In unserem dritten Teil der CFO-Lehren aus der Coronakrise werfen wir einen Blick auf die Prozesse im Accounting. Hier sind vor allem Vorgänge, die noch nicht automatisiert sind, negativ aufgefallen.
Laut Stephan Grunwald, Partner der Managementberatung 4C Group, ist jedoch nicht jede Accounting-Abteilung gleich: „Es gibt die fortschrittlichen Buchhaltungen, zum Beispiel mit Shared Service Centern, und die eher konservativen, deren Schwächen Corona jetzt verdeutlichte.“ Dabei würde die konservative Buchhaltung – die es noch in vielen Unternehmen gibt – vor allem im Bereich Digitalisierung hinterherhinken.
Verbesserungsbedarf bei E-Invoicing und E-Signatur
Das Problem: „Auch das Accounting musste in den meisten Unternehmen kurzfristig ins Homeoffice wechseln, und da fiel auf, dass viele noch einen papierbasierten Workflow haben. Das heißt, dass Belege, Dokumente und vor allem Ein- sowie Ausgangsrechnungen erstmal gar nicht greifbar waren“, berichtet Grunwald. So mussten diese ganzen Dokumente zunächst einmal digitalisiert werden – was in Zeiten von Corona und Ausgangsbeschränkungen ebenfalls herausfordernd war. Besser sei es da Abteilungen ergangen, die schon vor Corona vieles digitalisiert hatten und E-Invoicing nutzten: „Diese konnten wesentlich schneller, unproblematischer und effizienter arbeiten“, glaubt der Berater.
Doch wie sollen Accounting-Abteilungen jetzt noch möglichst schnell alle Unterlagen digitalisieren? Es würde zunächst ausreichen, gestaffelt vorzugehen, so der Tipp von Grunwald. „Die Buchhaltung könnte sich zum Beispiel zuerst die Eingangsrechnungen vornehmen. Diese müssten dann eingescannt und als PDF auf einen Server übermittelt werden. Danach könnten dann die Ausgangsrechnungen folgen“, erklärt er. Auch könnte die Buchhaltung die Lieferanten auffordern, Rechnungen nur noch als PDF an eine Abteilungs-eMail-Adresse zu schicken. In jedem Falle steht für den Berater fest: „Das Coronavirus hat dem Thema definitiv einen Schub gegeben.“
Accounting sollte an Datenqualität arbeiten
Weiterhin fielen laut Grunwald Accounting-Abteilungen negativ auf, die noch keine elektronischen Unterschriften eingeführt haben und denen die entsprechenden Zertifikate fehlen. „Viele Abteilungen arbeiten nur mit physischer Unterschrift. Wenn die Mitarbeiter aber dezentral arbeiten müssen oder wollen, können sie gegebenenfalls Prozesse nicht ausführen, weil die Unterschrift fehlt.“
Eine weitere Baustelle: Häufig hapert es an der Datengrundlage. „Die Buchhaltung ist der zentrale Informationsdienst für Liquiditäts- und Kostenmanagement. Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass saubere Stammdaten vorliegen. Ist es aber nicht immer“, warnt der Berater. Besonders deutlich sei das in der Krise geworden, als sich die Liquiditätslage verschärfte und Buchhalter eigentlich alle Daten schnell und aktuell vorlegen mussten. „Wenn diese Dokumente aber nicht zentral aus einer Quelle kommen und die Informationen erst aus anderen Abteilungen zugeliefert werden, verzögern sich der dringend benötigte Cash-Überblick und sogar die Rechnungsstellung.“
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Es biete sich auch an, ein zentrales Eingangsrechnungsbuch und ein Bestellobligo zu nutzen, in dem alle Daten aus einer Quelle verfügbar gemacht werden. „So vermeiden Unternehmen weitere Quellen und eine Belastung für die Buchhaltung durch notwendige Datenvalidierung und Abstimmung. Auf diese Basis könnte dann auch das Controlling, das Treasury oder der CFO zugreifen.“
„Klassische Rechnungsdaten für Eingangsrechnungen oder Work-in-Progress Berechnungen kommen häufig zu spät.“
Fritz Neumann, Partner bei der Managementberatung Bearingpoint, findet ebenfalls, dass das Accounting noch Nachholbedarf in Punkto Datengrundlage hat. Die Daten würden meist auf Monatsabschlüssen basieren. „Besser ist es aber, wenn sie in Echtzeit vorliegen. Das hilft den CFOs bei ihren Entscheidungen, da die klassischen Rechnungsdaten für Eingangsrechnungen oder Work-in-Progress-Berechnungen häufig zu spät kommen.“ Stephan Grunwald von der 4C Group hält Echtzeit-Daten jedoch nicht für unbedingt notwendig. „Wichtig ist, dass ein Zeitpunkt festgelegt wird, zu dem alle Klarstand melden – alle paar Tage reicht meistens schon. Es kommt natürlich immer darauf an, wie heikel die Lage im Unternehmen ist.“
Weg von Monatsabschlüssen
Neumann von Bearingpoint rät zudem, dass Monatsabschlüsse in einer Krise und darüber hinaus entzerrt werden sollten. „Anstatt sich auf den Monatsabschluss zu konzentrieren, sollten Buchhalter die Abschlussaktivitäten über den gesamten Monat verteilen und enger mit den vorgelagerten Prozessen des operativen Geschäfts zusammenarbeiten.“
Als letzten Punkt sieht Grunwald, dass CFOs die engere Zusammenarbeit der Abteilungen forcieren sollten. „Durch die angespannte Lage ist es nochmal wichtiger, dass die verschiedenen Bereiche der Finanzabteilung als ein Team arbeiten. Oft fehlt zum Beispiel der Austausch zwischen Treasury und Buchhaltung, obwohl das Treasury wichtige Informationen schnell benötigt und es wichtig ist, die Arbeit des anderen besser zu verstehen.“ CFOs sollten den regelmäßigen Austausch fördern und im Blick haben – in Zeiten von Corona auch über virtuelle Medien.
Info
Auch andere Abteilungen erleben durch die Coronakrise eine Transformation. Wie CFOs das in den Bereichen Planung, Reporting und Treasury am besten angehen, berichten wir in den nächsten Wochen. Den Bereich Strategie haben wir uns hier bereits angeschaut.
Was Investor Relations durch die Coronakrise gelernt hat, lesen Sie hier. Und wie CFOs in einer Krise führen sollten, erfahren Sie hier in unserem zweiten Teil der CFO-Lehren.
Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalisten für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.