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Vapiano-Krise eskaliert weiter

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Vapiano kommt nicht zur Ruhe: Die Kölner Restaurantkette kämpft im ersten Halbjahr mit einem immer größer werdenden Schuldenberg und fehlenden Erträgen.
Vapiano

Weiter steigende Schulden, schmelzende Margen, kaum noch Eigenkapital und noch dazu ein Übergreifen der Krise auf die Herzkammer des Unternehmens: Die heute vorgelegten neuen Geschäftszahlen der Restaurantkette Vapiano zeigen eine weitere Verschärfung der Krise.

Zu einer immer größeren Bedrohung entwickelt sich die Finanzlage: In den ersten sechs Monaten kletterten die Nettofinanzschulden um weitere 15 Prozent auf fast 200 Millionen Euro. Gemessen am angepeilten bereinigten Ebitda von 20 bis 25 Millionen Euro, das die Restaurantkette in diesem Jahr erreichen will, entspricht das einem Leverage von 8 bis 10x. Nach dem neuen Bilanzierungsstandard IFRS 16, der auch Leasingverbindlichkeiten berücksichtigt, türmen sich in der Vapiano-Bilanz inzwischen sogar Nettofinanzschulden von 470 Millionen Euro auf.

Die roten Zahlen und die steigenden Schulden fressen das Eigenkapital auf. Dieses ist im ersten Halbjahr 2019 um rund drei Viertel auf nur noch 11,9 Millionen Euro geschrumpft. Dies entspricht einer Eigenkapitalquote von 5 Prozent. Nach Anwendung von IFRS 16 sind es gar nur noch 2 Prozent. Damit ist die Not-Finanzspritze von 30 Millionen Euro, die Vapiano erst im Mai erhalten hatte, schon wieder weitgehend verbrannt.

Deutschlandgeschäft von Vapiano schrumpft

Hoffnungen auf eine bevorstehende Besserung der Lage wecken die Halbjahreszahlen nicht: Zwar stieg der Konzernumsatz im ersten Halbjahr um 12 Prozent auf 196,6 Millionen Euro. Doch dieser Anstieg resultiert allein aus neu eröffneten und übernommenen Restaurants. Und diese haben die Erwartungen nicht erfüllt, gibt Vapiano zu.

Auf vergleichbarer Fläche hingegen schrumpfte der Umsatz um 3,2 Prozent. Auch in Deutschland kehren mehr und mehr Kunden Vapiano den Rücken, hier schrumpfte der Like-for-like-Umsatz im zweiten Quartal sogar um 3,7 Prozent. Im gleichen Vorjahreszeitraum zeigte das Deutschlandgeschäft erst Rückgänge von 1,4 Prozent. Damit hat die Krise, die zuerst in Randmärkten wie Skandinavien begonnen hatte, jetzt auch das Stammgeschäft in Deutschland erreicht. In ihrem Kernmarkt erwirtschaftet die Restaurantkette rund 37 Prozent ihrer gesamten Umsätze, der Gewinnbeitrag ist noch höher.

Nettoverlust fast 20 Prozent vom Umsatz

Die schrumpfenden Umsätze drohen nun auch die letzten Reste, die an Marge noch geblieben sind, zu vernichten: Die bereinigte Ebitda-Marge lag im ersten Halbjahr nur noch bei 3,9 Prozent. Im Vorjahreszeitraum konnte Vapiano immerhin noch 8 Prozent Marge verzeichnen. Diese Negativentwicklung sickert durch die gesamte GuV hindurch. Der Periodenverlust beträgt 34,3 Milionen Euro – das ist doppelt so viel wie im Vorjahr und fast 20 Prozent vom Umsatz.

Die neue Vapiano-Chefin Vanessa Hall, die aus dem Aufsichtsrat an die Konzernspitze rücken musste, weil ihr Vorgänger schon nach neun Monaten das Handtuch warf, macht keinen Hehl aus der Lage der Restaurantkette: „Die Zeit, die in die Umstrukturierung des Unternehmens investiert wurde, sowie die damit verbundenen Kosten haben die Gesellschaft von ihren wesentlichen Aufgaben abgelenkt.“

Sie und CFO Lutz Scharpe wollen nun alles Augenmerk darauf legen, die gravierenden Schwächen im operativen Tagesgeschäft abzustellen. Dies haben sie zu ihrer Top-Priorität erklärt, nachdem Scharpe mit der arrangierten Notfinanzierung die Insolvenzgefahr zumindest kurzfristig bannen konnte.

FINANCE-Köpfe

Lutz Scharpe, Vapiano SE

Lutz Scharpe beginnt seine berufliche Laufbahn 1990 bei der Commerzbank in Düsseldorf mit einer Ausbildung zum Bankkaufmann, zwischen 1994 und 1997 folgt ein Trainee-Programm im Bereich Firmenkundenbetreuung. Nach seinem BWL-Studium ist Scharpe 1998 bei Mannesmann als Manager im Bereich Corporate Finance tätig. Im Jahr 2000 gründet er die Investor-Relations- und Kommunikationsberatung IR.on mit, wo er bis 2003 den Posten des Finanzchefs übernimmt.

2003 wechselt Scharpe zur Deutschen Lufthansa. Dort ist er in verschiedenen Positionen tätig, unter anderem als Director Controlling Solutions & M&A bei der Tochter LSG Lufthansa Service, als Director Merger & Acquisitions für den Mutterkonzern und als Finanzchef Nord- und Osteuropa für LSG Sky Chefs Denmark in Kopenhagen. Im Jahr 2010 steigt er zum Europa-CFO der LSG Sky Chefs Europe in London auf. Im Dezember 2015 übernimmt er den Posten als Finanzvorstand bei der Restaurantkette Vapiano, die er im Juni 2017 an die Börse bringt.

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CFO Scharpe tritt auf die Investitionsbremse

Doch einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es: Im zweiten Quartal konnte Vapiano zumindest in eine stabile Seitenlage gebracht werden. Der Großteil der Einbrüche geht auf Kosten des katastrophalen ersten Quartals, im zweiten Quartal gab die bereinigte Ebitda-Marge nur noch leicht von 5,3 auf 4,5 Prozent nach. Damit lag sie höher als im ersten Quartal. Wäre der Verkauf des defizitären US-Geschäfts nicht geplatzt, hätte die Marge über 5 Prozent gelegen.

Auch der operative Cashflow war im ersten Halbjahr vor Anwendung von IFRS 16 mit 3,2 Millionen Euro immerhin noch positiv, wenn auch weniger als halb so hoch wie im Vorjahr (7,4 Millionen Euro). Die Ausgaben für Investitionen kürzte Scharpe von 33,9 auf 21,7 Millionen Euro.

Doch der Weg hin zu den versprochenen Zielen, im nächsten Jahr free-cashflow-positiv zu werden und ab 2021 wieder Gewinne zu erwirtschaften, ist für Vapiano weiter denn je. Die Aktie notiert mit Kursen um 5 Euro fast 60 Prozent niedriger als vor einem Jahr und in der Nähe ihres Allzeittiefs.

olivia.harder[at]finance-magazin.de

»Das Eigenkapital ist eine Herausforderung« (04/2019)

Hohe Schulden, geringes Eigenkapital, sinkende Gästezahlen: Zwei Jahre nach dem Börsengang steckt die Restaurantkette Vapiano in der Krise. Von der Wachstumsstory, die Vapiano beim IPO erzählt hat, ist die jüngste Entwicklung weit entfernt. (1,99 € zzgl. MwSt.).

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Info

Nach dem Börsengang kam die Talfahrt: Eine zu aggressive Wachstumsstrategie ließ Vapiano von einer Krise in die nächste rutschen. Jetzt kämpft die Restaurantkette ums Überleben. Mehr dazu auf unserer Themenseite zu Vapiano.

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE sowie Chefin vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.