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Eucon-CFO Grasser: „Frauen dürfen selbstbewusster sein“

Wie Katharina Grasser der Verkauf des Hg-Capital-Portfoliounternehmens Eucon an einen Strategen gelungen ist, berichtet die 33-jährige CFO im Interview mit FINANCE. Foto: Eucon.
Wie Katharina Grasser der Verkauf des Hg-Capital-Portfoliounternehmens Eucon an einen Strategen gelungen ist, berichtet die 33-jährige CFO im Interview mit FINANCE. Foto: Eucon.

Bis Ende 2020 gehörte Eucon dem Finanzinvestor Hg Capital. Der Verkauf des Münsteraner Unternehmens stand schon 2019 fest, doch dann kam die Coronakrise, und der M&A-Prozess musste zwischenzeitlich unterbrochen werden. Mittendrin: Katharina Grasser, die den Verkauf verantwortete und nun schon seit dem Frühjahr 2021 CFO des Unternehmens ist. Heute ist Eucon mit 400 Mitarbeitern Teil der VHV Gruppe. Das Unternehmen unterstützt Firmen aus den Branchen Automotive, Versicherungen und Real Estate dabei, die eigenen Prozesse zu digitalisieren, vorhandene Datenschätze gewinnbringend zu nutzen und digitale Geschäftsmodelle umzusetzen.

Frau Grasser, Ende vergangenen Jahres haben Sie den Verkauf des Daten- und Prozessdigitalisierers Eucon an die VHV Gruppe gestemmt – und das mitten in der Coronakrise. Wie ist Ihnen das gelungen?

Corona hat uns in der Tat einen ordentlichen Dämpfer verpasst und natürlich waren wir erst einmal enttäuscht. Wir waren schon in der heißen Deal-Phase, als wir gemeinsam mit unserem damaligen Gesellschafter Hg Capital und unseren M&A-Beratern entschieden haben, den Verkauf zunächst auf Eis zu legen. Das war kein gutes Gefühl. Aber es war auch nicht der Zeitpunkt, um den Kopf in den Sand zu stecken. Also haben wir zunächst die Coronakrise gemanagt, was aufgrund unseres digitalen Geschäftsmodells zum Glück nicht so schwierig war wie anfangs gedacht.

Wann konnten Sie den M&A-Prozess wieder aufnehmen?

Im August 2020 konnten wir wieder loslegen, also knapp fünf Monate, nachdem wir den Verkauf zwischenzeitlich gestoppt hatten. Und unsere gute Vorbereitung beim ersten Mal hat sich ausgezahlt, denn wir konnten den Verkauf schon im Dezember 2020 abschließen.

Diese Transaktion bezeichnen Sie heute als die herausforderndste Aufgabe Ihrer bisherigen Karriere. Durchaus ungewöhnlich ist es auch, so eine große Verantwortung bereits mit 32 Jahren zu tragen. Was war aus Ihrer Sicht das Schwierigste bei dem Deal?

Für jemanden, der einen solchen Prozess zum ersten Mal federführend begleitet, waren viele Aspekte herausfordernd. Es sind zahlreiche Parteien mit unterschiedlichen Interessen involviert, denen man gerecht werden möchte, und es geht natürlich auch um viel Geld. Der Druck ist hoch und alles muss schnell gehen: In kurzer Zeit muss man sich in alle Kernbereiche des Unternehmens einarbeiten und diese Informationen bei kritischen Rückfragen von Investoren sofort abrufen können.

Darum wechselte CFO Katharina Grasser zu Eucon

Nach Abschluss der Transaktion wurden Sie quasi als Belohnung für Ihre Leistung im Februar dieses Jahres offiziell zur CFO und Geschäftsführerin des Unternehmens ernannt – zuvor agierten Sie als Finance Director mit Prokura für den M&A-Deal. Das klingt nach einer Bilderbuchkarriere.

Da muss ich Sie enttäuschen, mein Werdegang war nicht ganz geradlinig. Anders als viele CFOs habe ich keine traditionelle Schulkarriere hingelegt, sondern alle Schulsysteme durchlaufen – von der Hauptschule über die Realschule bis zur Fachoberschule. Während meiner Realschulzeit habe ich dann die Wirtschaft für mich entdeckt. Sind Sachverhalte schlüssig und mit Zahlen belegbar, bin ich in meinem Element. Mathematik und Wirtschaft waren schon immer meine Leidenschaft. Daher war der nächste logische Schritt für mich, nach dem Schulabschluss BWL zu studieren.

