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Restrukturierungs-News: Reno, Hansa, Varta

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Die Schuhhandelskette Reno meldet Insolvenz an - über 1000 Mitarbeiter sind betroffen. Foto: Janet Worg - stock.adobe.com
Die Schuhhandelskette Reno meldet Insolvenz an - über 1000 Mitarbeiter sind betroffen. Foto: Janet Worg - stock.adobe.com

Schuhhändler Reno ist insolvent

Der Schuhhändler Reno ist insolvent. Wie aus Gerichtsveröffentlichungen hervorgeht, hat die Schuhhandelskette am vergangenen Dienstag Insolvenz angemeldet. Reno betreibt europaweit knapp 300 Filialen, laut der „Wirtschaftswoche“ sind fast 1.100 Mitarbeiter von der Insolvenz betroffen. Der Onlineshop des Unternehmens ist bereits jetzt nicht mehr erreichbar. Als vorläufiger Insolvenzverwalter ist Immo Hamer von Valtier (HVV Rechtsanwälte) bestellt. Gegenüber dem Magazin sagte von Valtier, er wolle dafür sorgen, den Geschäftsbetrieb wieder in Gang zu bringen sowie den Mitarbeitern eine Perspektive zu geben.

Die ehemalige Reno-Mutter HR Group hatte ihre kriselnde Tochter erst vor wenigen Monaten an Cm.sports und an dessen Kooperationspartner GA Europe verkauft. Die Vorzeichen für Reno waren nicht rosig gewesen, vor dem Verkauf hatte die HR Group laut einem Bericht bereits ein hypothetisches Insolvenzverfahren für die Reno-Kette durchgespielt.

Hansa muss unter den Schutzschirm

Der Pflegeheimbetreiber Hansa saniert sich unter einem Schutzschirm. Dazu will das Unternehmen, das insgesamt 23 Senioren- und Pflegezentren betreibt, fünf Gesellschaften neu aufstellen. Die Hansa-Gruppe beschäftigt 1.400 Angestellte. Ziel der Sanierung sei es, Ende 2023 zu einer „schwarzen Null“ zurückkehren.

Grund für das Schutzschirmverfahren sei ein „dynamischer Anstieg der Kosten für Energie, Material, Mieten und Personal“, den Hansa auf der Einnahmenseite nicht habe auffangen können. Zudem habe man auf „den extrem kostenintensiven Einsatz von Zeitarbeitenden zurückgreifen müssen“. In der Restrukturierung unterstützen die Restrukturierungsexperten Detlef Specovius, Michael Böhner und Christoph von Wilcken von der Kanzlei Schultze & Braun den Pflegeheimbetreiber. Als Sachwalter wurde Malte Köster von Willmerköster berufen.

Grünes Licht für Varta-Restrukturierung

Der Batteriehersteller Varta hat sich mit seinen Banken und dem Mehrheitseigner Montana Tech Components auf ein Restrukturierungskonzept einigen können. Wie Varta am vergangenen Freitag mitteilte, sieht die Einigung eine Verlängerung der Finanzierung bis 31. Dezember 2026 sowie Änderungen der Kreditbedingungen vor. Das Konzept steht noch unter dem Gremienvorbehalt der Hausbanken des Konzerns, zu denen unter anderem die BayernLB, die HSBC und die Unicredit zählen.

Das Restrukturierungskonzept hatte KPMG im Rahmen eines IDW-S6-Gutachtens erarbeitet. Es sieht unter anderem Anpassung von Produktions- und Strukturkosten sowie Investitionen in die Energiewende und E-Mobilität vor. Zudem sollen mit der Restrukturierung „umfassende Sparmaßnahmen und Maßnahmen zur Effizienzsteigerung“ umgesetzt werden. Der Einigung mit den Banken ging Anfang vergangener Woche eine Kapitalerhöhung voraus, mit der Varta rund 51 Millionen Euro einsammeln konnte.

Hakle bekommt italienischen Eigentümer

Der Toilettenpapierhersteller Hakle wird italienisch: Käufer ist das Familienunternehmen Sofidel, das ebenfalls Toilettenpapier herstellt. Der Gläubigerausschuss hat dem Deal bereits zugestimmt, er wird mit der Annahme des Insolvenzplans von Hakle vollzogen. Die Zustimmung der Kartellbehörden ist eine aufschiebende Vertragsbedingung. Finanzielle Transaktionsdetails gaben die Düsseldorfer nicht bekannt.

Konkret übernehmen die Italiener die Hakle Markenhaus GmbH und damit auch die Markenrechte. Der Düsseldorfer Standort soll unter der bisherigen Geschäftsführung um Volker Jung bestehen bleiben. Hakle betont, dass es „nach aktuellem Stand der Planungen“ für einen Übergangszeitraum keine wesentlichen Veränderungen bei Abläufen oder bei den Beschäftigten geben soll. Wie lange der Übergangszeitraum dauert und was danach passiert, spezifiziert das Unternehmen nicht.

Den Prozess begleitet Sachwalter Jan-Philipp Hoos (White & Case), der den Insolvenzplan im zweiten Quartal 2023 vorstellen will. Hakle hatte Anfang September 2022 Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt.

Kanzlei Anchor öffnet Standort in Hamburg

Die auf Restrukturierung und Sanierung spezialisierte Kanzlei Anchor eröffnet einen neuen Standort in Hamburg. Leiten wird den Standort Remo Kruse, er stößt von der Kanzlei Prof. Dr. Pannen Rechtsanwälte zu Anchor. Kruse war bisher schwerpunktmäßig in Regel-, Verbraucher- und Nachlassinsolvenzverfahren tätig, bei Anchor wird er als Counsel aktiv sein. Unterstützt wird Kruse durch drei nicht namentlich genannte Mitarbeiter.

