Der Private-Equity-Investor EQT und Apleona könnten bald getrennte Wege gehen: In diesen Tagen soll EQT „Informationspakete“ an potentielle Kaufinteressenten für den Immobiliendienstleister verschickt haben, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen.
Die Unterlagen seien an Apleonas drei US-Wettbewerber CBRE, Cushman & Wakefield sowie Jones Lang Lasalle gegangen. Neben den Strategen hätten jedoch auch Finanzinvestoren diese Informationspakete erhalten, heißt es weiter.
EQT fährt offenbar zweigleisig: Neben einem Verkauf, für den der schwedische Finanzinvestor die Deutsche Bank mandatiert hat, werde parallel auch ein Börsengang von Apleona im kommenden Jahr erwogen, berichten Insider. Einen IPO würden die Deutsche Bank sowie die UBS begleiten. EQT lehnte eine Stellungnahme zu Apleona bislang ab.
Apleona bis zu 16x Ebitda wert?
Bei einem Komplettverkauf könnte EQT bis zu 2 Milliarden Euro für Apleona erlösen, so die Erwartungen einzelner Marktteilnehmer. Das entspräche einem Bewertungs-Multiple von 16x Ebitda, legt man Apleonas erwarteten operativen Gewinn für 2020 von 135 Millionen Euro zugrunde. Das wäre eine recht stolze Bewertung, werden Wettbewerber doch für teils deutlich unter 10x Ebitda gehandelt. EQT hofft, mindestens ein Ebitda-Multiple von 11x zu erzielen, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters. So viel hatte der Finanzinvestor beim Einstieg bezahlt.
EQT hatte den Verkauf von Apleona bereits vor über einem Jahr angestoßen. Eigentlich sollte der Bieterprozess ursprünglich im ersten Quartal 2020 auf die Zielgerade einbiegen. Wegen der Coronavirus-Krise wurde der M&A-Prozess dann aber zunächst auf Eis gelegt.
EQT kaufte Bilfinger-Sparte im Jahr 2016
Der Immobiliendienstleister Apleona hat seinen Sitz im hessischen Neu Isenburg und erwirtschaftet eigenen Angaben zufolge jährlich rund 2 Milliarden Euro. Apleona beschäftigt rund 20.000 Mitarbeiter, zu den Kunden gehören unter anderem die Autobauer BMW, Volkswagen und Daimler, aber auch BASF und die Lufthansa.
Entstanden war der Immobiliendienstleister im Jahr 2016: Damals kaufte EQT das Segment „Building and Facility“ des Industriedienstleisters Bilfinger für 1,2 Milliarden Euro. Bewertet wurde die Sparte bei dem Carve-out inklusive Schulden mit 1,4 Milliarden Euro. Nach dem Abschluss der Transaktion benannte EQT das Segment in Apleona um, Vorstandschef wurde Jochen Keysberg, der Bruder des heutigen ThyssenKrupp-CFOs Klaus Keysberg.
Bilfinger kassiert bei Verkauf mit
Seit der Übernahme im Jahr 2016 hat EQT bereits mehrere Geschäftsbereiche von Apleona verkauft, darunter das britische Maklerhaus GVA. Das Ziel des Finanzinvestors: Apleona sollte der europäische Marktführer bei Immobiliendienstleistungen werden. Zuletzt setzte jedoch die Coronakrise das Geschäft unter Druck: Wenn mehr Mitarbeiter aus dem Home Office arbeiten, sind die Dienste von Apleona weniger gefragt.
Für EQT könnte sich der Verkauf dennoch lohnen, denn der Finanzinvestor dürfte seinen Einsatz bei Apleona bei einer kolportieren Bewertung von 2 Milliarden Euro in etwa verdoppelt haben. Allerdings müsste das PE-Haus den Verkaufserlös teilen: Kommt es zum Weiterverkauf, dann profitiert auch Bilfinger.
Grund ist die beim Verkauf im Jahr 2016 an EQT gewählte Struktur: Die Mannheimer haben damals einen Teil des Kaufpreises in Höhe von 100 Millionen Euro gestundet und mit 10 Prozent pro Jahr endfällig verzinst. Ein weiterer Teil des Kaufpreises über 200 Millionen Euro wurde damals in ein Earn-out-ähnliches Instrument umgewandelt. Dadurch ist Bilfinger mit 49 Prozent am Wiederverkaufserlös abzüglich Schulden beteiligt.
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Wenn EQT Apleona weiterreicht, partizipiert Bilfinger somit an der Entwicklung des Apleona-Geschäfts. Zu Jahresanfang wurde in Finanzkreisen bereits mit einem dadurch möglichen Cash-Zufluss von rund 350 Millionen Euro gerechnet – erzielt Apleona hohe Bewertungen beim Verkauf, könnte die Summe sogar noch darüber liegen. Für Bilfinger, das zuletzt noch einen Umsatz von 4,3 Milliarden Euro erzielte, wäre das ein stolzer Betrag.
Neben Apleona hat EQT elf weitere deutsche Unternehmen im Portfolio, darunter auch den Börsenaspiranten Ottobock – der möglicherweise schon im nächsten Jahr an die Börse gehen könnte. Zu den jüngsten Zukäufen in Deutschland gehören der Kabelnetzbetreiber Deutsche Glasfaser, den EQT Anfang dieses Jahres gekauft hat, sowie der Desinfektionsmittelhersteller Schülke – einer der letzten Deals, bevor das Coronavirus auch den Private-Equity-Markt gelähmt hat.
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Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE sowie Chefin vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.