Neues Ungemach für die Deutsche Bank: Mit einem Großaufgebot haben Steuerfahnder und Staatsanwälte gestern von 9 Uhr an die Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt sowie die Privatwohnungen von zehn ins Visier der Behörden gerückten Deutschbankern durchsucht. Grund für die Razzia ist ein seit 2017 laufendes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung bei Cum-Ex-Geschäften. Die Ermittlungen werden von der Staatsanwaltschaft Köln geführt.
Insgesamt 114 Ermittler an den Cum-Ex-Durchsuchungen beteiligt
Gegenüber FINANCE bestätigt die Deutsche Bank dass „an unserem Standort in Frankfurt zurzeit eine behördliche Maßnahme“ durchgeführt wird. Insgesamt sind an der Durchsuchung 114 Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen, Hessen und Bayern sowie Vertreter des Bundeszentralamts für Steuern und EDV-Sachverständige beteiligt. Laut Staatsanwaltschaft Köln werden außerdem eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sowie die Privatwohnungen von zehn Beschuldigten in diesem Zusammenhang durchsucht. Bislang wurden die Ermittler bereits bei den Big-Four-Häusern PwC und KPMG vorstellig.
Ehemaliger Co-Chef Fitschen unter den Verdächtigen
„Die Maßnahme dient insbesondere der Auffindung relevanter Kommunikation in Form von E-Mails und sonstiger schriftlicher Korrespondenz“, teilt die Staatsanwaltschaft Köln auf FINANCE-Anfrage mit. Die Durchsuchungsmaßnahmen dauern demnach noch an. Das Verfahren richtet sich aktuell gegen 101 Verdächtige. Laut Informationen der FAZ soll zu den durchsuchten Privatwohnungen auch die Wohnung des ehemalige Co-Vorstandsvorsitzenden Jürgen Fitschen gehören.
Die Durchsuchungen dürften für die Deutsche Bank nicht überraschend kommen, wurden in diesem Zusammenhang doch schon die Geschäftsräume von einigen anderen Geldhäusern durchsucht. So wurden die Ermittler unter anderem vorstellig bei der Deka, ABN Amro, Bank of America Merrill Lynch, J.P. Morgan oder HSBC.
Auch gegen die Deutsche Bank laufen die Ermittlungen schon seit einigen Jahren. Der Deutschen Bank werden dabei keine eigenen Cum-Ex-Geschäfte vorgeworfen, aber sie soll anderen Unternehmen bei Cum-Ex-Geschäften mutmaßlich geholfen haben. „Wie bereits seit Beginn der Ermittlungen 2017 kooperiert die Bank weiterhin vollumfänglich mit der ermittelnden Behörde. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns aufgrund des laufenden Verfahrens nicht weiter äußern“, teilt die Deutsche Bank auf Anfrage von FINANCE mit.
Deutsche Bank kommt aus einer Phase der Stabilisierung
Die Razzia kommt für Deutschlands größtes Kreditinstitut nach einer Phase der Stabilisierung. Für das zweite Quartal konnten die Blauen im Firmenkundengeschäft ein Rekordergebnis melden. So wuchsen die Erträge um 26 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro, die Cost-Income-Ratio (CIR) betrug 62 Prozent und der Vorsteuergewinn verdoppelte sich gegenüber dem Vorjahresquartal auf 526 Millionen Euro. Moody’s hatte die Ratings der Deutschen Bank vor wenigen Tagen von A2 auf A1 hochgestuft.
Allerdings könnten sich die Aussichten etwas eintrüben. So verlor die Deutsche Bank ihren Spitzenplatz im FINANCE-Banken-Survey wieder an die Commerzbank, und auch beim Börsengang von Porsche spielten die Banker aus den Zwillingstürmen nur eine untergeordnete Rolle. In Verbindung mit der drohenden Rezession dürften die Zahlen für das dritte Quartal weniger erfreulich ausfallen.
Falk Sinß ist Redakteur bei FINANCE. Er hat Soziologie, Politologie und Neuere und Mittlere Geschichte in Frankfurt am Main sowie in Mainz Journalismus studiert, wo er auch einen Lehrauftrag inne hatte. Vor seiner Zeit bei FINANCE war Falk Sinß drei Jahre Redakteur der Zeitschrift Versicherungswirtschaft und zehn Jahre für verschiedene Medien des Universum Verlags tätig.
