Zu Jahresbeginn füllten Umweltschutz und Nachhaltigkeit noch die Titelseiten, inzwischen sind sie vom Coronavirus aus den Schlagzeilen verdrängt worden. Doch während auch bei den Finanzchefs die Bekämpfung der Corona-Folgen den Arbeitsalltag dominiert, haben sie das Thema Nachhaltigkeit dennoch stets im Blick. Das ist ein Ergebnis des jüngsten FINANCE CFO Panels, für das die Redaktion in Kooperation mit Horváth & Partners Finanzchefs in Deutschland anonym zu ihrer aktuellen Markteinschätzung befragt hat.
Für die Befragten ist klar: Ein Unternehmen, das kein valides Nachhaltigkeitskonzept vorlegen kann, wird nicht langfristig am Markt Erfolg haben können. Als Hype, der ohne Auswirkungen vorübergehen wird, sieht lediglich eine Minderheit von 8 Prozent der Teilnehmer das Thema Nachhaltigkeit.
Allerdings spielen Vorgaben von höheren Stellen offenbar eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Nachhaltigkeitsziele in den Unternehmen auch zu verankern: 45 Prozent der Befragten stimmen tendenziell zu, dass regulatorische Anforderungen der Hauptgrund für die Integration von Nachhaltigkeit in die Geschäftsmodelle seien.
CFOs setzen langfristig auf Nachhaltigkeit
Auch die langfristigen Erfolgsaussichten sind für die Befragten eine Motivation, sich mit ESG, Green Finance und Nachhaltigkeit zu befassen. Drei Viertel stimmen voll oder tendenziell der These zu, dass ein Unternehmen in fünf bis zehn Jahren nicht mehr konkurrenzfähig sein werde, wenn es sich weigere, jetzt Nachhaltigkeitsinitiativen in Betracht zu ziehen. Bei einem Zeithorizont von mehr als zehn Jahren sehen sogar über 90 Prozent der Befragten in das Geschäftsmodell integrierte Nachhaltigkeitsinitiativen als grundlegend für den Geschäftserfolg an. Mehr als drei Viertel stimmen der Aussage zu, Nachhaltigkeit werde in ihrem Hause zunehmend als Werttreiber gesehen.
Auch auf die Arbeitsbereiche der Finanzchefs hat das Auswirkungen: Sieben von zehn Teilnehmern berichten, dass von der Finanzabteilung immer häufiger die Berichterstattung über nicht-finanzielle Kennzahlen gefordert werde. Ähnlich viele sehen es als CFO-Aufgabe, die Performance von Nachhaltigkeitsinitiativen zu überwachen, indem diese in das Steuerungsmodell integriert werden.
Allerdings sehen sich die Finanzchefs nicht allein in der Verantwortung. Mehr als drei Viertel widersprechen der These, dass die Verantwortung für Berichterstattung, Kontrolle, Steuerung und Überwachung von Nachhaltigkeitsinitiativen ausschließlich der Finanzfunktion obliegen sollte.
Nachhaltigkeitsschub durch Coronakrise?
Neben der Nachhaltigkeit ist auch die Digitalisierung zu einem Dauerthema für viele CFOs geworden, auch wenn konkrete Projekte im Arbeitsalltag derzeit aufgrund der Coronakrise weniger präsent sind. Die Digitalisierung des Geschäftsmodells hatte in der der Krisenphase für nur noch 14 Prozent hohe Priorität – gegenüber 23 Prozent im vergangenen Herbst.
Auch die Digitalisierung von Prozessen in der Finanzabteilung rückt mit 15 Prozent in der Prioritätenliste in den Hintergrund (Herbst: 25 Prozent). „Diese eher wachstums- und optimierungsbezogenen Bereiche stehen derzeit in fast allen Unternehmen hintenan“, berichtet Achim Wenning, Partner im Competence Center „CFO Strategy & Organization“ bei Horváth & Partners.
Er geht jedoch davon aus, dass Digitalisierungsprojekte schon bald wieder an Bedeutung gewinnen werden. Der Grund: „Sie können den Unternehmen helfen, bestimmte Prozesse nachhaltig effizienter und kostengünstiger zu bewältigen.“ Ein Beispiel dafür ist aus seiner Sicht die Szenarioplanung. „Die Annahmen regelmäßig zu überprüfen und anzupassen fällt jenen CFOs deutlich leichter, die bereits Erfahrung mit Advanced Analytics und Big Data haben“, sagt Wenning.
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Laut Kai Grönke, Partner im Competence Center Controlling & Finance von Horváth & Partners, könnten die Krisenerfahrungen ganz alltägliche Arbeitsformen auf Dauer verändern. „Viele Meetings, für die in der Vergangenheit ganz selbstverständlich Dienstreisen gebucht wurden, lassen sich beispielsweise problemlos ins Web verlagern“, sagt er.
Zudem sammelten viele Unternehmen seit Wochen Erfahrung mit der Arbeit im Home Office. „Meine Hoffnung ist, dass wir diese stärker digitalisierten Arbeitsprozesse auch nach der ersten Krisenphase beibehalten und ausbauen werden, wo es sinnvoll ist“, sagt Grönke. Dies zahle dann auch auf das Unternehmensziel der Nachhaltigkeit ein.