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Wirtschaftsprüfer: Wer am stärksten gewachsen ist

Die Umsätze der Wirtschaftsprüfer wachsen weiter – auch, wenn die Konjunktur abkühlt?
Rawpixel/iStock/Getty Images Plus

An das Rekordwachstum von fast 16 Prozent im Jahr 2017 kam der Wirtschaftsprüfungs-markt in Deutschland im vergangenen Jahr nicht ganz heran, doch erneut war das Wachstum beachtlich: Die Big Four – Deloitte, EY, KPMG und PwC – sind im vergangenen Jahr um insgesamt 10,1 Prozent gewachsen. Die 25 größten WP-Häuser Deutschlands haben um knapp 8 Prozent zulegt, was in etwa dem Vorjahreswachstum entspricht.

Das ist das Ergebnis der gestern in Frankfurt vorgestellten Untersuchung des Marktforschers Lünendonk & Hossenfelder, der jährlich den Wirtschaftsprüfermarkt analysiert und ein Umsatz-Ranking der 25 größten WP-Häuser in Deutschland veröffentlicht.

Deloitte ist am stärksten gewachsen

Obwohl jedes der Top-10-Häuser mehr oder weniger stark gewachsen ist, hat sich gemessen an der Umsatzhöhe an der Reihenfolge nichts geändert: Innerhalb der Big Four ist PwC nach wie vor die Nummer 1 mit einem Umsatz 2,1 Milliarden Euro, auch wenn das Wachstum mit einem Plus von 4,1 Prozent gegenüber 2017 moderat ausgefallen ist. Es folgt EY mit 1,9 Milliarden Euro (+7,8 Prozent).

Damit hat EY seinen im Vorjahr von KPMG eroberten zweiten Platz verteidigt, allerdings ist KPMG 2018 um gute 10,2 Prozent gewachsen und belegt knapp hinter EY mit 1,8 Milliarden Euro den dritten Platz. Lange Zeit war die Nummer 4, Deloitte, weit abgeschlagen, jedoch hat Deloitte zuletzt mit einem starken Wachstum von 18,1 Prozent etwas aufgeholt: 2018 setzte das Unternehmen 1,4 Milliarden Euro um.

Auch das Verfolgerfeld der mittelständischen Prüfgesellschaften der „Next Ten“ hat gut zugelegt, wobei jedes Haus seinen Platz in der Rangliste verteidigen konnte. Auf Platz 5 findet sich BDO mit einem Umsatz 241 Millionen Euro (+4,8 Prozent), gefolgt von dem immer näher rückenden Wettbewerber Rödl & Partner mit 236 Millionen Euro (+8 Prozent) sowie Ebner Stolz mit 213 Millionen Euro (+8,5 Prozent). 

Wirtschaftsprüfer RSM nimmt Kurs auf Top Ten

Schwächer gewachsen ist im vergangenen Jahr das Wirtschaftsprüfungshaus Baker Tilly, das mit 151 Millionen Euro (Wachstum von 2,8 Prozent) seinen achten Platz verteidigt. Es folgt Mazars mit einem Umsatz von 143 Millionen Euro (+5,7 Prozent). Am Ende der Top 10 befindet sich Warth & Klein Grant Thornton mit 105 Millionen Euro Umsatz (+8,5 Prozent).

Innerhalb der Top 25 hat die WP- und Beratungsgesellschaft RSM den größten Sprung gemacht: Sie ist um beachtliche 46 Prozent gewachsen und setzt nun 60 Millionen Euro um, was den Aufstieg von Platz 15 auf Rang 12 im Ranking bedeutet. Getrieben wurde das Wachstum durch die Integration mehrerer neuer WP-Gesellschaften. „Wir haben gemerkt, dass eine gewisse Größe wichtig ist, um mitspielen zu können“, sagte RSM-Partner Rainer Grote bei der Präsentation der Zahlen in Frankfurt vor Journalisten.

Nach zwei Jahren mit starkem Wachstum zeigt sich die WP-Branche für das laufende Geschäftsjahr insgesamt verhaltener, unter anderem wegen der sich abkühlenden Konjunktur: Die Big Four erwarten ein Wachstum von rund 10 Prozent, die Top 25 sogar nur noch ein Plus von 4 Prozent, so die Lünendonk-Befragung.

2026 prüfen mehr Maschinen als Menschen

Ein Thema, das die Branche von Jahr zu Jahr stärker umtreibt, ist die Digitalisierung. So gaben zwei Drittel der Befragten an, dass ihre Kunden in Ausschreibungen immer häufiger den Einsatz von Analysetools in Beratungsprojekten forderten. Die meisten Wirtschaftsprüfer sind bereits lieferfähig: Mehr als zwei Drittel der Teilnehmer nutzen nach eigener Aussage Standardsoftware-Lösungen als Basis für die Beratungsprojekte und erarbeiten auf deren Grundlage konkrete Lösungen.

„Die Honorare werden steigen.“

Martin Plendl, Deloitte-CEO

Ganz oben auf der Agenda stehen bei den Wirtschaftsprüfern derzeit Investitionen in die standardisierte Abschlussprüfung. Interessant dabei: Die WP-Häuser erwarten, dass von 2026 an erstmals mehr Prüfungshandlungen von Maschinen als von Menschen vorgenommen werden.

Wer allerdings glaubt, dass die Prüfungen durch den Einsatz von Maschinen günstiger werden, der irrt, warnen die Wirtschaftsprüfer: „Die Honorare werden steigen, denn die Investitionen in die Technologien sind immens und müssen sich amortisieren“, meint Deloitte-Deutschlandchef Martin Plendl. Er erwartet eine grundlegend neue Regelung der Wirtschaftsprüfervergütung: „Die Pricing-Modelle werden sich verändern. Es wird nicht mehr nach Stunden, sondern Output-orientiert bezahlt werden“, so seine Prognose.

Mazars: „Qualität der Prüfung wird steigen“

Ähnlich sehen es auch die mittelständischen WP-Häuser. „Die Personalstruktur wird sich verändern, wir werden IT- und Technologie-Experten brauchen, die entsprechend bezahlt werden müssen“, sagt BDO-Vorstandsmitglied Andrea Bruckner. Die Unternehmen sollen aber nicht nur mehr bezahlen, sondern auch mehr bekommen, so das Versprechen der Prüfer: „Die Qualität der Abschlussprüfung wird durch die neuen Technologien steigen“, glaubt Mazars-Partner Christoph Regierer.

Das richtige Personal für diese Dienstleistungen zu finden, ist und bleibt allerdings eine der größten Herausforderungen der Branche, sind sich die Vertreter der WP-Häuser einig. Zumal sich das Anforderungsprofil an die zukünftigen Wirtschaftsprüfer verändern wird. „Den ‚Häkchenmacher‘ wird es nicht mehr geben. Der Prüfer wird ein globaler Projektmanager, der multidisziplinäre Teams steuert“, meint Christoph Regierer. Andrea Bruckner von BDO sieht das ähnlich: „Der Prüfer selbst muss kein Technologie-Experte sein. Aber aus seiner kritischen Grundhaltung heraus muss er die Ergebnisse der Maschine verstehen und sie hinterfragen.“

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Info

Wer hat die höchsten Umsätze, wer ergattert die besten Mandate? Lesen Sie alles zu den Entwicklungen der WP-Branche auf den Themenseiten den Big Four und Next Ten.

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.