Was war Ihre erste berufliche Station nach dem Studium?

Mein erster Job war eine Stelle im Bereich Treasury und Investor Relations bei dem Verpackungshersteller Nordenia. Dort habe ich erste Erfahrungen mit dem Kapitalmarkt gesammelt und später auch Controlling-Aufgaben übernommen. Parallel durfte ich mich zur Certified International Investment Analyst (CIIA) weiterbilden – bis heute bin ich dankbar, diese Gelegenheit erhalten zu haben. Zudem hatte ich hier erste Berührungspunkte zu Private Equity, da Nordenia damals dem Finanzinvestor Oaktree gehörte. Erst als das Unternehmen an die Mondi Gruppe verkauft wurde und der Post-Merger-Integrationsprozess abgeschlossen war, bin ich zu Eucon gewechselt, zunächst als Senior Controller.

War es für den Wechsel zu Eucon ausschlaggebend, dass Ihr neuer Arbeitgeber auch wieder einen Private-Equity-Hintergrund mitbringt?

Auf jeden Fall! Private Equity bringt naturgemäß ein spannendes Arbeitsumfeld mit sich. Man lernt unglaublich viel, gleichzeitig ist der Bereich sehr fordernd und viele, zum Teil komplexe Themen werden gleichzeitig angetrieben. Auch die Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung ist zumeist gegeben, welche ich auch für mich genutzt habe. Besonders spannend finde ich, dass man an der Wertsteigerung des Unternehmens aktiv teilhaben kann. Eucon im Speziellen war darüber hinaus aufgrund des datenbasierten Geschäftsmodells ein attraktiver Arbeitgeber für mich.

Katharina Grasser: „Zweifel und Rückschläge gehören dazu“

Die Private-Equity-Branche ist nach wie vor sehr von Männern dominiert. Durch Ihre prominente Rolle bei einem Unternehmen in PE-Hand mussten Sie sich auch in diesem Umfeld behaupten. Hand aufs Herz: Wie schwierig ist das, gerade wenn man noch sehr jung ist?

Es ist sicher anders herausfordernd, wenn man jung ist. Und jeder geht damit unterschiedlich um. Mich hat unter anderem geprägt, dass ich früher Leistungssport gemacht habe. Als Sportlerin lernt man, mit großem Druck und Rückschlägen umzugehen und selbstbewusst zu sein. Zudem kann es schon einmal hilfreich sein, eine Art Mentor im Unternehmen zu haben, der einen motiviert und vielleicht auch mal Aufgaben überträgt, die auf den ersten Blick eine Nummer zu groß erscheinen. Wenn man diese dann meistert, ist das der beste Beweis für das eigene Können.

Das gilt meiner Ansicht nach auch für Private Equity: Die erfolgsorientierte und renditegetriebene Branche macht in der Regel keine Unterscheidung beim Geschlecht oder beim Alter, für sie ist das Ergebnis wichtig. Ich habe bislang sehr positive Erfahrungen gemacht. Allerdings habe ich den Eindruck, dass Frauen im beruflichen Umfeld insgesamt mehr Selbstbewusstsein zeigen dürfen.

Haben Sie zum Abschluss noch einen Tipp für eine angehende Kollegin?

Sie darf sich ruhig ambitionierte Ziele setzen. Wichtig ist es, diese dann mit Leidenschaft und Spaß zu verfolgen. Auch Zweifel und Rückschläge gehören zu einer beruflichen Karriere dazu. Als damals die Integration von Nordenia abgeschlossen war und der Standort, an dem ich gearbeitet habe, aufgelöst wurde, habe ich mich erstmal vor den Kopf gestoßen gefühlt. Daraus habe ich auch gelernt, Rückschläge nicht persönlich zu nehmen und Dinge mit mehr Gelassenheit anzugehen. Klar ist, es geht immer weiter.

olivia.harder[at]finance-magazin.de