Privatinvestor kauft Schuhhändler Görtz
Die Schuhhandelskette Görtz hat eine Zukunft. Das Unternehmen hat einen Geldgeber gefunden, der bereit ist, neues Kapital in den angeschlagenen Modehändler zu investieren. „Nach einem intensiven Investorenprozess und umfangreichen Gesprächen mit zahlreichen Interessenten hat sich der vorläufige Gläubigerausschuss für einen langfristig orientierten Privatinvestor mit Hamburger Wurzeln entschieden“, teilte das Unternehmen mit. Der Name des Investors ist bisher nicht bekannt.
Görtz hatte im September 2022 Insolvenz in Eigenverwaltung für drei Tochtergesellschaften angemeldet, die Mutter musste unter den Schutzschirm. Grund für die Sanierung waren damals deutliche Umsatzrückgänge gewesen.
Im Zuge des Eigentümerwechsels und des Endes der Sanierung wurden rund die Hälfte der Niederlassungen geschlossen, Görtz wird nach Unternehmensangaben künftig mit rund 80 Filialen in Deutschland und Österreich vertreten sein. CEO Frank Revermann und CFO Tobias Volgman werden weiterhin das Unternehmen führen.
Als Generalbevollmächtigter des Schutzschirmverfahrens der Muttergesellschaft war Sebastian Knapp (PwC Legal) tätig, als Generalbevollmächtigte für die beiden Kerngesellschaften Görtz Retail und Görtz Logistik in Eigenverwaltung waren Lorenzo Matthaei und Robert Jödicke (beide Finkenhof) tätig. Sachwalter war Sven-Holger Undritz von der Kanzlei White & Case.
Bieterprozess um Frankfurt-Hahn wiedereröffnet
Das Tauziehen um den insolventen Flughafen Frankfurt-Hahn geht weiter: Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner (Brinkmann & Partner) hat Anfang vergangener Woche den Investorenprozess für den Flughafen wieder geöffnet. Damit lädt Plathner weitere Bieter ein, ihre Angebote einzureichen. Die Frist zur Abgabe von Angeboten ist der 9. März, zum 26. März soll dann alles unter Dach und Fach sein. Hintergrund dessen, dass Plathner den Prozess wieder öffnet, ist, dass die Gläubiger noch keinem der bisherigen zwei Käufer – der russischen NR Holding und der Mainzer Unternehmensgruppe Richter – zugestimmt haben. Das Fachmagazin „LTO“ berichtet, dass die beiden potentiellen Käufer am vergangenen Montag auf den Schritt des Insolvenzverwalters reagiert haben und rechtliche Maßnahmen gegen die erneute Eröffnung des Investorenprozesses prüfen.
Plathner erhofft sich nun scheinbar neue, höhere Gebote oder zumindest Alternativen zu den beiden bisherigen Angeboten. Relativ sicher ist, dass die NR Holding, hinter der der russische Oligarch Viktor Charitonin steckt, nicht die Mehrheit an dem Flughafen übernehmen wird. Die Holding hatte selbst kürzlich bekannt gegeben, dass sie nur noch eine Beteiligung an dem Flughafen von unter 25 Prozent anstrebe.
Selbst diese Beteiligung ist aber unsicher, da das Bundeswirtschaftsministerium noch nicht entschieden hat, ob der Flughafen Frankfurt-Hahn zur kritischen Infrastruktur in Deutschland zählt. Wäre dies der Fall, könnte das Bundeswirtschaftsministerium den Kauf untersagen. Laut Informationen der „Rheinischen Post“ betrachtet zumindest das SPD-geführte Innenministerium den Flughafen nicht als kritische Infrastruktur.
Neben den beiden bisherigen Investoren, die schon die Kaufverträge für Hahn unterschrieben haben, ist mittlerweile ein weiterer Bieter bekannt. Es handelt sich dabei laut Informationen von Dpa und SWR um den türkischen Flughafenbetreiber YDA. YDA habe einen Finanzierungsnachweis für einen Einstieg beim Airport Hahn vorgelegt und neue Investitionen in den Flughafen in Aussicht gestellt.
