Mit der Modekette Hallhuber flüchtet das nächste Unternehmen wegen der Krise durch das Coronavirus unter den Schutzschirm. Wie am heutigen Donnerstag bekannt wurde, stellte die Modekette Antrag auf Einleitung eines Schutzschirmverfahrens in Eigenverwaltung beim Amtsgericht München. Im Unterschied zu einer klassischen Insolvenz in Eigenverwaltung ist das Schutzschirmverfahren nur möglich, wenn das Unternehmen noch nicht zahlungsunfähig ist.
Hallhuber drohte Zahlungsunfähigkeit
Hallhuber hat das Sanierungsverfahren nach eigener Aussage beantragt, „um eine drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden.“ Grund für den finanziellen Engpass ist, dass das Unternehmen die Filialen wegen der Corona-Pandemie schließen musste.
Hallhuber hat nun drei Monate Zeit, um einen Sanierungsplan unter der Leitung von Sachwalter Christian Gerloff (Kanzlei Gerloff Liebler) auszuarbeiten. Gerloff war bereits als Generalbevollmächtigter im vergangenen Jahr im Zuge des Insolvenzverfahrens der ehemaligen Hallhuber-Mutter Gerry Weber eingesetzt.
Sven Tischendorf wird CRO bei Hallhuber
Für das erst vor wenigen Monaten neu formierte Managementteam um CEO Rouven Angermann und CFO Torsten Eisenkolb, der von Adidas kam, ist dies die nächste große Bewährungsprobe in der Neuausrichtung des Modehändlers. Während des Schutzschirmverfahrens bekommen sie Verstärkung durch die Sanierer Sven Tischendorf und Alexander Höpfner von der Frankfurter Kanzlei AC Tischendorf Rechtsanwälte. Tischendorf wird die Restrukturierung als Chief Restructuring Officer begleiten, Höpfner wird Chief Insolvency Officer.
Der laufende Geschäftsbetrieb sowie das Gehalt der rund 2.000 Mitarbeiter sind Hallhuber zufolge weiter sichergestellt. Auf Staatshilfen wollte Hallhuber nicht zurückgreifen: „Gegenüber der möglichen Option von Staatshilfen und der damit einhergehenden Verschuldung ist das von uns gewählte Schutzschirmverfahren die bessere Variante, unser Unternehmen geordnet und erfolgreich wieder anzufahren“, sagte CEO Angermann.
FINANCE-Köpfe
Für Hallhuber folgt damit die zweite Neuausrichtung binnen gerade einmal einem Jahr. Erst 2019 war das Unternehmen in den Abwärtsstrudel der damaligen Mutter Gerry Weber geraten. Der Investor Robus Capital gewährte Hallhuber im Frühjahr zunächst kurzfristig eine dringend benötigte Brückenfinanzierung über 10 Millionen Euro und verhandelte zusammen mit der Geldspritze auch eine Kaufoption, die er im Juli 2019 zog. Im vergangenen Sommer sicherte sich Robus Capital 88 Prozent an Hallhuber.
Finanzierer unterstützen Hallhuber weiter
In den zurückliegenden Monaten unterzog sich Hallhuber bereits einer Neuausrichtung, unter anderem wurden die Distributionskanäle besser vernetzt und der Omnichannel-Vertrieb mit Online-Verkäufen und stationärem Handel forciert. Der Neubesitzer Robus Capital will die Modemarke in das „Bridge-to-Premium“-Segment bringen, den Bereich etwas unterhalb der Premium-Marken.
Die letzten Umsatzzahlen zeigten laut CEO Angermann, dass es „langsam aber stetig aufwärts“ gehe: Der Umsatz für das vergangene Geschäftsjahr, das Ende Oktober endet, lag bei 197 Millionen Euro und damit auf Vorjahresniveau. Früheren Plänen zufolge wollte Hallhuber im Geschäftsjahr 2020/21 wieder die Gewinnschwelle erreichen. Diese Pläne dürfte die Coronakrise durchkreuzt haben.
Dennoch sieht sich das Management für die kommende Eigenverwaltung gut gerüstet: „Finanzierer, Gesellschafter, Lieferanten und Vermieter leisten einen Beitrag zur weiteren Sicherung der Liquidität und setzen sich für den zukünftigen Erfolg der Firma ein“, sagte CFO Eisenkolb.
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Mehr über den seit September 2019 amtierenden Hallhuber-CFO lesen Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von Torsten Eisenkolb.
Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalisten für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.