FINANCE: Herr Garrison, Unitymedia Kabel BW hat im vergangenen Jahr drei Hochzinsanleihen begeben und jetzt im Januar schon wieder die nächste. Wollen Sie sich künftig verstärkt über den Kapitalmarkt finanzieren?
Jon Garrison: Man kann nicht unbedingt sagen, dass sich unser Verhältnis zum Kapitalmarkt verschiebt, weil wir dort schon präsent sind und ein gutes Standing haben. Wir haben circa 5,2 Milliarden Euro an Fremdkapital in unserer Bilanz, bestehend aus Anleihen. Unsere Muttergesellschaft Liberty Global inklusive der Töchter UPC, Telenet und Unitymedia Kabel BW ist einer der größten Emittenten im Non-Investmentgradebereich weltweit. Die Fremdkapitalfinanzierung von Liberty beträgt über 20 Milliarden US-Dollar und stammt zu einem guten Teil aus Anleihen.
Ja, wir hatten zwei Bewegründe, warum wir in den vergangenen Wochen und Monaten den Kapitalmarkt angezapft haben. Zum einen ist es tatsächlich die niedrigere Verzinsung, zum anderen eine Verbesserung unseres Fälligkeitenprofils. Bei unserer im Januar platzierten Anleihe konnten wir für eine zehnjährige Laufzeit einen Kupon von 5,125 Prozent erzielen. Von 2009 bis 2011 mussten wir Kupons zwischen 7,5 und 9,625 Prozent akzeptieren. Die jetzt teilrefinanzierte Anleihe hatte eine Verzinsung von 8,125 Prozent und wäre bis 2017 gelaufen. Obwohl wir eine Prämie für die Ziehung der Call-Option bezahlen mussten, fahren wir langfristig günstiger und haben noch unser Fälligkeitenprofil bis 2023 verlängert.
Welche Summe können Sie durch die Ablösung der alten Anleihen sparen?
Insgesamt sparen wir durch die niedrigeren Kupons etwa zwischen 40 Millionen Euro und 50 Millionen Euro jährlich vor Einmalkosten.
Unitymedia Kabel BW will Netzkapazitäten ausbauen und investieren. Hat der Konzern überhaupt Potential, seine Verschuldung zu senken?
Wir verfolgen eine Strategie, wo Wachstum und Fremdkapital kein Widerspruch sind und sind deshalb auch nicht darauf bedacht, unsere Schulden so schnell wie möglich zurückzuführen. Uns hilft unser gleichmäßiger und starker Cashflow, von dem wir viel direkt in unser operatives Geschäft investieren, in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres zum Beispiel immerhin 27 Prozent des Umsatzes.
Gibt es einen Zielwert bei Nettoverschuldung zu EBITDA und wie hoch ist er?
Bei den vorrangig besicherten Verbindlichkeiten darf der Wert bei maximal dem vierfachen von Nettoverschuldung zu Adjusted EBITDA liegen, bei den nachrangigen liegt der Leverage maximal beim fünffachen Adjusted EBITDA. Wie sie wissen, kaufte Liberty Global im November 2009 Unitymedia in Deutschland. Damals lag der Leverage beim über sechsfachen EBITDA. Heute nicht mehr: Innerhalb von zwei Jahren haben wir die Relation auf unter 5 deutlich gesenkt und seitdem weiteres Fremdkapital aufgenommen und sind immer noch unter 5.
Unitymedia wird von S&P mit B+ und von Moody’s mit B1 bewertet und liegt damit weit im Non-Investmentgradebereich. Fühlen Sie sich damit richtig beurteilt?
Die Ratingagenturen sind unabhängig und haben eigene Modelle. Die Ratings reflektieren unseren Leverage. Aber weder unsere Bonitätsnoten noch unser Verschuldungsgrad ist untypisch für unsere Branche. Wir haben ein vorhersehbares Geschäftsmodell und ein ausgeglichenes Fälligkeitenprofil mit durchschnittlichen Restlaufzeiten von acht Jahren. Wir sehen daher keine besonderen Risiken in der Bilanz.
Wie arbeiten Sie mit den CFOs der Muttergesellschaft Liberty Global und der Schwestergesellschaften UPC und Telenet zusammen?
Die Berichtslinien sind relativ gleich. Wir interagieren mit unseren Schwestergesellschaften UPC und Telenet, an der Liberty die Mehrheit hält, und profitieren gegenseitig bei der Analyse und Bewertung unseres Geschäfts. In der Finanzierung halten wir uns an die Richtlinien von Liberty Global und werden auch vom Group Treasury in London und Amsterdam unterstützt. Unsere Finanzierung wird damit über unsere Muttergesellschaft zwar gesteuert, aber wir als Unitymedia Kabel BW können gegenüber den anderen Tochtergesellschaften dennoch recht unabhängig agieren, da wir in Deutschland innerhalb der Liberty-Gruppe einen eigenständigen sogenannten „Credit Pool“ bilden.
Wie ist das Treasury von Unitymedia Kabel BW in das der Liberty-Gruppe eingebunden?
Wir bei Unitymedia Kabel BW haben ein eigenes kleines Treasury-Team, das sich um die Liquiditätsplanung und das Cash Management kümmert.
Welche Herausforderungen sehen Sie in diesem Jahr?
Wir wollen weiterhin eine komfortable Bilanz behalten und gleichzeitig investieren, um unsere Wachstumsstrategie weiter verfolgen zu können und uns gegenüber dem Wettbewerb behaupten.
Info
Jon Garrison ist Vice President Accounting und Co-CFO bei Unitymedia Kabel BW. Er verantwortet bei dem deutschen Kabelnetzbetreiber die Bereiche Rechnungswesen, Steuern, Treasury, Investor Relations sowie Unternehmensentwicklung und Compliance. Vor seiner Position bei Unitymedia war Garrison als Vice President Technical Accounting bei Liberty Global Europe (LGE) tätig. Hier verantwortete er für ganz Europa die Einhaltung der Bilanzierungsgrundsätze und unterstützte Due Diligence Projekte, die Strukturierung von Transaktionen und die finanzielle Integration von Akquisitionen. Bevor Garrison im Jahr 2005 zu Liberty Global Europe wechselte, war er Wirtschaftsprüfer bei einer der Top Vier der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften weltweit.
Sabine Paulus ist seit 2008 Redakteurin beim Fachmagazin FINANCE und der Online-Publikation DerTreasurer. Ihre Themenschwerpunkte sind Personal, Organisation, Karriere und Finanzierung. Sie ist M.A. und hat an der Universität Konstanz unter anderem das Hauptfach Deutsche Literatur studiert.