Der Oberflächenspezialist Nanogate ist auf der Suche nach einem Investor. Wie das im saarländischen Göttelborn ansässige Unternehmen mitteilt, führe man neben dem laufenden Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung ein „strukturiertes und kompetitives Verfahren“, um einen Geldgeber an Land zu ziehen.
Von Investoren hat Nanogate demnach bereits indikative Interessensbekundungen für die Übernahme des Unternehmens oder wesentlicher Töchter sowie weiterer Vermögenswerte erhalten. Bei den Interessenten handelt es sich laut Mitteilung um in- und ausländische strategische Investoren und Beteiligungsgesellschaften. Sämtliche Interessensbekundungen sähen einen Erhalt des Kerngeschäfts der Gruppe vor.
Nanogate setzt auf zweigleisiges M&A-Verfahren
Die Offerten lassen sich laut Nanogate in zwei Kategorien unterteilen. Ein Teil der Interessenten zieht es demnach vor, sich im Rahmen einer Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung signifikant an Nanogate zu beteiligen oder diese vollständig zu übernehmen. Den Mittelzufluss aus der Kapitalerhöhung würde der Oberflächenspezialist zur Finanzierung des künftigen Geschäfts sowie zur anteiligen Befriedigung der Gläubigeransprüche verwenden. Der Modekonzern Gerry Weber, der erst vor wenigen Tagen an den Kapitalmarkt zurückgekehrt ist, hatte sich bereits über ein ähnliches Modell saniert.
Ein weiterer Interessentenkreis will laut Nanogate indes wesentliche Beteiligungen und Vermögenswerte kaufen und diese aus dem Konzern herauslösen. Danach würde das Kerngeschäft von Nanogate in einer neuen Gesellschaft weitergeführt, die im alleinigen Eigentum des möglichen Investors stünde. In diesem Modell würde der gezahlte Kaufpreis in die Insolvenzquote fließen. Übrig bleibt dann eine Gesellschaft ohne operatives Geschäft. Darüber hinaus will Nanogate in dieser Variante noch verbleibende Beteiligungen und Vermögensgegenstände veräußern, um vorrangig seine Gläubiger auszuzahlen.
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In beiden Fällen würden die Nanogate-Aktionäre größtenteils oder komplett leer ausgehen. Die Wertpapiere sind aber ohnehin nur noch ein Pennystock, nachdem die Aktie im Oktober 2017 bei über 50 Euro ihren Höchststand erreicht hatte. Das Management um Nanogate-CEO Martin Hedricks und CFOGötz Gollan wird die unverbindlichen Interessensbekundungen nun prüfen, auswerten und verhandeln, heißt es.
Nanogates Verhandlungen mit Banken scheiterten
Nanogate hatte im Juni verkündet, sich über ein Schutzschirmverfahren sanieren zu wollen, nachdem Verhandlungen mit den Banken über ein neues Finanzierungskonzept gescheitert waren. Die Banken hätten sich hierfür auf eine Verschiebung der Tilgungszahlungen einlassen müssen. Mit dem Scheitern der Gespräche war das Unternehmen nicht mehr durchfinanziert, außerordentliche Kündigungsrechte aus Kredit- und Schuldscheinverträgen führten zu einer drohenden Zahlungsunfähigkeit.
Im März – kurz nach dem Ausbruch der Coronakrise – hatten die Saarländer bereits Staatshilfen beantragt. Allerdings galt es von Beginn an als zweifelhaft, ob sich der Konzern für Fördermittel der Staatsbank KfW qualifizieren würde.
Denn Nanogate ist nicht nur wegen Corona in Schieflage geraten. Der Oberflächenspezialist verfolgte in der Vergangenheit einen ambitionierten Wachstums- und Zukaufskurs, wodurch sich der Umsatz von 53 Millionen Euro in 2013 auf 242 Millionen Euro in 2019 fast verfünffachte.
Das Nanogate-Management musste im vergangenen Jahr schon mehrfach die Prognosen nach unten korrigieren. Der Nettoverlust lag 2019 bei 14 Millionen Euro. Schon vor Corona litt Nanogate laut eigener Aussage insbesondere unter schleppenden Projektanläufen, operativen Schwächen, der Marktentwicklung und hohen Ausgaben für das Restrukturierungsprogramm. Deswegen verhandelte CFO Gollan im Januar 2020 eine Covenant-Pause mit den kreditgebenden Banken.
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Jakob Eich ist Chef vom Dienst des Printmagazins FINANCE und arbeitet parallel für das Schwestermedium DerTreasurer. Beide Publikationen gehören zum Fachverlag F.A.Z Business Media, bei dem der gebürtige Schleswig-Holsteiner auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Erste journalistische Erfahrungen sammelte der Journalist in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost.