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Restrukturierungs-News: Ahlers, Galeria Karstadt Kaufhof, Dorea-Gruppe

Das nächste Modeunternehmen kippt: Der Herrenausstatter Ahlers musste im April Insolvenz anmelden. Foto: THINK b – stock.adobe.com
Das nächste Modeunternehmen kippt: Der Herrenausstatter Ahlers musste im April Insolvenz anmelden. Foto: THINK b – stock.adobe.com

Ahlers: Nächstes Modeunternehmen ist insolvent

Der Herrenmodehersteller Ahlers hat Ende April einen Insolvenzantrag gestellt. Das Amtsgericht Bielefeld hat Biner Bähr und Bero-Alexander Lau von White & Case als vorläufige Insolvenzverwalter bestellt.

Konkret wurden für folgende Gesellschaften ein Insolvenzverfahren eingeleitet: Ahlers AG, Ahlers P.C. GmbH, Baldessarini GmbH, Ahlers Retail GmbH, Ahlers Vertrieb GmbH, Ahlers Zentralverwaltung GmbH (jeweils Bähr als vorläufiger Insolvenzverwalter), Pioneer Jeans-Bekleidung GmbH und Pionier Berufskleidung GmbH (jeweils Lau als vorläufiger Insolvenzverwalter). Weitere Tochtergesellschaften, insbesondere Gesellschaften im Ausland, seien von der Antragstellung nicht betroffen.

In einer ersten Stellungnahme sagt der vorläufige Insolvenzverwalter Bähr: „Unsere Priorität muss zunächst darauf liegen, im Zusammenspiel mit Mitarbeitern, Handelskunden und Lieferanten die Voraussetzungen zu schaffen, dass der Geschäftsbetrieb so reibungslos wie möglich weiterlaufen kann. Sodann wird es darum gehen, mit Hilfe eines geeigneten Investors alle Optionen auszuloten, die eine Zukunft der Gruppe als Ganzes oder einzelner Marken ermöglichen.“

Das börsennotierte Unternehmen aus Herford zählt weltweit mehr als 1.700 Mitarbeiter und erzielte im Geschäftsjahr 2021/2022 einen Gesamtumsatz von rund 170 Millionen Euro.

Galeria Karstadt Kaufhof will aus der Insolvenz raus

Der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) will ab Juni einen Neustart. Ab dann soll das Insolvenzverfahren aufgehoben werden. Galeria Karstadt Kaufhof hatte Ende Oktober 2022 zum zweiten Mal in weniger als drei Jahren das Schutzschirmverfahren angemeldet. Im Zuge des Verfahrens werden Gläubiger auf Milliardenforderungen verzichten, rund 4.000 Arbeitsplätze sollen gestrichen werden. Auch das operative Geschäft soll neu ausgerichtet werden.

Bisher gab es bei der Umsetzung des Insolvenzplans einige Turbulenzen. Bis Ende April konnte der Plan vom Gericht nicht bestätigt werden, weil zwischen dem staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF), der nach einem Darlehen für GKK rund 500 Millionen Euro abschreiben muss, und der EU-Kommission noch beihilferechtliche Fragen offen waren. Laut WSF sollen die Fragen jetzt geklärt sein. Für die Umsetzung des Insolvenzplans will die Galeria-Eigentümerin, die österreichische Signa-Gruppe, bis zu 200 Millionen Euro zur Verfügung stellen.

Teile der Dorea-Gruppe sind insolvent

Mit der Dorea-Gruppe steckt der nächste Pflegeheimbetreiber in einem Sanierungsverfahren. Das Unternehmen hat Insolvenz für 25 operative Gesellschaften der Gruppe angemeldet. Die Holding selbst muss unter den Schutzschirm. Das Unternehmen plant, die Restrukturierung bis zum Herbst 2023 abzuschließen.

