Gute Nachrichten für Wirecard: Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge sieht die Münchener Staatsanwaltschaft in den bisher unbegründeten Betrugsvorwürfen gegen den Zahlungsdienstleister aus dem Jahr 2016 einen Fall von Marktmanipulation. Die Behörde habe ihre Ermittlungen dazu abgeschlossen und einen Strafbefehl gegen den Herausgeber einer damals im Internet verbreiteten Analyse über Wirecard beantragt.
Das ist extrem selten, denn von 181 abgeschlossenen Verfahren wegen möglicher Marktmanipulation landeten in Deutschland der Finanzmarktaufsicht Bafin zufolge von Januar bis September 2018 nur 13 Fälle vor Gericht. 40 Prozent wurden verworfen, weil sich der Anfangsverdacht nicht bestätigt hat. Nur zehn Mal kam es am Ende zu einer Verurteilung.
Dubiose Vorwüfe von Zatarra gegen Wirecard
Die Anklage im Fall Wirecard richtet sich gegen den Eigentümer des Research-Hauses „Zatarra“. Unter dessen Flagge wurde am 24. Februar 2016 ein kritisches Research-Papier über Wirecard veröffentlicht, das hart mit dem Münchener Zahlungsdienstleister ins Gericht ging. Die bis heute unbestätigten Vorwürfe lauteten: Geldwäsche, illegales Glücksspiel, Betrug.
Wirecard wies die Anschuldigungen stets zurück, konnte die Panik an den Aktienmärkten dennoch nicht verhindern. Innerhalb weniger Minuten verlor der damalige TechDax-Konzern 1,3 Milliarden Euro an Börsenwert – die Aktie brauchte mehrere Monate, um sich von der Attacke zu erholen.
Der damalige Finanzvorstand Burkhard Ley sagte gegenüber FINANCE: „Ich habe mir den 101 Seiten langen Report, der plötzlich im Internet verbreitet wurde, Seite für Seite durchgelesen. Danach wusste ich, dass kein einziger Vorwurf korrekt ist.“ Zatarra bringe Wirecard nicht vom Kurs ab, so der CFO damals. Wirecard kaufte in der Folge weiterhin zu und übernahm für 8x Ebitda die rumänische Provus Goup. Auch in den USA wagten die Münchener eine Großakquisition. Ley verließ das Unternehmen vor gut einem Jahr schließlich.
Wirecard wurde aber unter anderem wegen des schwer durchschaubaren Geschäftsmodells immer wieder Opfer von Shortseller-Attacken, nicht nur durch Zatarra. Ende Januar 2018 beschuldigte das Research-Haus „Southern Investigative Reporting Foundation“ Wirecard, dass Teile einer Kaufsumme einer Indien-Übernahme nicht beim Verkäufer eingegangen seien. Auch diese Anschuldigungen, die Wirecard sofort bestritt, drückten den Aktienkurs.
Zatarra-Herausgeber Fraser Perring droht Geldstrafe
Durch die Shortseller-Attacke durch Zatarra und den damit verbunden Kursrutsch verloren einige Aktionäre viel Geld. Den rasanten Aufstieg von Wirecard bremste die Attacke jedoch langfristig nicht. Im August diesen Jahres holte Wirecard beim Börsenwert die Deutsche Bank ein. Wenig später verdrängte der Zahlungsdienstleister die Commerzbank aus dem Dax. War die Aktie durch die Shortseller-Attacke auf rund 35 Euro eingebrochen, steht sie aktuell bei 135 Euro.
Shortseller können Wirecard nicht stoppen
Leerverkäufer hatten von der Attacke dennoch profitiert. Die Börsenspekulanten wetten dabei auf fallende Aktienkurse indem sie sich Aktien für einen bestimmten Zeitraum leihen und direkt weiterverkaufen. Fällt der Kurs bis zur Rückgabe wie erwartet, können sie die Aktie am Markt günstiger zurückkaufen und zurückgeben.
An sich ist dieser Vorgang legal, jedoch wird er immer wieder für kriminelle Aktivitäten genutzt. Hinter Zatarra soll Fraser Perring stehen, der laut „Handelsblatt“ auch für andere umstrittene Börsengeschäfte bekannt ist. Mit seinem Börsendienst Viceroy soll er auch kritische Analysen über den Fernsehkonzern Pro Sieben Sat 1 und den Möbelhersteller Steinhoff veröffentlicht haben. Sollte Perring von der Staatsanwaltschaft München in dem Wirecard-Fall tatsächlich zu einer Geldstrafe verurteilt werden, könnte dies auch Schwung in die laufenden Schadensersatzklagen der Wirecard-Aktionäre bringen.
Info
Erfahren Sie mehr über Angriffe von Leerverkäufern auf Unternehmen auf der FINANCE-Themenseite Shortseller-Attacken.