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Großaktionär Thiele wirbelt Lufthansa-Rettung auf

Heinz Hermann Thiele hat seine Lufthansa-Anteile auf 15 Prozent aufgestockt. Seine Stimme erhält in der Debatte um die Restrukturierung dadurch mehr Gewicht.
Lufthansa

Die kriselnde Fluggesellschaft Lufthansa kommt nicht zur Ruhe: Großaktionär Heinz Hermann Thiele hat sich nun erneut zu Wort gemeldet und fordert Nachverhandlungen an dem nach langwierigen Debatten vereinbarten Rettungspaket.

Die Stimme des Unternehmers hat Gewicht: Thiele hat seinen Aktienanteil erneut aufgestockt und hält seit Beginn dieser Woche mehr als 15 Prozent an der Airline, wie er in einem am heutigen Mittwoch veröffentlichten Gespräch mit der F.A.Z. verkündete. 

Thiele stellt sich gegen Verwässerung bei Lufthansa

Für die Lufthansa bedeutet der neue Großaktionär nicht unbedingt mehr Stabilität, sondern zunächst einmal Unruhe: Thiele stört sich daran, dass der Staat im Gegenzug für eine 9 Milliarden Euro schwere Finanzhilfe eine 20-prozentige Aktienbeteiligung an der durch die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus schwer getroffenen Lufthansa erhalten soll.

Das Problem für die bestehenden Aktionäre: Der Einstieg des Bundes bei der kriselnden Fluglinie soll den bisherigen Überlegungen zufolge über die Ausgabe von neuen Aktien erfolgen. Diese sollen zum Nominalwert von 2,56 Euro ausgegeben werden – das ist gerade einmal ungefähr ein Viertel des aktuellen Aktienkurses der Lufthansa.

Thiele kritisiert, dass die übrigen Anteilseigner dadurch eine Verwässerung des Aktienwerts hinnehmen müssten. Dieser sei „erheblich“, die Aktionäre würden mit der Maßnahme „überfallartig“ konfrontiert, monierte der Unternehmer. 

Was bringt die Lufthansa-Hauptversammlung?

Über die Staatsbeteiligung stimmen die Lufthansa-Aktionäre am 25. Juni auf einer außerordentlichen Hauptversammlung ab. Je nachdem, wie viele Anteilseigner an dem virtuellen Treffen teilnehmen, könnte Thiele mit seinen 15 Prozent dort womöglich Entscheidungen im Alleingang blockieren.

Die Lufthansa-Führung ist besorgt, dass das Rettungspaket die erforderliche Zweidrittelmehrheit verfehlen könnte: „Dies würde bedeuten, dass die Deutsche Lufthansa möglicherweise zeitnah zur Hauptversammlung ein insolvenzrechtliches Schutzschirmverfahren beantragen müsste, wenn es dann nicht unverzüglich zu einer anderen Lösung kommt“, hieß es am Mittwochvormittag von der Airline. 

Thiele will sich jedoch noch nicht auf eine Position festlegen. Im Gespräch mit der F.A.Z. sagte er, seine Aufstockung sei „kein Signal, auf der Hauptversammlung gegen irgendetwas zu stimmen“. Jedoch solle Lufthansa-Chef Carsten Spohr „ein Gespür dafür entwickeln, was die Großaktionäre denken – neben mir vor allem Blackrock und einige andere Beteiligungen, vielleicht zehn an der Zahl“, zitiert die Zeitung Thiele. Externe Berater, Wirtschaftsprüfer und Anwälte würden nun seine Entscheidung für die Abstimmung vorbereiten. 

Hoffnung auf Rettung: Der Lufthansa-Aktienkurs

Thiele hatte im März erst die 10-Prozent-Schwelle bei der Lufthansa überschritten. „Da war Staatshilfe noch kein Thema“, räumte er im Gespräch ein. Sein Engagement wolle er nicht nur unter kapitalistischen Gesichtspunkten betreiben, vielmehr sei es langfristig angelegt.

Bei Thieles Einstieg im März lag der Aktienkurs der Kranich-Linie zeitweise unter 8 Euro. Seit Mitte Mai hatte sich die Aktie in Richtung 12 Euro bewegt, bevor sie am Montag dieser Woche, als Thiele nach eigenen Angaben die 15-Prozent-Schwelle überschritten hat, kurzzeitig wieder unter die 10-Euro-Marke fiel. 

Thiele kritisiert staatliche Doppelrolle bei Lufthansa

Thiele, der Haupteigner bei Vossloh und bei Knorr-Bremse ist, kritisiert auch die Doppelrolle aus politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen, die ein Einstieg des Bundes mit sich bringen würde. Er sei der festen Überzeugung, dass der Staat „nicht der beste Unternehmer“ sei. Der Staat bringe sich durch den Einstieg in eine „enorme Konfliktsituation“. Thiele fürchtet, dass langwierige Debatten – etwa um den Abbau von Arbeitsplätzen – die Restrukturierung der Lufthansa gefährden könnten.

Auch die zeitliche Vorgabe, dass der Bund sich nach drei Jahren als Anteilseigner zurückzieht, hält Thiele für unrealistisch. Er fürchtet, dass die Lufthansa bis zu diesem Zeitpunkt womöglich noch nicht in der Lage sein werde, die 9 Milliarden Euro samt Zinsen zurückzuzahlen.

Lufthansa: Staatshilfe, KfW oder Insolvenz?

Anfreunden könnte sich Thiele schon eher mit einem indirekten Einstieg über die staatliche KfW-Bank: „Eine indirekte Beteiligung über die KfW-Bank könnte ein Kompromiss sein“, zitierte die F.A.Z. den Unternehmer. Über die KfW ist der Bund erst vor wenigen Tagen etwa bei dem Biotech Curevac eingestiegen.

Bei der Lufthansa wurde in der Vergangenheit auch über eine andere Alternative zu staatlichen Hilfen laut nachgedacht: die Insolvenz. Großaktionär Thiele relativiert: „Die Existenz der Lufthansa wäre in einer Insolvenz nicht am darauffolgenden Tag erledigt. Es könnten sich daraus ebenso neue Möglichkeiten ergeben, auch wenn natürlich das Risiko steigt“, sagte er im F.A.Z.-Interview. Das Risiko wäre dann jedoch auch für Thiele erheblich. Im Insolvenzfall droht den Aktionären schlimmstenfalls ein Totalverlust.

Info

Alles über die Krise der Airline und die laufenden Rettungsbemühungen lesen Sie auf unserer Themenseite zur Lufthansa.

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