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Die spannendsten M&A-Deals des Jahres 2023

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Der M&A-Markt hielt 2023 trotz Gegenwindes einige spannende Transaktionen bereit. Foto: photoopus – stock.adobe.com
Der M&A-Markt hielt 2023 trotz Gegenwindes einige spannende Transaktionen bereit. Foto: photoopus – stock.adobe.com

Der M&A-Markt in Deutschland hat 2023 das zweite Jahr in Folge empfindliche Rückgänge verkraften müssen. Wie aktuelle Zahlen des Datenanbieters LSEG zeigen, ist die M&A-Aktivität mit deutscher Beteiligung in diesem Jahr um 29 Prozent zurückgegangen (Stand Mitte Dezember). Das Deal-Volumen belief sich auf etwas mehr als 100 Milliarden US-Dollar, nach fast 141 Milliarden Dollar im Vorjahreszeitraum.

Die Deal-Zahl ist um 8 Prozent zurückgegangen auf etwas mehr als 2.700 angekündigte Transaktionen in diesem Jahr. Nach dem M&A-Boom-Jahr 2021 (fast 239 Milliarden Dollar Deal-Volumen verteilt auf 3.500 Deals mit deutscher Beteiligung) geht 2023 damit aus M&A-Sicht mau zu Ende. Wenig überraschend: Bereits Ende 2022 erwarteten Experten, dass das kommende Jahr für den M&A-Markt herausfordernd werden würde.

Dennoch hat das Jahr 2023 einige spannende M&A-Transaktionen zu bieten, wenngleich die Mega-Deals – zumindest auf breiter Front – ausgeblieben sind. FINANCE hat die größten und spannendsten Deals des Jahres für Sie gesammelt.

Carrier kauft Viessmann

Auf den ersten Platz im LSEG-Ranking geschafft hat es die Ende April angekündigte Viessmann-Carrier-Transaktion mit einem Volumen von mehr als 13 Milliarden US-Dollar. Nachdem zunächst Gerüchte über einen Verkauf von Viessmann ins Ausland kursierten, bestätigte das Familienunternehmen die Spekulationen einen Tag später: Die Allendorfer verkaufen ihre Klimasparte und damit das Herzstück des Unternehmens an den US-Konzern Carrier.

Vereinbart wurden eine ganze Reihe an Garantien für die Standort- und Arbeitsplatzerhaltung, dennoch wurden nach dem Deal-Announcement zahlreiche Kritiker laut, die ihre Sorge des Ausverkaufs des deutschen Mittelstands äußerten. Medienwirksam versuchte Viessmann, die Kritikpunkte zu entkräften. Ob Viessmann sich mit der Transaktion ideal für die Zukunft positioniert, wird man in einigen Jahren sehen. Klar ist aber: Marktteilnehmer, die im Alleingang bestehen wollen, werden es sicherlich nicht leicht haben.

SAP gibt Qualtrics in Private-Equity-Hände

Rang zwei im diesjährigen Deal-Ranking sichert sich SAP mit dem Verkauf der Software-Tochter Qualtrics an ein Konsortium um den Private-Equity-Investor Silver Lake und den kanadischen Pensionsfonds Canada Pension Plan Investment Board (CPP Investments) für rund 11,5 Milliarden Dollar.

Silver Lake und Qualtrics kannten sich bereits: SAP brachte das US-Unternehmen 2021 an die Börse, Silver Lake fungierte beim Börsengang als Underwriter. Doch Qualtrics entwickelte sich nicht wie von den Eigentümern erhofft. In diesem Jahr folgte dann die Rolle rückwärts, denn Silver Lake und CPP haben Qualtrics wieder von der Börse genommen.

Deutsche Börse mit größtem Deal der Unternehmensgeschichte

Den dritten Tabellenplatz belegt im Jahr 2023 die Deutsche Börse mit der Übernahme von Simcorp für einen Kaufpreis von rund 4,2 Milliarden Dollar. Für den Finanzdienstleister ist es die größte Transaktion der bisherigen Unternehmensgeschichte. Die Deal-Rationale: Mit dem dänischen Software-Anbieter will die Deutsche Börse ihr Geschäft mit Daten und der Datenanalyse ausbauen. Konkret soll Simcorp das Datenanalysegeschäft der Tochter Qotingo ergänzen. Das öffentliche Übernahmeangebot haben die Frankfurter Anfang Oktober abgeschlossen und im Anschluss einen Squeeze-out der verbliebenen Aktionäre eingeleitet.

