Nach einem eher schwachen Wachstum in den vergangenen zwei Jahren hat KPMG im Geschäftsjahr 2018 wieder stärker zugelegt: Die Gesamtleistung der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft ist um 10,2 Prozent auf 1,83 Milliarden Euro angestiegen. In der Gesamtleistung werden – im Gegensatz zum Umsatz – auch die bis zum Bilanzstichtag erbrachten Leistungen aus noch nicht beendeten Projekten mit eingerechnet.
In den Vorjahren lag das KPMG-Wachstum im mittleren einstelligen Bereich, während die Big-Four-Konkurrenten PwC, Deloitte und EY teils stark zweistellig gewachsen sind. Entsprechend verdrängte EY im vergangenen Jahr KPMG als zweitgrößtes deutsches Big-Four-Haus. Auch in diesem Jahr blieb KPMG nur der dritte Platz in Deutschland hinter EY (2 Milliarden Euro Gesamtleistung) und PwC (2,2 Milliarden Euro Gesamtleistung).
Der vierte im Bunde, Deloitte, ist mit einem Umsatz von 1,47 Milliarden Euro zwar noch weit von KPMG entfernt, holt aber mit großen Schritten auf. Bei der Vorstellung der Geschäftszahlen betonte KPMG-Deutschlandchef Klaus Becker, dass auch die Profitabilität auf einem Rekordniveau liege, ohne allerdings auf konkrete Zahlen einzugehen.
Big Four: KPMG setzt am wenigsten in Beratung um
Beeindruckend ist das Wachstum bei KPMG im Geschäftsfeld Advisory: Dort konnte KPMG um 17 Prozent auf 670 Millionen Euro zulegen, davon entfielen 14 Prozent auf die Transaktionsberatung und 18 Prozent auf die Managementberatung. Nur Deloitte ist mit 24 Prozent im Beratungsgeschäft noch stärker gewachsen.
In absoluten Zahlen rangiert KPMG aber recht weit abgeschlagen auf dem letzten Platz: EY kam auf 782 Millionen Euro (Umsatz), Deloitte auf 827 Millionen Euro (Umsatz) und PwC auf 858 Millionen Euro (Gesamtleistung).
Der Rückstand von KPMG erklärt sich aus den Vorjahren: Während die Konkurrenz sich über hohe zweistellige Wachstumsraten im Beratungsgeschäft freuen konnte, ging der Boom in der Branche weitestgehend an KPMG vorbei.
Dabei hatte Deutschlandchef Klaus Becker viel in den Ausbau der Beratungsdienstleistungen investiert, insbesondere in der Digitalisierungsberatung, und exklusive Allianzen mit Softwareanbietern geschlossen. Zudem hat KPMG zuletzt einige spezialisierte Beratungshäuser gekauft wie Kiana (Künstliche Intelligenz und Data Analytics), Conogy (SAP S/4 Hana und Data Science) und Loomans & Matz (Cyber Security).
Tax und Advisory profitieren von Digitalisierung
Diese Maßnahmen scheinen jetzt endlich Früchte zu tragen: „Die Rechnung geht auf, unsere Investitionen zahlen sich aus“, sagt Becker. Getrieben wurde das hohe Wachstum im Beratungsgeschäft im vergangenen Geschäftsjahr unter anderem von der Umstellung auf die neue ERP-Software SAP S/4 Hana, die Digitalisierung der Finanzbereiche der Unternehmen sowie Cyber Sicherheit, erklärt der Deutschlandchef.
Auch in der Steuerberatung hätten sich laut Becker die Investitionen in die Digitalisierung gelohnt. In diesem Geschäftsbereich ist KPMG um 6 Prozent (Vorjahr: 3 Prozent) auf 462 Millionen Euro gewachsen. Damit liegt KPMG in der Steuerberatung innerhalb der Big Four auf dem dritten Platz hinter PwC (Gesamtleistung: 541 Millionen Euro) und der ewigen Nummer eins EY (Umsatz: 685 Millionen Euro). Deloitte setzte zuletzt 245 Millionen Euro mit Tax um.
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KPMG muss viele Dax-Mandate abgeben
Im ursprünglichen Kerngeschäft – der Wirtschaftsprüfung – ist KPMG 2018 um 7 Prozent (Vorjahr: 3 Prozent) auf 671 Millionen Euro gewachsen. Damit liegen erstmals in der Geschichte des Big-Four-Hauses Audit und Advisory gleichauf. Bei den Konkurrenten EY, Deloitte und PwC hat die Beratung die Wirtschaftsprüfung allerdings bereits vor einem Jahr eingeholt – und teilweise auch deutlich überholt. „Es war unser explizites Ziel, dass Beratung und Prüfung gleichauf sind. Das haben wir stark forciert“, erklärt Klaus Becker. Dadurch sei das Geschäftsmodell von KPMG ausbalanciert und resistenter.
Diese Ausgewogenheit ist dringend notwendig, denn infolge der verpflichtenden Abschlussprüferrotation, wegen der kapitalmarktorientierte Unternehmen ihre Prüfmandate alle zehn Jahre neu ausschreiben müssen, wird KPMG sehr viele lukrative Kunden verlieren. Jahrzehntelang war KPMG die Nummer eins im Audit und hat mit 18 Dax-Mandaten die Mehrheit der Unternehmen in der ersten deutschen Börsenliga geprüft.
In den nächsten ein bis zwei Jahren wird KPMG aber mit der Deutschen Bank, Allianz, Munich Re, Henkel, Fresenius und Fresenius Medical Care sowie BMW eine Vielzahl davon verlieren. Neue Mandate im Dax gewinnen konnte KPMG hingegen kaum: Nur Covestro konnte der Prüfer bisher von sich überzeigen. VW, um die KPMG FINANCE-Informationen zufolge erbittert gekämpft hatte, wurde hingegen von EY weggeschnappt.
2018 hat KPMG eine Gesamtleistung von 1,83 Milliarden Euro (+10,2%) erwirtschaftet.
Das Advisory trug 670 Millionen Euro (17%) zur Gesamtleistung bei.
Mit der Steuerberatung hat KPMG 462 Millionen Euro (+6%) umgesetzt.
Das Audit trug insgesamt 671 Millionen Euro (+7%) zur Gesamtleistung bei.
KPMG-CEO Becker: „Prüfung bleibt Markenkern“
Klaus Becker betont aber, dass KPMG im vergangenen Jahr einige großen Kunden außerhalb des Dax‘ gewonnen habe, darunter Signal Iduna, die Landesbank Saar, Grenke, die Fahrzeugwerke Lueg oder den Brillenhersteller Rodenstock. Trotzdem wird KPMG auch in Zukunft das ein oder andere Leuchtturmmandat aus dem Dax brauchen, um auch als Wirtschaftsprüfer attraktiv zu bleiben. Momentan greifen eher EY und PwC diese Mandate ab.
Deloitte hingegen konnte bisher lediglich Bayer im Dax ergattern, allerdings bewirbt sich das Big-Four-Haus auch nur selektiv auf Prüfmandate, um sich nicht die Chancen auf Beratungsmandate zu verbauen, wie Deloitte-Deutschlandchef Martin Plendl sagt.
Anders KPMG: „Die Wirtschaftsprüfung ist ein öffentlicher Auftrag. Wir sehen es als unsere Verpflichtung an, dass wir uns um Prüfmandate bewerben – auch wenn das in manchen Fällen einen möglichen Verzicht auf lukrative Beratungsaufträge nach sich zieht“, so Klaus Becker. Die Wirtschaftsprüfung bleibe der „Markenkern von KPMG“.
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Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.