass SGL mit der BMW-Erbin Susanne Klatten (27,5 Prozent) sowie den Autobauern BMW (18,5 Prozent) und VW (9,8 Prozent) drei Ankeraktionäre hat, die den Wiesbadenern auch in der Krise immer wieder beistehen. Öffentlich ist kein Murren über das wiederholte Nachschießen von Eigenkapital zu vernehmen, für Majerus dürften die Investorengespräche aber nicht immer leicht gewesen sein.
SGL kann Schulden drastisch senken
Mit der Kapitalerhöhung und den zwei Spartenverkäufen hat der Finanzchef nun alle Vorbereitungen für eine massive Entschuldung von SGL getroffen. Läuft alles wie geplant, dann wird Majerus mit den Erlösen Finanzverbindlichkeiten im Wert von knapp einer halben Milliarde Euro tilgen. Das Gearing (Nettofinanzverschuldung im Verhältnis zum Eigenkapital) soll von derzeit sehr hohen 146 Prozent auf 50 Prozent fallen. Die finanziellen Baustellen hätte der 56-Jährige damit geschlossen.
Auch operativ zeigt die Formkurve von SGL nach oben. Im ersten Halbjahr kletterte der Umsatz der zwei fortgeführten Sparten – das Karbonfasergeschäft und die Graphit-Spezialanwendungen – um 14 Prozent auf 435 Millionen Euro. Das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) legte sogar um 40 Prozent auf 47 Millionen Euro zu. Unter dem Strich rechnet SGL für dieses Jahr allerdings noch mit einem Verlust. Im kommenden Jahr will Majerus dann den Turnaround schaffen.
Info
Mehr über den Werdegang des SGL-CFOs finden Sie im Köpfe-Profil zu Michael Majerus.
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