Als Grund für die wirtschaftliche Krise gibt Dorea die gestiegenen Kosten für Energie, Miete und Material an. Hinzu kämen Kosten durch gestiegene Tariflöhne, die nur teilweise von den Pflegekassen refinanziert worden seien. Trotz der nun anstehenden Schutzschirm-Restrukturierung betonte CFO Volker Wentz in einer Mitteilung, Dorea sei „weder zahlungsunfähig noch überschuldet“.

Die Dorea-Gruppe ist einer der größten Pflegeheimbetreiber Deutschlands und beschäftigt rund 5.500 Mitarbeiterinnern und Mitarbeiter. Der Jahresumsatz der Gruppe lag 2022 bei 280 Millionen Euro. In der Restrukturierung wird Dorea von der Kanzlei Wellensiek begleitet.

Weitere Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Die Klingel Gruppe hat einen Insolvenzantrag in Eigenverwaltung gestellt. Neben der K-Mail Order GmbH & Co. KG, der Hauptgesellschaft des Versandhändlers, sind auch die Hamburger Tochtergesellschaften Impressionen Versand GmbH und die Schneider GmbH & Co. KG, betroffen. In den drei Unternehmen arbeiten rund 1.800 Mitarbeiter. Die weiteren Gesellschaften der Firmengruppe, die insgesamt mehr als 250 Mitarbeiter beschäftigen, sind von den Maßnahmen nicht betroffen. Zum vorläufigen Sachwalter wurde Rechtsanwalt Martin Mucha von der Kanzlei Grub Brugger bestellt. Marcus Katholing von der Restrukturierungsgesellschaft Pluta unterstützt den Multichannel-Distanzhändler seit März 2023 als Chief Restructuring Officer (CRO). Ursachen der aktuellen Lage sind laut der Klingel Gruppe die schwierigen Marktbedingungen, unter anderem bedingt durch die Konsumzurückhaltung seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs, signifikant gestiegene Kosten sowie die hohe Inflation.

Corestate, ein Immobilienentwickler aus Luxemburg, plant eine alternative Restrukturierung, die einen Schuldenschnitt von etwa 80 Prozent und personelle Änderungen im Vorstand und Aufsichtsrat vorsieht. Die Bereitstellung einer Brückenfinanzierung von 35 Millionen Euro, die bis Mitte Mai erfolgen soll, soll für kurzfristige Liquidität und Flexibilität sorgen. Im Juni soll eine weitere Gläubigerversammlung über die Reduzierung der Nominalbeträge von zwei ausstehenden Schuldverschreibungen in Höhe von insgesamt 500 Millionen Euro auf 100 Millionen Euro und eine Verlängerung ihrer Fälligkeit bis 2026 entscheiden. Die Brückenfinanzierung soll durch Schuldverschreibungen in Höhe von 37 Millionen Euro abgelöst werden.

Die LNC-Gruppe, die unter der Marke Who’s Perfect italienische Möbel verkauft, führt eine Sanierung in Eigenverwaltung durch, um das Familienunternehmen zu erhalten. Grund für die Sanierung ist nach Unternehmensangabe ein Umsatzeinbruch aufgrund andauernder Folgen der Corona-Pandemie, steigender Inflation, Verzögerungen bei Lieferketten und des Ukraine-Kriegs. Beraten wird die Gruppe von der Kanzlei Brinkmann & Partner, Rechtsanwalt Christoph Enkler unterstützt als Sanierungsgeneralbevollmächtigter und Max Liebig ist vorläufiger Sachwalter.  

Clevershuttle, ein Sammeltaxi-Anbieter, hat aufgrund eines kurzfristigen Finanzierungsstopps durch seinen Mehrheitseigner, die Deutsche Bahn, einen Insolvenzantrag stellen müssen. Die Deutsche Bahn war seit 2018 Mehrheitseigner und hielt zuletzt 86 Prozent der Anteile des Berliner Start-ups. Laut der Deutschen Bahn konnte man sich nicht auf eine gemeinsame Finanzierungslösung einigen. Clevershuttle hat jedoch angekündigt, den Fahrbetrieb vorerst fortzusetzen. Die operativen Regionalgesellschaften seien von der Insolvenz nicht betroffen. Auch die hinter der Marke Clevershuttle stehende GHT Mobility GmbH hat einen Insolvenzantrag gestellt. Das Amtsgericht Charlottenburg hat Sebastian Laboga von der Kanzlei Pluta zum vorläufigen Insolvenzverwalter berufen.

