BDO kann mit einem aufsehenerregenden Mandatszugewinn aufwarten: Das mittelständische Prüf- und Beratungshaus wird aller Voraussicht nach ab dem Geschäftsjahr 2021 an neuer Abschlussprüfer bei JP Morgan in Deutschland, wie FINANCE aus Marktkreisen erfahren hat. Nur die Zustimmung der Hauptversammlung steht noch aus. Diese ist aber in aller Regel eine Formalie.
JP Morgan hatte sich aufgrund der verpflichtenden Abschlussprüferrotation auf die Suche nach einem neuen Wirtschaftsprüfer machen müssen. Während Industrieunternehmen ihre Prüfer erst nach 20 Jahren endgültig wechseln müssen, beträgt die Dauer bei Finanzinstituten wie Banken und Versicherungen nur zehn Jahre. Bei dem bisherigen JP-Morgan-Prüfer waren es schon deutlich mehr: PwC prüft die Bank bereits seit 1987. Ob BDO neben Deutschland künftig auch in anderen EU-Ländern prüfen soll, die ebenfalls das Mandat ausgeschrieben haben, ist bisher nicht bekannt.
JP-Morgan-Mandat geht an kein Big-Four-Haus
Interessant ist vor allem, dass das Mandat nicht an eine der drei anderen Big-Four-Gesellschaften KPMG, Deloitte oder EY gegangen ist. Gerade die großen Konzerne entscheiden sich bei einem Wechsel in aller Regel für eine der Big Four, da diese nicht nur über die größten internationalen Netzwerke, sondern auch über jahrzehntelange Erfahrung in der Prüfung der größten und komplexesten Konzerne verfügen. Dabei gilt gerade die Prüfung von Banken mit ihrem speziellen regulatorischen Umfeld als besonders schwierig.
Ob sich KPMG, Deloitte oder EY um das Mandat bei JP Morgan beworben haben, ist nicht bekannt. Branchenexpertise bringen die drei Häuser jedenfalls mit. EY hat im Zuge der Prüferrotation mit der Deutschen Bank und der Commerzbank bereits mehrere namhafte Bankmandate gewonnen und sich entsprechende Expertise aufgebaut. Auch KPMG kennt sich in dem Sektor sehr gut aus, unter anderem hat die Gesellschaft mehr als 60 Jahre die Bilanzen der Deutschen Bank testiert.
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Deloitte wiederum hatte sich mit seiner Finanzexpertise um das Commerzbank-Mandat bemüht – hier ging die Nummer 4 im deutschen Markt zwar leer aus, konnte aber dafür später ein Mandat bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gewinnen.
Mazars und BDO wollen Banken-Mandate
Doch gerade im Finanzsektor versuchen auch mittelständische Prüfgesellschaften aus dem Kreise der Next Ten ein Stück vom Kuchen abzubekommen – und sie schaffen es auch. So etwa Mazars, das in Deutschland nach den Big-Four-Wettbewerbern die meisten Banken und Versicherungen prüft: Die Nummer 9 in Deutschland hat im Mai 2019 mit dem Gewinn des Mandats bei Goldman Sachs in Deutschland und Großbritannien – um das sich auch BDO beworben hatte – von sich reden gemacht. Im vergangenen Jahr kamen aus dem Finanzsektor noch die Opel Bank und die Roland Versicherungen hinzu, berichtete Managing Partner Christoph Regierer erst kürzlich.
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Und auch BDO will sich im Finanzsektor positionieren. Vor rund einem Jahr gab die Nummer 5 in Deutschland mit der DVB Bank (Teil der DZ-Gruppe), Siemens Financial Services, der Versicherung Volkswohlbund und der Heidelberger Lebensversicherung einige Zugewinne in diesem Bereich bekannt. Das in Aussicht stehende Mandat bei JP Morgan hat nun sicherlich die größte Strahlkraft. Wie sich das WP-Geschäft bei BDO 2019 insgesamt entwickelt hat, zeigt sich in der kommenden Woche, wenn das Haus seine Geschäftszahlen vorlegt.
Info
Welcher Prüfer entscheidet den Kampf um die Mandate für sich? Lesen Sie mehr über den harten Wettbewerb auf den Themenseiten Next Ten und Big Four.
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.