Phönix aus der Asche: Bonita-Geschäft wieder gesund
Das Modeunternehmen Bonita ist wieder auf Erfolgskurs. Gegenüber 2021 konnte Bonita seinen Umsatz 2022 um 36 Prozent auf 120 Millionen Euro steigern. Damit liegt Bonita sogar leicht über dem Umsatz des Vor-Corona-Jahres 2019. Das Unternehmen für Damenoberbekleidung konnte dabei sowohl in den eigenen Filialen als auch bei Handelspartnern stark steigen. Zudem verdoppelte Bonita den Umsatz im E-Commerce innerhalb eines Jahres.
Die Wende kommt etwas überraschend, da die ehemalige Tom-Tailor-Tochter Bonita 2020 Insolvenz anmelden und viele Filialen hatte schließen müssen. 2017 hatte das Unternehmen noch 950 eigene Retail-Geschäfte gehabt, 2020 waren es nur noch 450. Der Turnaround folgte dann ab Dezember 2020 durch einen Management-Buy-out, bei dem der Bonita-Chef Karsten Oberheide das Unternehmen übernahm.
Im März 2021 konnte Bonita dann schließlich die Insolvenz verlassen. Gegenüber dem „Handelsblatt“ sagte Bonita-Chef Oberheide, der erfolgreiche Turnaround sei auch auf die Rückbesinnung auf die frühere Zielgruppe des Unternehmens zurückzuführen. „Viele Händler und Marken haben den Fehler gemacht, die anspruchsvolle Kundin ab 60 Jahren aus dem Blick zu verlieren. Das ist eine völlig unterschätzte Zielgruppe.“
Weitere Insolvenz- und Sanierungsverfahren
Der Automobilzulieferer Frimo Group ist insolvent. Der Werkzeug- und Anlagenhersteller hat vor zwei Wochen Insolvenz angemeldet. Als Gründe gibt die Gruppe die Absatz- und Lieferkrise der Automobilindustrie sowie die Explosion bei den Kosten für Rohstoffe und Energie an. Auslandstöchter von Frimo seien von der Insolvenz nicht unmittelbar betroffen. Laut dem vorläufigen Insolvenzverwalter Stefan Meyer (Pluta) sei man auf der Suche nach einem Käufer für das Unternehmen. Frimo beschäftigt rund 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und hat in 2022 einen Umsatz von 160 Millionen Euro erwirtschaftet.
Die Bio-Supermarktkette Basic muss in die Eigenverwaltung. Das Unternehmen befand sich seit Dezember vergangenen Jahres in einem Schutzschirmverfahren. Laut dem Unternehmen bleiben alle Filialen geöffnet und alle 520 Mitarbeiter werden weiterbeschäftigt. Basic ist derzeit auf der Suche nach einem Investor, als Sachwalter agiert Christian Gerloff (Gerloff Liebler Rechtsanwälte). Generalbevollmächtigter ist Paul Abel (Wellensiek).
Für den Küchenhersteller Küchen Quelle ist nach wie vor kein Investor gefunden. Laut dem vorläufigen Insolvenzverwalter Patrick Meyerle (Pluta) planen die verbliebenen Interessenten kein Investment bei dem Unternehmen. Das Insolvenzverfahren soll in Kürze eröffnet werden. Für die rund 300 Beschäftigten läuft das Insolvenzgeld bis Ende Februar, da Insolvenzverwalter Meyerle entschieden hatte, den Insolvenzgeldzeitraum rollieren zu lassen. Weil es bislang keinen Investor gibt, muss den Mitarbeitern aus rechtlichen Gründen mit einer Frist von maximal drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden.
Phönx Armaturen-Werke hat Insolvenz angemeldet. Der Hersteller von Industriearmaturen gibt an, dass drastischen Kostensteigerungen beim Materialeinkauf und der Logistik, die durch die weltweiten Lieferkettenprobleme und des Ukraine-Krieges entstanden seien, zu der Insolvenz geführt hätten. Nun sucht das 160 Mitarbeiter starke Unternehmen mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter Stephan Strumpf (Finkenhof) nach einem Investor.