Debüt am Anleihemarkt: Der Autozulieferer Benteler hat sich erstmals am Kapitalmarkt finanziert und eine neue Darlehensfazilität in Höhe von 800 Millionen Euro sowie einen revolvierenden Kredit von 250 Millionen Euro abgeschlossen, um Liquidität in Zeiten der Transformation zu sichern. Die besicherte Anleihe hat ein Volumen von 975 Millionen Euro und soll zur Rückzahlung bestehender Verbindlichkeiten und Abschluss der vorangegangenen Restrukturierung dienen. Beraten wurden die Familiengesellschafter der Benteler Gruppe von Allen & Overy. Benteler entschied sich für die Kanzlei White & Case.

Das Ingenieurbüro Burnickl mit Sitz in der Oberpfalz ist insolvent. Das Unternehmen konnte eine entstandene Liquiditätslücke, die aus den Nachwirkungen der Corona-Pandemie und aktuellen Preissteigerungen zurückzuführen ist, nicht aus eigener Kraft schließen. Volker Böhm von der Kanzlei Schultze & Braun ist zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden und soll das Ingenieurbüro, welches sich auf die technische Generalplanung bei Immobilienprojekten spezialisiert hat, mit Hilfe einer Neuaufstellung und dem Einstieg eines neuen Partners zurück auf Kurs bringen.

Der Kosmetikproduzent Dankwardt musste aufgrund anhaltender Liquiditätsschwierigkeiten Insolvenz anmelden. Die Produktion an den beiden Standorten Norderstedt in Schleswig-Holstein und Jessenitz in Mecklenburg-Vorpommern laufe weiter. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist Christian Heim von Pluta. Für das Werk in Norderstedt führe man Gespräche mit dem bestehenden Investor, für den Standort Jessenitz seien ein strukturierter M&A-Prozess und Gespräche mit Interessenten geplant, teilt Pluta-Anwalt Heim mit. Die Voraussetzungen für die kommenden Wochen seien positiv, das Unternehmen verfüge über eine gute Auftragslage, so heißt es von Unternehmensseite.

Tubesolar droht die Insolvenz: Wie das Unternehmen mitteilt, hält der Vorstand des Augsburger Solarmodulherstellers eine positive Fortführung des Unternehmens nicht mehr für überwiegend wahrscheinlich. In den vergangenen Wochen wurden eigenen Angaben zufolge Gespräche mit potentiellen Investoren über eine kurzfristige Bereitstellung zusätzlicher Finanzierungsmittel geführt – offenbar ohne Erfolg. Sofern es nun weiterhin nicht gelingt, Finanzmittel an Land zu ziehen, wird Tubesolar voraussichtlich Ende Mai Insolvenz anmelden müssen.

Der FC Rot-Weiß Erfurt hat einen neuen Insolvenzverwalter: Olaf Spiekermann von der Kanzlei Brinkmann & Partner übernimmt. Der bisherige Insolvenzverwalter wurde nach einer auf Antrag mehrerer Gläubiger anberaumten außerordentlichen Gläubigerversammlung von seinem Amt befreit. Spiekermann habe nun zu seinem Vorgänger Kontakt aufgenommen, um die Verfahrensunterlagen zu erhalten. Oberstes Ziel des Rechtsanwaltes sei es, zunächst sämtliche Lizenzen zu sichern, so dass der aktuelle Spielbetrieb ungefährdet voranschreiten kann. Anschließend kümmert er sich um die Aufarbeitung sämtlicher Geschehnisse im Insolvenzverfahren, so Spiekermann.  

