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Das ist Schalkes Finanz-Rettungsplan

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Harte Einschnitte und keine Experimente mehr: So will Schalke 04 die Wende schaffen.
blende11.photo/stock.adobe.com

Schalke 04 steht wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand. In dieser Situation bricht die neue Finanzchefin Christina Rühl-Hamers mit der Arbeit ihres CFO-Vorgängers Peter Peters: „Es kann keine Wetten auf die Zukunft mehr geben. Schalke 04 wird nur noch das Geld ausgeben, das wir haben. So machen wir Schalke krisenfester.“ Diese Marschroute gab Rühl-Hamers bei der Vorlage der Jahresgeschäftszahlen am gestrigen Dienstagnachmittag aus. Ihre Leitlinie, betonte die Finanzchefin, sei die „kaufmännische Vernunft“.

Neben ihrer Philosophie stellte sie auch die wichtigsten Rettungsmaßnahmen vor, mit deren Hilfe sie den Bundesligaverein durch eine tiefgehende Restrukturierung führen will, dessen Krise sich nicht nur auf dem Platz, sondern auch im Finanzbereich bemerkbar macht. 

Schalke stoppt Bauprojekt „Berger Feld“

Der wichtigste Einschnitt: Schalke stoppt das Ausbauprojekt „Berger Feld“, ein etwa 100 Millionen Euro schweres Bauvorhaben, das den Verein bei der Infrastruktur eigentlich auf Augenhöhe mit den Topklubs der Bundesliga bringen sollte. In den bereits abgeschlossenen ersten Teil des Projekts hat Schalke 25 Millionen Euro investiert, die dafür aufgenommenen Kredite sind nach Aussage der Finanzchefin bereits getilgt. In die zweite Ausbaustufe floss ihr zufolge bereits „ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag“.

Jetzt zieht Rühl-Hamers die Notbremse und stoppt das Projekt. Während mehrere Trainingsplätze und ein Stadion für den Nachwuchs fertiggestellt worden sind, liegen die weiteren Bestandteile des Projekts, darunter ein neues Verwaltungsgebäude und eine „Fan-Welt“, auf Eis. Damit spart sich das Fußball-Unternehmen Investitionsausgaben von rund 50 Millionen Euro.

Außerdem prüft Schalke den Verkauf seiner E-Sports-Sparte. Ein solcher Deal könnte über 10 Millionen Euro einbringen, manche Spekulationen gehen sogar von mehr als 20 Millionen Euro aus. Rühl-Hamers bezeichnete die E-Sports-Sparte als „Zukunftsgeschäft, das Spaß macht“ – eigentlich also nichts, wovon man sich gerne trennt.

„Wir prüfen, ob wir die E-Sports-Sparte strategisch noch haben wollen.“

Christina Rühl-Hamers, CFO, Schalke 04

Doch die angespannte Finanzlage setzt die Schalke-Führung unter Zugzwang: „Wir prüfen, ob wir E-Sports strategisch noch haben wollen“, sagte Rühl-Hamers. Ausschlaggebend – so deutete die frühere Profifußballerin und Unternehmensberaterin an – dürfte sein, ob der Verein im Sommer beim anstehenden Umbau des Profikaders in ausreichender Höhe Transfererlöse erwirtschaften kann, um sich mit Liquidität zu versorgen.

Falls das nicht gelingt, könnte der Verkauf weiterer Vermögenswerte auf die Tagesordnung kommen, eventuell sogar die Ausgliederung der Profiabteilung in eine Kapitalgesellschaft. Von dieser könnte Schalke dann Anteile an externe Investoren verkaufen.

Rühl-Hamers will neue Anleihe auflegen

Auch der Kapitalmarkt wird kurzfristig großen Einfluss auf die finanzielle Aufstellung haben. Die im Juli auslaufende Mittelstandsanleihe über 15,9 Millionen Euro, die ursprünglich nicht durch eine neue Fremdfinanzierung ersetzt werden sollte, will Rühl-Hamers nun doch mit Hilfe einer neuen Anleihe in gleicher Höhe ablösen. Dabei setzt sie auf umtauschwillige bestehende Anleihegläubiger, aber auch auf die eigenen Fans, denen Schalke die neue Anleihe im Eigenvertrieb anbieten will.

Dass Schalke dabei wie bei der nun auslaufenden Anleihe erneut mit einem Zinssatz von 4,25 Prozent auskommen wird, ist nicht zu erwarten. Zwar hat sich der Kurs der Anleihe zuletzt wieder bis fast auf die Höhe des Nennwerts erholt, aber im Januar handelte sie zeitweise zu einer Rendite von 30 Prozent, es grassierten Insolvenzsorgen. Und die 2023 auslaufende zweite Tranche der Anleihe notiert aktuell nur zu 84 Prozent, was einer Ablaufrendite von über 15 Prozent entspricht. 

Rühl-Hamers umwirbt ihre Geldgeber mit zwei Versprechen: Zum einen hat sie sich einer soliden Finanzpolitik verschrieben. Zum zweiten soll selbst im Fall eines Abstiegs in die Zweite Liga der Schuldenabbau Vorrang vor Investitionen in den sportlichen Erfolg haben. So will Rühl-Hamers die Nettofinanzverbindlichkeiten, die im Kalenderjahr 2020 von 120 auf 148 Millionen Euro angestiegen sind, wieder auf unter 100 Millionen Euro drücken. In welchem Zeitraum das gelingen soll, sagte sie allerdings nicht.

Schalke-Umsatz bricht um 100 Millionen Euro ein

Doch die Ausgangslage für die Finanzrestrukturierung ist schwierig. Das Loch, das die Coronakrise in die Kassen des Traditionsklubs gerissen hat, ist groß: 2020 brach der Umsatz von 275 auf 175 Millionen Euro ein, unter dem Strich stand ein Fehlbetrag von 52,6 Millionen Euro. Ein Grund dafür ist die fehlende Elastizität des größten Kostenblocks: Der Personalaufwand sank lediglich von 124 auf 111 Millionen Euro.

Die Folge: Das negative Eigenkapital in der Konzernbilanz weitete sich von 18 auf 71 Millionen Euro aus. 2018 hatte die Schalke-Führung es kurzzeitig geschafft, diesen Wert einmal ins Positive zu drehen. Doch der absehbare Abstieg in die Zweitklassigkeit wird die Bilanz im nun laufenden Jahr aller Voraussicht nach noch weiter belasten.

Info

Viele weitere News und auch Analysen zur Finanzlage der Königsblauen finden Sie auf der FINANCE-Themenseite zu Schalke 04.

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