Anchor ist bereits in 15 deutschen Städten tätig und beschäftigt 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Kanzlei ist auch beratend tätig und spezialisiert sich unter anderem auf das Interim Management.

Weitere Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Der Schuhgroßhändler Pölking saniert sich in Eigenverwaltung. Das Unternehmen, das rund 3.000 Einzelhandelsgeschäfte in Deutschland und Europa beliefert, ist laut der Kanzlei Pluta in eine drohende Zahlungsunfähigkeit geraten. Hervorgerufen worden sei diese durch die Corona-Pandemie und durch Zurückhaltung bei den Konsumenten infolge der Inflation. Dadurch sei die Liquiditätssituation bei Pölking „massiv belastet“ worden. Als Generalbevollmächtigter unterstützt Joachim Walterscheid (Walterscheid Rechtsanwaltsgesellschaft für Restrukturierung) die Geschäftsführung des Schuhhändlers, vorläufiger Sachwalter ist Stefan Meyer (Pluta).

Distressed M&A-Deals

Das insolvente Papierverarbeitungsunternehmen Schöneis hat einen Käufer gefunden. Das Druckunternehmen Sattler Group übernimmt mit ihrer Tochter Bernd Häseler Buchbinderei das Unternehmen inklusive aller 45 Beschäftigten, der Standort in Schöneis soll erhalten bleiben. Künftig firmiert das Unternehmen als Häseler & Schöneis Buchbinder. Als Insolvenzverwalter fungierte Christian Kaufmann (Pluta).

Weitere Restrukturierungen und Branchen-News

Der kriselnde Autozulieferer Leoni steht offenbar kurz vor der Einigung mit seinen Gläubigern über ein Sanierungskonzept. Wie der Konzern am gestrigen Mittwoch mitteilte, will das Unternehmen bei seiner Sanierung auf das StaRuG (Unternehmensstabilisierungs- und restrukturierungsgesetz) setzen. Es wäre der bisher größte StaRuG-Fall.

Konkret will der Großaktionär Pierer Leoni vollständig übernehmen. Dazu will der Anteilseigner Leoni über eine Kapitalerhöhung mit 150 Millionen Euro zukommen lassen. Zugleich will der Pierer die Schulden von Leoni in Höhe von 708 Millionen Euro übernehmen. Pierer würde damit zum alleinigen Besitzer von Leoni aufsteigen und das Unternehmen anschließend von der Börse nehmen.

Am vergangenen Montag haben die Galeria-Gläubiger dem Sanierungsplan der Warenhauskette zugestimmt. Diesen hatte Sanierungsexperte Arndt Geiwitz (SGP Schneider Geiwitz) gemeinsam mit der Unternehmensführung erarbeitet. Mit der Zustimmung verzichten die Gläubiger auf einen Großteil ihres Geldes, Medienberichten verlieren die Gläubiger mehr als 1 Milliarde Euro. Zudem sieht der Sanierungsplan vor, dass 47 Filialen geschlossen und 4.000 Beschäftigte entlassen werden.

Im Insolvenzverfahren des ehemaligen Druckluftnaglerherstellers Joh. Friedrich Behrens ist die zweite Abschlagszahlung erfolgt. Das Unternehmen hat in der vergangenen Woche eine Abschlagsverteilung über 11 Millionen Euro an die Gläubiger vorgenommen, die Quote der zweiten Auszahlung beträgt 22,3 Prozent.

Für die Inhaber der Anleihen 2015/2020 und 2019/2024 ist die Auszahlung an den gemeinsamen Vertreter, die Restrukturierungsberatung One Square Advisory, erfolgt. Gleichzeitig wurden rund 1,38 Millionen Euro an diejenigen Gläubiger ausgezahlt, die an der ersten Abschlagsverteilung noch nicht teilnehmen konnten. Die Quote aus beiden Abschlagsverteilungen beläuft sich auf 60,75 Prozent.

Der Papierhersteller UBM Communication Papers will seine Kapazitäten reduzieren. Das Unternehmen will laut einer Mitteilung eine Papiermaschine am Standort in Schongau schließen, der Plan betrifft 135 Angestellte an dem Standort. Zudem soll die Papierherstellung im Werk Steyrermühl sechs Monate früher als angekündigt beendet werden. Grund für die Schließungen sei eine rückläufige Nachfrage im Markt für graphische Papiere.

Die neuesten Restrukturierer-Personalien

Die Kanzlei Aderhold hat ihren Chef-Restrukturierer verloren. Thorsten Prigge, der die Praxisgruppe Insolvenz leitete und einer von drei geschäftsführenden Gesellschaftern von Aderhold war, hat die Kanzlei Mitte März verlassen. Aderhold begründete den Weggang in einer Mitteilung mit „unterschiedlichen Vorstellungen über die zukünftige Zusammenarbeit“. Nach sorgfältiger Abwägung sei man übereingekommen, dass die Trennung „im besten Interesse der beiden Parteien“ liege. Prigge wechselt operativ in den Mittelstand, wohin es ihn genau zieht, ist noch nicht bekannt.

Info

Paul Siethoff ist Redakteur bei Finance und schreibt vorrangig über Transformations-Themen. Er hat Kommunikationswissenschaften und Journalismus in Erfurt und in Mainz studiert. Vor seiner Zeit bei FINANCE schrieb Paul Siethoff frei für die Frankfurter Rundschau für die Ressorts Wirtschaft und Politik.