Mit einem Volumen von fast von rund 4 Milliarden Dollar erreicht der Zukauf von Baxter Oncology durch die beiden Finanzinvestoren Advent und Warburg Pincus Platz vier. Das Pharmaunternehmen aus Halle, das früher als Asta Werke firmierte, produziert Arzneimittel zur Therapie verschiedener Krebs- und anderer lebensbedrohlicher Erkrankungen. Baxter ist auch im Bereich Contract Manufacturing tätig. Künftig soll das Unternehmen unter dem Namen Simtra agieren.

Platz fünf der größten Deals mit deutscher Beteiligung geht nach dem LSEG-Ranking im Jahr 2023 an die P2P-Transaktion von Synlab und Cinven. Die Story ist eine ähnliche wie bei SAP/Qualtrics: Cinven hatte Synlab im Jahr 2021 an die Börse gebracht, damals galt das Unternehmen als einer der Corona-Gewinner. Doch das Wachstum ließ mit der Zeit nach, 2022 gingen Umsatz und Gewinn (Ebitda) gar zurück. Cinven fasste also den Entschluss, Synlab wieder von der Börse zu nehmen, um den Labordienstleister abseits des Kapitalmarkts weiterzuentwickeln.

Schaeffler greift nach Vitesco

Neben den größten Transaktionen des Jahres gab es weitere Deals, die aufgrund ihrer Tragweite einen Platz im Ranking verdient haben. Dazu zählt die im Oktober bekanntgegebene Übernahme von Vitesco durch Schaeffler. Von dem Zukauf erhofft sich Schaeffler einen ordentlichen Transformationsschub, schließlich gilt Vitesco als gut positioniert in Sachen Elektrifizierung.

Und die Transaktion lässt Raum für Fantasie: In Analystenkreisen wird bereits über den nächsten Schachzug des Schaeffler-CEOs Klaus Rosenfeld spekuliert. So ist eine Überlegung, dass sich Schaeffler auch noch das kriselnde Automotive-Geschäft von Continental schnappen könnte.

Private-Equity-Bietergefecht um Software AG

Den Titel „Übernahmeschlacht des Jahres“ sichert sich 2023 das Wettbieten um die Software AG. Im April wurde bekannt, dass Silver Lake, damals schon minderheitlich an dem Darmstädter Software-Unternehmen beteiligt, die Software AG kaufen und von der Börse nehmen will. Wenige Tage später stockte Silver Lake das Angebot auf, weil es einen weiteren anonymen Bieter gab – dabei handelte es sich um Bain Capital, wie sich später herausstellte.

Ende Juni war der Wettstreit entschieden: Bain Capital zog sich auf dem Bieterwettstreit zurück und ließ Silver Lake den Vortritt. Mittlerweile läuft der Delisting-Prozess für das Software-Unternehmen – und Silver Lake ist auch schon fleißig dabei, das Portfolio der Software AG aufzuräumen und sein Investment zu Geld zu machen.

Das bringt das M&A-Jahr 2024

Darüber hinaus hielt 2023 auch kuriose Transaktionen wie das Hin und Her um den Flughafen Hahn bereit. Ebenfalls bezeichnend für das Jahr, das sich dem Ende neigt: Es fanden außergewöhnlich viele Debt-Equity-Swaps statt. Prominentestes Beispiel dürfte die „Schlüsselübergabe“ bei dem Ex-KKR-Portfoliounternehmen Unzer gewesen sein.

Und was hält das M&A-Jahr 2024 bereit? „Obwohl das M&A-Transaktionsvolumen 2023 eingebrochen ist, blicken wir positiv auf 2024“, sagt Anselm Raddatz, Partner und Leiter des Private-Equity-Geschäfts in Deutschland bei Clifford Chance. Das hat verschiedene Gründe: Zum einen gibt es laut Clifford Chance eine ganze Reihe an aufgeschobenen M&A-Projekten, die nächstes Jahr umgesetzt werden könnten. So hat die Deutsche Bahn den M&A-Prozess für DB Schenker wieder aufgenommen.

„Außerdem dürften sich die momentan teils stark divergierenden Preiserwartungen von Verkäufern und Käufern im Verlauf des Jahres 2024 annähern“, erwartet Thomas Krecek, Leiter M&A Continental Europe bei Clifford Chance. Die beiden Anwälte gehen zwar davon aus, dass die Rahmenbedingungen für Deals zunächst herausfordernd bleiben werden. Doch die sich abzeichnenden Zinssenkungen dürften speziell Private-Equity-Investoren wieder mehr Zuversicht verleihen – und haben das Potential, das M&A-Geschäft 2024 wiederzubeleben.

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE sowie Chefin vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.

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