ProSiebenSat.1 treibt den Portfolioumbau weiter voran und verkauft Windstar Medical an den Private-Equity-Investor Oakley Capital. Der Entwickler von OTC-Medikamenten gehört zur Nucom Group, der Digitalsparte von ProSiebenSat.1, an der der Finanzinvestor General Atlantic mit 28,4 Prozent beteiligt ist. Kaufpreis: 280 Millionen Euro.
Damit bewertet Oakley Windstar Medical mit einem Ebitda-Multiple von 13,6x und 2,2x Umsatz. Das ist auch an den FINANCE-Multiples gemessen eine stolze Bewertung: Die knapp 20 Investmentbanken, auf deren Einschätzungen die FINANCE-Multiples beruhen, sehen die aktuelle Bewertung von mittelgroßen Pharmaunternehmen am M&A-Markt bei 1,4 bis 2,0x Umsatz und 9 bis 11x Ebit.
Doch Oakley hatte in der finalen Bieterphase auch starke Konkurrenz. FINANCE-Informationen zufolge musste sich Oakley gegen die beiden anderen Finanzinvestoren IK Investment Partners und Bregal durchsetzen. Begleitet wurde Oakley bei dem Deal von Rothschild und Ferber & Co. (M&A), der Kanzlei Kirkland & Ellis (Legal) sowie PwC (Financial & Tax) und Roland Berger (Commercial).
ProSieben verdient mit Windstar 2,4x Geld
ProSieben hatte Windstar Medical vor rund vier Jahren von HQ Equita gekauft, der Beteiligungsgesellschaft von HQ Capital, hinter der der Unternehmer Harald Quandt steht. Die Übernahme wickelte der Medienkonzern damals über die Tochter 7Life ab. Im Jahr 2018 schlüpfte Windstar dann unter das Dach der Nucom Group. Das Unternehmen mit Sitz im hessischen Wehrheim vertreibt in Drogeriemärkten sowie online Nahrungsergänzungsmittel und Medizinprodukte. Zum Portfolio zählen Marken wie SOS, Greendoc und Vitalia.
ProSieben sah schon damals große Wachstumschancen für Windstar Medical und beschrieb die Beteiligung als Investition in ein „Zukunftssegment, das stark vom TV- und eCommerce-Geschäft von ProSieben profitieren wird“. Umfangreiche TV-Werbestrecken auf den Kanälen der Sendergruppe halfen Windstar zu wachsen. Insgesamt legten Windstars Erlöse während der Zeit im ProSieben-Konzern um 80 Prozent von 70 auf 127 Millionen Euro zu.
Auch unter der Regie des neuen Eigentümers Oakley will Windstar weiter auf TV-Werbung setzen. Teil des Deals ist deshalb auch ein Abkommen über eine „mehrjährige Werbepartnerschaft“, die ProSiebenSat.1 auch nach der Trennung noch an der Entwicklung von Windstar Medical finanziell teilhaben lassen wird.
FINANCE-Köpfe
Dabei wäre der Exit auch ohne den Folgevertrag schon ein großer Erfolg für die Nucom Group: ProSieben-CFO Rainer Beaujean beziffert die Rendite des Investments auf 2,4x Geld in rund vier Jahren. Dies entspricht einer jährlichen Rendite (IRR) von fast 25 Prozent. Dafür, dass der Kapitalmarkt der Nucom Group aktuell implizit nur einen sehr geringen Wert zuspricht, ist das ein Statement von Beaujean, der Exits aus der Nucom Group explizit auch deshalb angestoßen hat, um den wahren Wert der Tochter stärker aufzudecken.
„Mit dem Verkauf setzen wir unsere Strategie des aktiven Portfoliomanagements konsequent fort“, lässt sich Beaujean zitieren. Er kündigt zugleich an, was er mit den Verkaufserlösen vorhat: „Auf diese Weise stellen wir unser Portfolio fokussierter auf und können mit dem erzielten Verkaufserlös gleichzeitig unseren Verschuldungsgrad reduzieren. Dies verschafft uns Freiraum für künftige wertschaffende Investitionen im Consumer-Internet-Bereich.“
Oakley hat mit ProSieben hohe IRRs verdient
Die Trennung von Windstar dürfte aber nicht nur finanzielle Gründe gehabt haben. So steht das Unternehmen an der Schwelle, sich in regionale Märkte auszubreiten, in denen ProSiebenSat.1 selbst nicht präsent ist. Damit drohten die Synergien zum TV-Werbegeschäft zu verblassen.
Die Internationalisierung will Oakley nun vorantreiben. Zum Plan gehören auch Add-on-Akquisitionen, kündigt Oakley-Partner Peter Dubens an. Er fädelte den Deal zusammen mit Ralf Schremper ein, dem Deutschlandchef von Oakley. Schremper spielte laut FINANCE-Informationen vor allem deshalb eine wichtige Rolle, weil er früher nicht nur selbst im Beteiligungsmanagement von ProSiebenSat.1 gearbeitet hat. Er war für den Medienkonzern 2016 auch maßgeblich am Kauf von Windstar Medical beteiligt und soll auch danach weiter Kontakt mit dem Windstar-Management gepflegt haben.
Die Verflechtungen zwischen Oakley und ProSieben sind aber nicht nur personeller Natur. Die beiden Häuser sind nun schon zum dritten Mal Dealpartner, wenn auch zum ersten Mal in der Konstellation mit Oakley als Käufer. Die ersten beiden Male verkaufte Oakley an die Münchener.
Im Jahr 2015 übernahmen sie Verivox von Oakley, die das Verbraucherportal ihrerseits im Jahr 2009 gekauft hatten. Damals blieben die Londoner mit 20 Prozent rückbeteiligt. Der Komplettausstieg erfolgte dann im Jahr 2018. Allein mit der Rückbeteiligung verdiente Oakley ein Money Multiple von 2,5x und eine IRR von 44 Prozent.
FINANCE-Themenseite
Rund ein Jahr später kamen Oakley und ProSieben erneut zusammen: 2016 verkaufte der Finanzinvestor die Mehrheit an dem Online-Dating-Unternehmen Parship Elite für einen Unternehmenswert von 300 Millionen Euro an die Münchener. Auch das war ein erfolgreiches Investment für Oakley: Beim Exit lag das Money Multiple bei 4,7x, die jährliche Rendite betrug atemberaubende 119 Prozent.
Info
Weitere Private-Equity-Deals finden Sie auf unserer Themenseite zu Private Equity. Mehr über den ProSieben-CFO und Vorstandssprecher erfahren Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von Rainer Beaujean.
Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE sowie Chefin vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.