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So gelingt integratives Risikomanagement

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Wenn Risikomanagement und Controlling mehr zusammenarbeiten profitieren beide davon.
jirsak - stock.adobe.com

Die stabile Wachstumsphase der vergangenen Jahre hat bei nicht wenigen Unternehmen das Risikomanagement etwas einrosten lassen – bis das Großrisiko Coronavirus kam. Die Pandemie hat aufgedeckt, dass sehr viele CFOs hier nachrüsten müssen. Ein integratives und entscheidungsorientiertes Risikomanagement ist das Gebot der Stunde.

Der Vorteil: Es geht jetzt nicht um Desaster-Management. Das Großrisiko ist bereits eingetreten, die Krisenbewältigung vielerorts angestoßen, teils sogar schon abgeschlossen. Jetzt gilt es, den geschärften Sinn für Risiken im Unternehmen zu nutzen, um der gesamten Unternehmensplanung zu mehr Qualität zu verhelfen. Werner Gleißner, Professor für Risikomanagement an der TU Dresden, geht sogar so weit, dass dadurch „Insolvenzen verhindert werden können“ – gerade jetzt, da die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht schon stark eingegrenzt worden ist. Dies gelingt, wenn eine mögliche Bestandsgefährdung gerade durch Kombinationseffekte von Risiken durch die sogenannte Risikoaggregation, also Simulationsrechnungen rechtzeitig aufgezeigt wird.

 

 

Das ist integratives Risikomanagement

Im klassischen Risikomanagement muss sich der Vorstand bei Entscheidungen folgende Fragen stellen: Sind die Risiken im Entscheidungskalkül berücksichtigt? Sind die Risiken der Entscheidung tragbar? Und nicht zuletzt: Ergeben sich mit der Entscheidung neue Risiken, die die Entwicklung des Unternehmens am langen Ende gefährden könnten?

Für die Bewertung des Risikos sind CFOs auf eine gründliche Vorarbeit der Finanzabteilung angewiesen. Voraussetzung dafür ist ein integratives Risikomanagement. „Der „Integrationsgrad“ hängt davon ab, inwieweit das System des Risikomanagements mit den Systemen der anderen Abteilungen zusammenarbeitet“, sagt Gleißner – sprich, inwieweit die Risikomanagement-Systeme mit jenen im Controlling oder Treasury verknüpft sind. Es geht um den gegenseitigen Austausch von Daten und den wechselseitigen Zugriff auf die Systeme der anderen Teams. „Die Abschätzungen des Risikomanagements müssen auch in die Arbeit der anderen Abteilungen miteinfließen“, empfiehlt Gleißner.

Controlling trifft Risikomanagement

Vor allem mit dem Controlling sollte eine enge Zusammenarbeit herrschen, denn das Controlling – insbesondere das strategische – hat die Aufgabe, den CFO bei wichtigen Weichenstellungen wie etwa einer Strategiebewertung zu unterstützen. Das Controlling sollte dabei aber keinesfalls nur die Risiken berücksichtigen, denen das Unternehmen bereits ausgesetzt ist, sondern auch aufzeigen, welche Risiken durch eine Managemententscheidung entstehen würden. Werner Gleißner nennt folgende Prozesse, bei denen Controlling und Risikomanagement miteinander interagieren sollten:

  • Das Controlling erstellt Planung und Budget auf der Basis von Annahmen. Eine unsichere Annahme ist dabei ein mögliches Risiko. Diese Risiken sollten dem Risikomanagement weitergegeben werden, damit die Kollegen die Risiken genauer untersuchen können. Das Ergebnis muss dann an das Controlling zurückgespielt werden, und beide Parteien können mit der Risikoanalyse arbeiten.
  • Ebenso kann das Controlling ein Risiko bei der Planung direkt quantifizieren. Es legt einen Planwert (zum Beispiel Kostenbudget) fest und zugleich Risiken, die zur Abweichungen dieses Werts führen könnten. Daraus können sich ein Mindestwert, der wahrscheinlichste Wert und ein Maximalwert ergeben. Diese Datenpunkte sind für beide Abteilungen relevant.
  • Immer, wenn eine Planabweichung auf eine Ursache zurückzuführen ist, die bisher noch nicht im Risikomanagement erfasst wurde, wird damit ein neues Risiko identifiziert. Besonders bei der Steuerung des Controllings spielt das eine Rolle.
  • Mittels statistischer Analysen kann das Risikomanagement Planabweichungen der Vergangenheit auswerten und mit dieser Hilfe Risiken quantifizieren. Das Ergebnis ist auch für das Controlling und dessen Zukunftsplanungen relevant.
  • Risikobewältigungsmaßnahmen sollten in die Unternehmenssteuerung durch das Controlling integriert werden. Für unsichere Planungspositionen können die Controller dann Maßnahmen initiieren, die zukünftigen Planabweichungen entgegenwirken.

Diese Punkte zeigen, dass Controller durchaus dazu in der Lage sind, einige Basisaufgaben des Risikomanagements alleine abzudecken, zum Beispiel indem sie schon im Planungsprozess unsichere Annahmen identifizieren. „Trotzdem müssen nicht beide Abteilungen direkt miteinander verschmelzen“, findet Gleißner. „Die zentrale Idee liegt vielmehr darin, dass das Risikomanagement entscheidungsorientierter ausgerichtet werden kann. Dafür muss es im Unternehmen bereits vorhandene Ressourcen zur Risikoerkennung nutzen, allen voran die des Controllings.“

sarah.backhaus[at]fianance-magazin.de

Info

Auch andere Abteilungen erleben durch die Coronakrise eine Transformation. Wie CFOs das in den Bereichen  Planung, Reporting, Treasury und Risikomanagement am besten angehen, haben wir in der Serie CFO-Lehren für Sie zusammengefasst.

Den Bereich Strategie haben wir uns hier bereits angeschaut. Was Investor Relations durch die Coronakrise gelernt hat, lesen Sie hier. Und wie CFOs in einer Krise führen sollten, erfahren Sie hier. Wie es beim Accounting aussieht, lesen Sie hier. Was das Treasury jetzt ändern sollte, finden Sie hier.

Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Backhaus ist spezialisiert auf die Themen Restrukturierung, Transformation, Zahlungsverkehr und Cash Management. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalistin für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.