Die Energieriesen RWE und E.on krempeln den Energiemarkt um: E.on kauft die RWE-Anteile an deren Tochter Innogy. Das haben RWE und E.on am Sonntag verkündet. Der Deal erfolgt in mehreren Schritten und beinhaltet Beteiligungen sowie den Tausch von Geschäftsaktivitäten.
Dazu verkauft RWE zunächst seine verbliebenen 76,8 Prozent an der Ökostromtochter Innogy und erhält im Gegenzug eine Beteiligung von 16,67 Prozent an E.on, die Aktien werden über eine 20-prozentige Sachkapitalerhöhung ausgegeben. Auch den weitgehenden Teil des Geschäfts mit Erneuerbaren Energien sowie eine über die E.on-Tochter Preussen-Elektra gehaltene Minderheitsbeteiligung an den Kernkraftwerken Emsland und Gundremmingen würden an RWE übertragen. RWE ist bereits Betreiber der Kraftwerke.
RWE nimmt Ökostromgeschäft von Innogy zurück
Das gesamte Erneuerbare Energiegeschäft sowie das Gasspeichergeschäft von Innogy und der Anteil am österreichischen Energieversorger Kelag gehen im Zuge der Transaktion zurück an RWE. Alle Beteiligungen werden rückwirkend zum 1. Januar 2018 übertragen. Auch Barmittel muss RWE-CFO Markus Krebber für die Transaktion aufbringen: E.on soll von RWE eine Barzahlung über 1,5 Milliarden Euro erhalten.
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Der M&A-Deal bewertet RWEs Innogy-Anteil inklusive der erwarteten Dividenden für 2017 und 2018 mit 40 Euro je Aktie. Ein entsprechendes Übernahmeangebot erhalten die Minderheitsaktionäre der Innogy. An der Börse legte deren Kurs nach der Ankündigung des Deals um satte 15 Prozent zu und stieg am Montagvormittag von 34 Euro auf 40 Euro. Der Aktienkurs von E.on startete mit 5 Prozent im Plus, der Kurs der RWE stieg um 11 Prozent.
RWE und E.on richten sich mit Innogy-Deal neu aus
Die Transaktion bedeutet nicht nur die Zerschlagung der erst 2016 gegründeten Innogy, sondern auch eine strategische Neuausrichtung für RWE und E.on. Nach Abschluss des M&A-Deals wären die Geschäfte mit Erneuerbaren Energien von E.on und Innogy künftig bei RWE vereint – nur rund zwei Jahre, nachdem RWE das Geschäft mit Erneuerbaren Energien abgespalten hat.
Erst Anfang 2017 hatte RWE im Rahmen der Ausgliederung noch Kapitalmarktschulden im Wert von 11 Milliarden Euro auf Innogy übertragen. Es war der bis dato größte Schuldnerwechsel eines Unternehmens in Europa. Für die Umsetzung dieser komplexen Transaktion erhielt das Treasury-Team der Innogy auf der Kongressmesse Structured FINANCE im vergangenen Jahr die Auszeichnung für das „Treasury des Jahres 2017“.
Wie das „Handelsblatt“ berichtet, soll RWE zudem mit dem Konkurrenten EnBW über den Kauf von Kohle- und Gaskraftwerken verhandeln, die Gespräche seien aber noch in einem frühen Stadium. Die Unternehmen kommentierten dies nicht.
E.on dagegen will sich künftig auf Energienetze und Kundenlösungen fokussieren und dafür seine neue Innogy-Beteiligung vollständig in den Konzern integrieren. Das Verteilernetz von Innogy gilt als besonders lukrativ: Im zurückliegenden Geschäftsjahr lag das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) von Innogy bei 2,8 Milliarden Euro, das Netzgeschäft steuerte dazu mit rund 1,9 Milliarden Euro den größten Teil bei.
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Analysten sehen Vorteile bei E.on
Noch ist der Deal nicht in trockenen Tüchern: Sowohl die Gremien beider Unternehmen als auch die Kartellbehörden müssen der Transaktion noch zustimmen. Analysten sehen aus der Transaktion leichte Vorteile für E.on: Die Transaktion dürfte für E.on positiver sein als für den Wettbewerber RWE, urteilt etwa J.P. Morgan. Die Société Générale bemängelte jedoch, E.on nutze mit der Sachkapitalerhöhung eine „unterbewertete Währung“ für den Zukauf. Das Energienetz-Geschäft bezeichnen die Analysten dafür als Kronjuwel von Innogy.
Für Innogy ist die Transaktion kurze Zeit nach dem Gang an die Börse und in die Eigenständigkeit ein schwerer Schlag. Das Unternehmen ist derzeit auch operativ geschwächt. Nach einer Gewinnwarnung im Dezember räumte CEO Peter Terium seinen Posten, für ihn übernahm der vorherige Personalvorstand Uwe Tigges. Erst vor wenigen Tagen wurde außerdem CFO Bernhard Günther bei einem Säureanschlag schwer verletzt. Die CFO-Funktion übt derzeit interimistisch sein Vorstandskollege Hans Bünting aus.
Innogy fährt derzeit einen Sparkurs und will bis 2020 die beeinflussbaren Kosten um 400 Millionen Euro brutto reduzieren, sagte CEO Tigges auf der heutigen Bilanzvorlage. Zu den Ankündigungen von RWE und E.on äußerte er sich zunächst nicht. Im vergangenen Jahr musste Innogy fast 500 Millionen Euro auf das schwächelnde britische Vertriebsgeschäft abschreiben, das Nettoergebnis fiel um 48,6 Prozent auf 778 Millionen Euro.
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