Wie geht man damit um, wenn aus heiterem Himmel das Geschäft wegbricht? So ging es vielen CFOs im Frühjahr 2020 als das Coronavirus in Deutschland ausbrach. Besonders betroffen war auch das Geschäft des Betreibers von Shoppingcentern Deutsche Euroshop, deren Läden damals innerhalb weniger Tage zum größten Teil schließen mussten. CFO Olaf Borkers hat die Situation so erlebt: „Das war ein riesig großer Schreck für uns. Es stellte sich besonders die Frage: Wie können die Mieter ihre Miete zahlen und wie betrifft uns das?“, berichtet er auf der Podiumsdiskussion auf der Structured FINANCE E-Paper Week.
So war für den CFO, dessen Abteilung sich gerade mitten im Jahresabschluss befand, insbesondere die Liquiditätssicherung das Wichtigste. Deshalb musste die Deutsche Euroshop auch entsprechende Maßnahmen ergreifen. „Drei Tage nach Schließung der Shops haben wir uns dazu entschlossen, die Dividende von 95 Millionen Euro nicht auszuschütten. Das hat uns einen guten Puffer gegeben.“
Lockdown: Symrise kämpfte mit Logistikproblemen
Auch andere Finanzchefs berichteten auf dem Podium von ihren Erfahrungen. Bei Olaf Klinger, CFO des Aromenherstellers Symrise, standen eher die Logistikprobleme im Vordergrund. „Wie wir an unsere Rohstoffe kommen, war von Tag eins Thema bei uns. Dabei war das Problem gar nicht der Zugang zu den Rohstoffen, denn unsere Lieferfähigkeit ist gegeben, sondern die Schwierigkeiten bei der Logistik.“ Besonders der Import aus dem Ausland war kaum noch möglich.
Um das zu stemmen, arbeiteten der CFO und seine Abteilung auf Hochtouren. Jeden Tag wurden neue Pläne geschmiedet, wann und wie sie an die Rohstoffe kommen. „Auch heute arbeiten wir noch auf Tagesbasis. Dabei die Flexibilität zu halten, ist die größte Herausforderung“, so Klinger.
Das Thema Lieferkette stand auch bei Carsten Bovenschen, CFO von Akasol, im Vordergrund. „Nach dem Ausbruch der Pandemie lag unser Fokus neben der Liquiditätssicherung besonders auf der Lieferkette. Wir haben geschaut, wie lieferfähig unsere Lieferanten noch sind und wo wir Engpässe erwarten müssen.“ Viele Zulieferer des Batterieherstellers kommen aus Europa, auch aus Norditalien, einer Region, die sehr stark von der Coronakrise betroffen war. Seitdem plant das Unternehmen die Liquidität täglich neu.
DZ Bank stockte Kreditlinien auf
Neben der CFO-Perspektive gab es während der Krise auch einiges aus Bankensicht zu tun. Uwe Berghaus, Vorstand des Firmenkundengeschäfts der DZ Bank, erinnert sich vor allem an die sehr intensive Phase von Februar bis März: „Wir haben unseren Fokus vor allem auf Bestandskunden gelegt und Akquisitionstätigkeiten zurückgefahren. Zusammen mit der Kreditabteilung haben wir uns entsprechende Maßnahmen überlegt.“ Wichtig war der Bank dabei, dass die Prozesse trotzdem sehr schlank blieben.
Auch er beobachtete, dass vor allem die Liquidität die Kunden am meisten beschäftigte. „Wir waren mit unseren Kunden intensiv im Austausch über Kreditlinien“, berichtet Berghaus, der dem Podium digital zugeschaltet war. Insgesamt fuhr die DZ Bank ihre Kreditlinien seit Anfang des Jahres um 14 Prozent aus. Davon wurden bisher rund 10 Prozent von den CFOs in Anspruch genommen. „Es ist also noch Spielraum da“, sagt Berghaus. Der Umgang mit Covenantbrüchen erfodere Fingerspitzengefühl. Die Profitabilität sei in dem Kontext nicht prioritär.
„Wir waren mit unseren Kunden intensiv im Austausch über Kreditlinien."
Auch Home Office war natürlich ein großes Thema – und gerade zu Beginn der Krise eine Herausforderung. „Wir mussten rund 80 Prozent ins Home Office schicken. Da stellen sich Fragen wie: Wie schaffe ich es, alle Mitarbeiter mit einer Hardware auszustatten? Haben unsere Mitarbeiter die notwendigen Skills, um von zu Hause aus zu arbeiten?“, berichtet Kai Eberhard, CEO der DAL Deutsche Anlagen-Leasing. Die Betriebsfähigkeit des Unternehmens weiterhin aufrecht zu erhalten, stand für ihn ganz oben auf der Agenda.
Intensiver Kontakt zwischen Banken und CFOs
Wenn Liquidität wichtiger wird, wird natürlich auch der Kontakt mit den Banken intensiver. Für CFO Borkers von der Deutschen Euroshop kam es gelegen, dass er bereits vorher intensiv mit den Banken in Kontakt stand. „Im vierten Quartal 2019 bis Mitte Februar dieses Jahres haben wir eine Roadshow bei den Banken gemacht. So hatten wir alle Banker an Bord, und die wussten Bescheid, dass wir mit der Situation umgehen können.“
Wichtig war ihm dabei, dass die Bank volle Transparenz über die Lage bekam. „Wir haben die Banken darüber informiert, welche Shops schließen müssen und dass wir die Dividende nicht mehr ausschütten.“ Dieser Prozess dauerte rund zwei Wochen, erzählt er. „Wichtig dabei ist, dass die Banken ein sicheres Gefühl bekommen.“
Auch CFO Bovenschen von Akasol stimmt zu: „Man muss mit den Banken permanent und transparent kommunizieren – und das nicht nur in Krisenphasen.“ Auch er war wegen der Wachstumspläne des Unternehmens ohnehin schon im kontinuierlichen Austausch mit den Banken. „Während der Krise haben wir unsere Gespräche um eine mögliche Backup-Linie dann noch erweitert“, sagt er.
Der Symrise-CFO Klinger geht da noch mehr ins Detail: „Wir haben für unser Ziel – einen Puffer von 1 Milliarde Liquidität – noch bilaterale Bankenlinien in Anspruch genommen.“ Zusätzlich begab Symrise eine Anleihe von 500 Millionen Euro. Auch DZ-Banker Berghaus spürte einen noch intensiveren Kontakt zu den Kunden während der Krise. Für die Zeit nach Corona sind sich die Panelisten einig: Auch wenn man einige Aspekte wie digitalisierte Treffen oder Home Office teilweise beibehalten will, ist ein persönlicher Kontakt auf Dauer nicht zu ersetzen.
Info
Wer sich in diesem Jahr mit der Auszeichnung „CFO des Jahres 2020“ schmücken darf, erfahren Sie heute um 16:15 Uhr auf der Structured FINANCE E-Paper Week.
Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Backhaus ist spezialisiert auf die Themen Restrukturierung, Transformation, Zahlungsverkehr und Cash Management. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalistin für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.