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Wie sich Ebner Stolz gegen die Big Four stemmt

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Ebner Stolz prüft nach KPMG, PwC, EY und Deloitte die meisten kapitalmarktorientierten Unternehmen in Deutschland. Doch der Wettbewerb wird immer härter.
Ebner Stolz

Der Hunger der Big Four auf Wirtschaftsprüfungsmandate ist so hoch wie nie. KPMG, PwC, Deloitte und Ernst & Young (EY) versuchen mit aller Kraft, von der gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüferrotation zu profitieren und neu ausgeschriebene Mandate zu gewinnen. Mit der Commerzbank, der Allianz oder Bayer haben auch schon die ersten Konzerne ihren Prüfer gewechselt.

Bei dem Versuch, die Marktanteile auszubauen, geht es schon lange nicht mehr nur um die Dax-Riesen. Inzwischen prüfen die Big Four auch die meisten SDax-Mandate und weiten ihre Marktmacht noch weiter aus – selbst kleinere Unternehmen stehen auf ihren Target-Listen.

Damit nehmen sie den kleineren Prüfgesellschaften – oft als „Next Ten“ bezeichnet – deren angestammte Kundschaft weg. Die Next Ten reagieren, indem sie sich von den Big Four abgrenzen und versuchen, den Mittelständlern mit anderen Angeboten zu begegnen.

Ebner Stolz: „Wir sind näher dran am Mittelstand“

Zu den Next Ten gehört auch Ebner Stolz. Die bundesweit aufgestellte Gesellschaft mit Hauptsitz in Stuttgart ist laut der Lünendonk-Liste aus dem Jahr 2016 die siebtgrößte WP- und Beratungsgesellschaft Deutschlands. Wolfgang Russ, Partner bei Ebner Stolz, glaubt zu wissen, wo sein Haus  gegenüber den Big Four im Vorteil ist: „Wir sind näher dran an den Mittelständlern.“

Das liege daran, dass Ebner Stolz als Partnerschaft organisiert ist, bei der die Partner in der Abschlussprüfung das letzte Wort haben, während bei den Big Four alle Entscheidungen mit den zentralen Offices abgesprochen werden müssten. „Da fehlt die Nähe, das stört gerade viele kleinere und mittelständische Unternehmen“, meint Russ.

Russ führt auch die hohe Fluktuation bei den großen Prüfern ins Feld – ein Umstand, den tatsächlich viele Kunden kritisieren. Und es gibt noch einen anderen Grund, warum Russ glaubt, dass Mittelständler eine kleinere WP-Gesellschaft gegenüber den Big Four bevorzugen würden: „Ein Mittelständler möchte einen Ansprechpartner, der selbst Unternehmer ist und Geld in die Hand genommen hat. Das bekommt er bei den Big Four nicht.“

KPMG hat Mandat an Ebner Stolz verloren

Bislang gelingt es Ebner Stolz mit dieser Abgrenzung, mit den hohen Wachstumsraten der größeren Konkurrenten Schritt zu halten: Ebner Stolz ist im vergangenen Geschäftsjahr in der Wirtschaftsprüfung um knapp acht Prozent auf rund 180,7 Millionen Euro gewachsen und hat einige Neukunden gewinnen können, darunter den Zahlungsdienstleister Concardis, den Verbindungstechniker Ejot und den Elektrowerkzeughersteller Festool.

Außerdem hat Ebner Stolz von KPMG das Bastei-Lübbe-Mandat übernommen, nachdem KPMG ein bereits erteiltes Bilanztestat des Verlagshauses wieder zurückgezogen und so den Kunden verärgert hatte. Im SDax prüft Ebner Stolz mit Adler Real Estate, der Beteiligungsgesellschaft Indus und dem Büroausstatter Takkt aktuell drei Unternehmen, im TecDax hat Ebner Stolz vor kurzem Stratec Biomedical als Prüfungskunden gewonnen.

Damit stehen die Stuttgarter im Vergleich mit anderen  Next-Ten-Prüfern gut da: BDO prüft fünf Unternehmen aus der Dax-Familie, PKF zwei und Rödl & Partner eines. Insgesamt hat sich Ebner Stolz eigenen Angaben zufolge auf Platz fünf bei der Zahl der kapitalmarktorientierten Prüfungsmandate vorgearbeitet.