Nach dem Automobilzulieferer Leoni saniert sich auch der Modekonzern Gerry Weber über das Starug. Teil der Sanierung soll ein vollständiger Kapitalschnitt sein, der zum „kompensationslosen Ausscheiden der derzeitigen Aktionäre aus der Gesellschaft“ führen würde, so das Unternehmen. Mit dem Schritt würde auch die Börsennotierung von Gerry Weber enden. Zudem muss die Tochtergesellschaft Gerry Weber Retail in Insolvenz in Eigenverwaltung. Weitere Töchter seien nicht betroffen. Dirk Reichert unterstützt das Management des Modehauses als CRO, in der Eigenverwaltung ist Christian Gerloff (Gerloff Liebler) als Sanierungsgeschäftsführer in die Geschäftsführung der Retail-Tochter eingetreten.

Distressed M&A-Deals

Enginius Tec übernimmt einige Assets der insolventen Clean Logistics Tochtergesellschaften aus Winsen. Es geht um Assets aus dem Bereich Entwicklung – Xpanse Powertrain, Clean Logistics Technology und E-Cap Mobility. Insolvenzverwalter Peter-Alexander Borchardt von der Kanzlei Reimer konnte die operativen Gesellschaften von Clean Logistics erfolgreich veräußern und wird nun den Betrieb der Muttergesellschaft abwickeln. Clean Logistic entwickelt wasserstoffbasierte Antriebe für Nutzfahrzeuge und stellte im März diesen Jahres Insolvenzantrag.

Weitere Restrukturierungen und Branchen-News

Der Anbieter für maritime Kommunikation Aeromaritime Systembau hat eine Finanzierungslösung gefunden. Nachdem die Bayern die Finanzierung internationaler Aufträge über einen regulären Bankkredit kurzfristig nicht realisieren konnten, wickelten sie mit Maturus Finance eine objektbasierte Spezialfinanzierung (Asset Based Credit) ab. Der alternative Finanzierer arrangierte eine Finanzierung im „mittleren siebenstelligen Bereich“. Als Sicherheit im Rahmen des arrangierten Asset Based Credits dient die lastenfreie Betriebsimmobilie von Aeromaritime Systembau in Neufahrn. Die zwei Darlehenstranchen mit Laufzeiten von jeweils zwölf Monaten dienen dazu, die zunehmenden internationalen Auftragseingänge des Unternehmens zu realisieren und vorzufinanzieren.

Im Fall des Kapitalanlagenbetrugs um das Unternehmen Alphapool gibt es Neuigkeiten für die Gläubiger. Diese erhalten laut Insolvenzverwalter Rüdiger Bauch (Schultze & Braun) knapp 20 Prozent Insolvenzquote, teilte Bauch im April mit. Nach der strafrechtlichen sei nun auch die zivilrechtliche Aufarbeitung des Falls abgeschlossen, so der Insolvenzverwalter. Er war mit dem Start des Verfahrens im Jahr 2015 zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Die Gläubiger erhalten insgesamt einen Betrag von 1,9 Millionen Euro, dem gegenüber hatten Forderungen in Höhe von knapp 9 Millionen Euro gestanden. „Das entspricht einer Quote von 19,6 Prozent und liegt damit deutlich über den üblichen Insolvenzquoten, die Gläubiger in derartigen Verfahren üblicherweise erhalten“, sagte Bauch in einer Mitteilung.

Info

Hannah Weimann ist Redakteurin bei FINANCE. Sie hat in Mainz Wirtschaftsrecht mit internationalem Schwerpunkt studiert. Während ihres Studiums hat sie bereits in verschiedenen Kanzleien im Bereich Medienrecht und Gesellschaftsrecht sowie in der Compliance-Abteilung eines Finanzinstituts gearbeitet. Vor ihrer Zeit bei FINANCE hospitierte Hannah Weimann in der Lokalredaktion der Allgemeinen Zeitung Mainz. 

Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalisten für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.