Tom Tailor muss bei seiner Restrukturierung einen weiteren Rückschlag hinnehmen: Das kriselnde Gruppenunternehmen Bonita, das mit dem operativen Tom-Tailor-Geschäft unter einer gemeinsamen Holding angesiedelt ist, hat wegen drohender Zahlungsunfähigkeit ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung beantragt.
Die Schwester Tom Tailor dagegen will sich mit einer Bund-Länder-Bürgschaft retten, die die Bundesregierung unter Beteiligung der Länder Hamburg und Nordrhein-Westfalen stellt. Sie bürgen für einen Betriebsmittelkredit über 100 Millionen Euro, wie die Hamburger am Montagabend mitteilten. Die besicherte Finanzierung läuft bis Ende September 2024. Bis Montagabend hatten noch nicht die Gremien aller beteiligten Banken zugestimmten, die Unterzeichnung eines verbindlichen Term Sheets soll im Laufe des heutigen Dienstags erfolgen.
Konsortialbanken und Hauptaktionär Fosun kooperieren
Auch die bereits beteiligten Konsortialbanken spielen bei der Rettung des Tom-Tailor-Geschäfts mit: Sie verlängern alle bisherigen Kreditlinien von 355 Millionen Euro zu unveränderten Konditionen bis ebenfalls Ende September 2024, teilten die Hamburger mit. Auch der Mehrheitsaktionär, die chinesische Fosun, verlängert die Laufzeit eines gewährten Darlehens über 28,5 Millionen Euro bis Ende 2024.
Doch mit diesem Rettungspaket kann ausschließlich das operative Tom-Tailor-Geschäft der drohenden Insolvenz entgehen. Um die gesamte Gruppe zu retten, hätte es einer größeren Summe bedurft – und für die wollten offenbar Bund und Länder nicht bürgen: „Die Bürgschaftszusage bleibt hinter der von der Gesellschaft für die Gesamtgruppe, einschließlich Bonita, beantragten Bürgschaftssumme zurück“, erklärte Tom Tailor.
Eine Unterstützung der schon seit längerem angeschlagenen Bonita war der öffentlichen Hand offenbar zu heikel. Denn Bonita ist nicht erst durch die Corona-Folgen in die Krise gerutscht. Die Bürgschaftsgeber hätten „keine ausreichende Finanzierungs- und Bürgschaftsfähigkeit“ für Bonita gesehen, heißt es in der Mitteilung des Konzerns. Die Liquidität von Bonita allein reiche allerdings nicht aus, um die Mittelabflüsse infolge der Coronakrise zu decken.
Das Eigenverwaltungsverfahren im Schutzschirm bei Bonita hat auch Auswirkungen auf die übergeordnete Tom-Tailor-Holding, die infolge der Bonita-Krise Insolvenzantrag gestellt hat. Tom Tailor spricht von „gruppeninternen Verpflichtungen gegenüber Bonita“, die eine Insolvenz bei der Holding „unausweichlich“ gemacht hätten.
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Tom Tailor ist schon länger im Krisenmodus
Wie seine Wettbewerber hatte auch Tom Tailor Ende März aufgrund des Coronavirus fast alle Filialen schließen müssen und daraufhin um die Liquidität gebangt. Auch die Einhaltung von Covenants sei in Gefahr, hieß es bereits damals. Mehrmals musste die Modekette ihre Ziele kassieren.
Bonita war allerdings schon vor der Corona-Pandemie ein Restrukturierungsfall. Die 2012 übernommene Modekette musste Tom Tailor vor gut einem Jahr voll abschreiben, nachdem ein Distressed-M&A-Deal mit der niederländischen Victory & Dreams platzte. Nach FINANCE-Informationen sollen damals hohe Haftungsrisiken der Grund für das Scheitern gewesen sein. Bei der im Juni 2019 abgeblasenen Transaktion hatte Tom Tailors Bankenkonsortium sein Veto eingelegt.
Info
Welche Herausforderungen das Hamburger Modehaus in der Vergangenheit meistern musste, können Sie auf unserer Themenseite zu Tom Tailor nachverfolgen.
Mehr über die verschiedenen Sanierungsverfahren lesen Sie auf unserer Themenseite Insolvenz.
Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalisten für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.