Big Four haben MDax und SDax fest im Griff

Trotzdem ist der SDax fest in Big-Four-Hand, und auch viele nicht-börsennotierte Mittelständler werden immer öfter durch die Großen Vier geprüft. Vielen Unternehmen ist die internationale Aufstellung ihrer Prüfer wichtig, damit die Auslandstöchter durch die gleiche Gesellschaft geprüft werden können.

Die Next Ten, die meistens nur Niederlassungen in verschiedenen Städten Deutschlands haben, versuchen sich mit Netzwerken dagegen zu stemmen. Eines der größten ist Nexia, in dem Ebner Stolz sogar den Vorsitz innehat.

Ebner Stolz will um MDax-, SDax- und TecDax-Mandate kämpfen

Obwohl die Marktzeichen wenig Mut machen, hofft Ebner Stolz, im Rahmen der verpflichtenden Prüferrotation das eine oder andere Mandat aus der Dax-Familie zu bekommen. Doch Russ ist realistisch: „Wir wollen und können kein Dax-Unternehmen prüfen. Für ein MDax-, SDax- oder TecDax-Mandat würden wir uns aber auf jeden Fall bewerben“

Die Bewerbungen sind allerdings meist sehr aufwendig, Wirtschaftsprüfer müssen sich genau überlegen, wo sich eine Bewerbung wirklich lohnt, weil die Erfolgschancen reell sind. Russ differenziert: „Es geht nicht immer nur darum, gleich das Prüfungsmandat zu gewinnen.“

Eine Ausschreibung biete auch die Chance, sich einem Unternehmen zu präsentieren. Vielleicht kommt man auch für eine Einzelleistung – vor allem in der Unternehmensbewertung und bei verschiedenen Beratungsthemen – infrage.“

Unternehmensberatung: Ebner Stolz hat den Dax im Visier

Diese Strategie findet sich auch bei den Big Four wieder, die die Abschlussprüfung als Türöffner für lukrative Beratungsmandate nutzen. Anders als bei der Prüfung traut sich Ebner Stolz im Beratungsbereich durchaus auch Mandate bei größeren Konzernen zu: „Wir können und wollen die Dax- und MDax-Unternehmen beraten“, so Russ.  

Dabei geht es allerdings nicht um große Strategiefragen – diese sind den Beratungsriesen wie McKinsey und Bain sowie teilweise auch den Big Four vorbehalten –, sondern um einzelne Aspekte wie zum Beispiel bestimmte Steuerfragen oder Bewertungen bei Squeeze-outs und ähnliche Transaktionen. Laut Russ hat Ebner Stolz bereits mehrere Beratungsmandate bei Dax- und MDax-Unternehmen.

Die Chancen für Beratungsaufträge aus den Reihen der Großkonzerne hält der Ebner-Stolz-Partner durchaus für gegeben – kurioserweise auch wegen der starken Verankerung, die die Big Four bei den Großkonzernen mittlerweile erreicht haben. Laut Russ gibt es viele Konzerne, die von einer Big Four-Gesellschaft geprüft werden, während eine andere umfangreich berät. Um die Unabhängigkeit der übrigen Big Four Gesellschaften im Hinblick auf die Rotationsregeln zu wahren, könnten manche Konzerne auf Next-Ten-Gesellschaften ausweichen, so die Hoffnung.

Doch auch diese Projekte wollen erst einmal gewonnen werden. Nur wer von den Next Ten in bestimmten Beratungsgebieten gut aufgestellt ist, hat realistische Chancen.

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Info

Der Artikel ist Teil einer Serie, in der FINANCE mit den Next-Ten-Gesellschaften darüber spricht, wie sie die besten Prüfungs- und Beratungsmandate gewinnen und sich dabei von den Big Four abgrenzen wollen. Weitere Teile der Serie sowie andere Artikel finden Sie auf unserer Themenseite zu den Next Ten.

Artikel, Interviews, Analysen und vieles mehr über KPMG, PwC, Deloitte und EY finden Sie auf unserer Themenseite zu den Big Four.

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.