Clean Logistics, ein börsennotierter Hersteller von Wasserstoff-Lastwagen und -Bussen, ist insolvent. Das Unternehmen hatte noch im Dezember versucht, sich über eine Notfall-Kapitalerhöhung zu sanieren. Damals hatte Clean Logistics 2,7 Millionen neue Aktien zu einem Bezugspreis von 1,80 Euro je Aktie ausgegeben und sich dadurch frische Liquidität von bis zu 4,86 Millionen Euro erhofft. Das Unternehmen ist trotz dieses Schritts in eine Liquiditätskrise geschlittert, mit der Insolvenz will der Wasserstoff-LKW-Hersteller nun einen strategischen Investor finden. Als vorläufiger Insolvenzverwalter ist Peter-Alexander Borchardt (Möhrle Happ Luther) bestellt.
Die Restaurantkette Mongo’s mit vier Standorten in Nordrhein-Westfalen befindet sich in Insolvenz in Eigenverwaltung. Laut dem Unternehmen habe die Corona-Pandemie erhebliche Auswirkungen auf den Umsatz der Restaurants gehabt. Hinzu seien weitere Preissteigerungen gekommen, auch in Folge des Ukraine-Krieges. Als Sachwalter agiert Markus van Marwyk (Resnova), zudem wird auf Mongo’s in der Sanierung durch das Beratungshaus Thomas Uppenbrink & Collegen sowie durch den Sanierungsexperten Philipp Brück unterstützt.
Distressed M&A-Deals
Das Technologieunternehmen ASYS hat den insolventen Maschinenbauer Müko aufgekauft. ASYS den Standort Weinstadt fort und übernimmt auch die chinesische Tochtergesellschaft von Müko. Das Unternehmen firmiert künftig unter dem Namen ASYS Assembly Solutions. Müko hatte im vergangenen November aufgrund des Wegfalls zweier Großaufträge und eines Zahlungsausfalls durch die Insolvenz eines Kunden Insolvenzantrag stellen müssen. Als Insolvenzverwalter war Philipp Grub (Grub Brugger) tätig, den M&A-Prozess begleitete ein Team um Markus Fauser (Anchor).
Die Filmproduktionsfirma Collina Filmproduktion wird von einem Investor übernommen. Mit Filmproduzent Josef Brandmaier wurde ein Geldgeber gefunden, der den Geschäftsbetrieb des Unternehmens gemeinsam mit Gründer Ulrich Limmer dauerhaft fortsetzen wird. Collina ist damit nun schuldenfrei. Die Produktionsfirma hatte bereits 2018 Insolvenz anmelden müssen, ihren Geschäftsbetrieb aber im laufenden Verfahren fortsetzen können. Als Insolvenzverwalter fungierte Marc-Andre Kuhne (DKR Kuhne Dr. Raith).
Für den insolventen Online-Schuhhändler Surf4Shoes ist ein Käufer gefunden worden. Das Unternehmen wird von einer der Tochtergesellschaft von Commertunity übernommen, ein auf den Onlinehandel spezialisiertes Unternehmen. Surf4Shoes hatte im September 2022 Insolvenz anmelden müssen, als Insolvenzverwalter war Michael Pluta (Pluta) tätig gewesen. Den Investorenprozess hatte Robert Neufeld, Partner bei der Unternehmensberatung Enomyc, durchgeführt.
Die neuesten Restrukturierer-Personalien
André Schröer stößt zu der von Sven Purschen gegründeten Special-Situations-Beratungspraxis Novaerion. Beide werden die Beratung gemeinsam leiten und wollen das Unternehmen in den nächsten zwei Jahren aufbauen. Schröer kommt von der M&A-Beratung Livingston, bei der er zwölf Jahre tätig war und den Bereich Special Situations/Distressed M&A aufgebaut hatte.
Die Sanierungsberatung Wieselhuber & Partner befördert Jörg Balz. Er ist ab sofort Mitglied der Geschäftsleitung und berät vor allem Industrieunternehmen sowie den Handels- und Dienstleistungssektor. Balz kommt war zuvor als Senior Advisor bei Wieselhuber tätig, weitere Karrierestationen waren die Beratungen Enomyc, Roland Berger und KPMG.
Paul Siethoff ist Redakteur bei Finance und schreibt vorrangig über Transformations-Themen. Er hat Kommunikationswissenschaften und Journalismus in Erfurt und in Mainz studiert. Vor seiner Zeit bei FINANCE schrieb Paul Siethoff frei für die Frankfurter Rundschau für die Ressorts Wirtschaft und Politik.