Angeblicher Betrug und finanzielle Falschdarstellung zu Lasten von Gläubigern und Aktionären – mit diesen heftigen Vorwürfen hatte der britische Shortseller Fraser Perring im vergangenen Oktober den Immobilienkonzern Adler attackiert. Um seine Finanzlage zu verschleiern, habe der SDax-Konzern unter anderem den Wert seines Immobilienportfolios deutlich zu hoch ausgewiesen, behauptete Perring, der zuvor auch Wirecard und Grenke angegriffen hatte – daher seien Abschreibungen in Milliardenhöhe notwendig, so der Shortseller.
KKR-Deal spült Adler 600 Millionen Euro in die Kasse
Die Antwort des Adler-Managements: Ein Dementi und große Portfolio-Verkäufe. Wie der Konzern am heutigen Donnerstag vermeldet hat, ist nun auch der Verkauf von 14.400 Wohn- und Gewerbeeinheiten, überwiegend in mittelgroßen Städten in Ostdeutschland, an den Private-Equity-Investor KKR unter Dach und Fach. Die Bewertung des Portfolios liegt dabei mit einem Kaufpreis von 1,05 Milliarden Euro über dem Buchwert, den der Konzern zum 30. September ausgewiesen hatte, betont Adler.
Der Deal spült Adler nach eigenen Angaben einen Nettoerlös von rund 600 Millionen Euro in die Kasse. Mit dem Geld will der Konzern weitere Schulden zurückzahlen und so seinen Verschuldungsgrad (Loan-to-Value) auf unter 50 Prozent reduzieren. Gleichzeitig sieht der Immobilienkonzern in der Prämie auf den Buchwert der verkauften Immobilien einen weiteren Beleg für den inneren Wert seines Portfolios an – ein Seitenhieb in Richtung der Vorwürfe von Perring. Zuvor hatte Adler in einem weiteren Deal bereits 15.000 Wohn- und Gewerbeeinheiten an den Wettbewerber LEG Immobilien ebenfalls über Buchwert verkauft und damit einen Netto-Erlös von rund 800 Millionen Euro kassiert.
Adler erklärt Verkäufe für abgeschlossen
„Mit dieser Transaktion verfolgt die Adler Group konsequent ihre Strategie, den Wert des Unternehmens im Interesse aller Stakeholder durch beschleunigte Reduzierung des Verschuldungsgrads sowie verstärkte Fokussierung auf Wohnimmobilien in deutschen Großstädten dauerhaft zu steigern“, heißt es in der Mitteilung. Mit dem jüngsten Deal sei der geplante Verkauf von bestehenden, nicht strategiekonformen Immobilien nun weitgehend abgeschlossen, so Adler.
Bei Adler wähnt man sich mit der Nachricht über den Abschluss der Verkäufe offenbar über den Berg. Verkäufe über Buchwert und die Reduzierung des Verschuldungsgrads, der auch schon vor der Shortseller-Attacke als zu hoch kritisiert wurde – man könnte meinen, dass damit auch die Aktionäre zufriedengestellt sein müssten.
Doch der Kapitalmarkt zeigt sich von der Zuversicht bei dem Immobilienkonzern bislang nur mäßig beeindruckt. Zwar kletterte der Aktienkurs nach der Meldung des Konzerns am Morgen kurzzeitig leicht über die Marke von 12 Euro, rangiert damit jedoch weiterhin deutlich unter dem Wert vor der Shortseller-Attacke.
Adler dementiert nur oberflächlich
Ein Grund für die Skepsis der Anleger dürfte die Tastsache sein, dass das Adler-Management bislang nur oberflächlich auf die Anschuldigungen von Fraser Perring reagiert hat. So hatte die Konzernführung zwar eine ausführliche Stellungname versprochen, dann aber nur ein allgemeines Dementi gegeben und sich nur zu wenigen Punkten – und dann auch nur oberflächlich – geäußert.
Zu wesentlichen Kritikpunkten Perrings wie der umstrittenen Rolle des Investors Cevdet Caner hat sich das Adler-Management nicht geäußert. Caner selbst hat in der Zwischenzeit Anzeige erstattet und Perring in einem „Handelsblatt“-Interview, in dem er zu den Vorwürfen Stellung genommen hat, als „kriminellen Dummkopf“ bezeichnet. Vor wenigen Tagen wurde außerdem bekannt, dass Caners Ehefrau Gerda nun über 7,44 Prozent der Adler-Group-Aktien verfügt – das wirft erneut die Frage über Caners Rolle im Adler-Geflecht auf.
In seinem Bericht hatte Perring auch die Art und Weise, wie Adler den Verschuldungsgrad berechnet, infrage gestellt – auch auf dieses für Anleger wichtige Thema ist Adler bisher nicht ausführlich eingegangen.
thomas.holzamer[at]finance-magazin.de
Thomas Holzamer ist Redakteur bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Banken-Sektor, speziell das Firmenkundengeschäft. Er hat Politikwissenschaften an der Technischen Universität Darmstadt studiert. Vor FINANCE arbeitete Thomas Holzamer mehr als 12 Jahre in den Redaktionen der Mediengruppe Offenbach-Post, zunächst als verantwortlicher Redakteur für Sonderpublikationen, später im Lokalen.