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Coronakrise: Die M&A-Party ist vorbei

Der Höhenflug am M&A-Markt hat durch die Coronakrise ein abruptes Ende gefunden.
g-stockstudio/iStock/Getty Images

Die Coronavirus-Krise hat den M&A-Markt in eine Schockstarre versetzt: Deutsche Unternehmen verschieben ihre geplanten M&A-Transaktionen oder sagen sie komplett ab, das Umfeld für Akquisitionsfinanzierungen ist denkbar schlecht. Das sind die Kernergebnisse des neuen FINANCE M&A-Panels, für das FINANCE gemeinsam mit der internationalen Wirtschaftskanzlei CMS leitende Mitarbeiter aus den M&A-Abteilungen deutscher Unternehmen sowie Investmentbanker und M&A-Berater anonym zu ihrer Markteinschätzung befragt hat.

Käufer prüfen Targets intensiv auf Corona-Folgen

Dass viele laufende Transaktionen abgesagt oder verschoben wurden, hat den befragten M&A-Professionals zufolge einen wesentlichen Grund: Kaufinteressenten prüfen die Businesspläne ihrer potentiellen Targets intensivst auf Corona-Folgen. Die befragten M&A-Verantwortlichen aus Unternehmen bestätigten dies auf einer Skala von 1 bis 5 im Schnitt mit dem Wert 4,4, wobei 5 einen massiven Einfluss von Corona bedeutet.

Beispiel Due Diligence: Dort folgen die M&A-Strategen der Grundannahme, dass das zweite Quartal bei den potentiellen Targets extrem negativ ausfallen wird. Dieser These stimmten die Befragten mit dem Wert 4,7 zu (5 = vollkommene Zustimmung). Mit einem Wert von 3,7 bestätigten die M&A-Professionals die Aussage, dass sich die Unternehmenszahlen bereits jetzt deutlich unter Plan entwickeln. Zudem befürchten viele Unternehmen, dass vielerorts Covenants unter Druck geraten werden (4,1) – das ist nicht nur problematisch für die Unternehmen selbst, sondern macht sie am M&A-Markt zusätzlich unattraktiv.

Potentielle Käufer sind finanziell nicht ausgebombt

Der zweite Grund, weshalb der M&A-Markt lahm liegt, ist die mangelnde Verfügbarkeit von Akquisitionsfinanzierungen. Bei den Unternehmen fiel dieser Bewertungsaspekt von 5,7 bei der vergangenen Umfrage im Herbst 2019 auf 4,2 in der aktuellen Befragung (10 = eindeutig verbessert). Gleichwohl ist bemerkenswert, dass dieser Wert trotz des beispiellosen Ausmaßes der Coronakrise nicht weit unter dem bisherigen Tiefstwert von 4,9 aus dem Oktober 2011 liegt. Dies deutet darauf hin, dass finanziell gut aufgestellte Käufer bei M&A schnell wieder handlungsfähig werden könnten, sobald sich der Nebel an der Epidemiefront etwas lichtet.

Doch noch bewerten die Unternehmen die unsichere gesamtwirtschaftliche Situation erstmals seit langer Zeit wieder als wichtigen Dealbreaker. Auf einer Skala von 1 bis 10 (10 = sehr wichtig) versahen die M&A-Profis der Unternehmen dieses Kriterium mit dem Wert 7,9, das ist der mit Abstand höchste Wert seit der erstmaligen Erhebung im Februar 2011. Zum Vergleich: Bei der vergangenen Umfrage im Herbst 2019 lag dieser Wert noch bei 5,0.

Coronakrise schafft M&A-Opportunitäten

„Die derzeitige Stimmung erinnert an die Stimmung vorangegangener Krisen, wie etwa an das Platzen der Internetblase Anfang des Jahrtausends sowie an die Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009“, findet Thomas Meyding, Corporate Partner bei CMS. Der Rechtsanwalt berichtet aber auch, dass es durchaus noch M&A-Projekte gibt, die – sofern die beteiligten Unternehmen nicht schwer von Corona betroffen sind, – nach wie vor fortgeführt werden. Dies betrifft seiner Beobachtung nach insbesondere strategische Akquisitionen. Große, transformatorische M&A-Deals erwartet er in diesem Jahr aber nur sehr wenige.

Dass die deutschen Unternehmen ihren Optimismus tatsächlich noch nicht komplett verloren haben,  verdeutlichen auch die folgenden Umfrageergebnisse: Der Aussage, dass das eigene Unternehmen die Krise besser bewältigen werde als die direkten Wettbewerber, stimmten die Befragten mit dem Wert 4,1 zu (5 = maximale Zustimmung).

„Die derzeitige Stimmung erinnert an das Platzen der Internetblase und an die Finanzkrise.“

Thomas Meyding, Corporate Partner, CMS

Dass die Coronakrise neue Zukaufgelegenheiten schafft, bewerten die befragten M&A-Professionals mit 3,7 – während zugleich die Preise am M&A-Markt sinken würden (Zustimmungswert 3,6). Diese Ansicht verbreitet sich gerade auch in der Private-Equity-Branche.

olivia.harder[at]finance-magazin.de

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Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.