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Restrukturierungs-News: Peek & Cloppenburg, Deutsche Lichtmiete, P&R

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Peek & Cloppenburg hat aus der Schutzschirm-Insolvenz auch schon personelle Konsequenzen gezogen. Foto: Axel Bueckert - stock.adobe.com

Peek & Cloppenburg muss unter den Schutzschirm

Das nächste Retail-Unternehmen steckt in der Insolvenz. Anfang März hat der Modehändler Peek & Cloppenburg (P&C) bekannt gegeben, sich in einer Schutzschirm-Insolvenz sanieren zu müssen. Grund sei, dass sich das Geschäft der Einzelhandelskette nach den Corona-Jahren 2020 und 2021 nicht so erholt habe wie erwartet. Das Geschäftsjahr 2022 sei nicht erfolgreich verlaufen, die Kundenzahl lag laut P&C-Co-Geschäftsführer Thomas Freude unter dem Niveau der Vor-Corona-Zeit. Hinzu kamen hohe Verluste im Online-Geschäft.

Die negative Geschäftsentwicklung dürfte  auch an strategischen Fehlern des Konzerns liegen, vor allem im Online-Handel: „P&C hat die Entwicklung von Anfang an verschlafen“, kommentierte der Handelsexperte Gerrit Heinemann die Online-Strategie von P&C gegenüber der „Rheinischen Post“.

Das Schutzschirmverfahren betrifft die Peek & Cloppenburg KG, Düsseldorf, zu der die Unternehmenszentrale sowie 67 Filialen mit insgesamt rund 6.800 Beschäftigten gehören, sowie die Einkaufsgesellschaft des Unternehmens, die Peek & Cloppenburg Retail Buying GmbH & Co. KG. Internationale Töchter seien nicht betroffen. Während der Restrukturierung werden laut P&C-Manager Freude auch Arbeitsplätze wegfallen, vorrangig in der Düsseldorfer Zentrale des Konzerns.

Personelle Konsequenzen aus der Schutzschirm-Insolvenz hat P&C bereits in der zweiten Führungsriege gezogen: Der Modehändler hat sich am vergangenen Dienstag weitestgehend von seiner bisherigen Unternehmensleitung getrennt. Die neu zusammengestellte Geschäftsführung des Unternehmens besteht nach P&C-Angaben ab sofort aus Thomas Freude, der erst zum Jahreswechsel zum Unternehmen gestoßen war, CFO Steffen Schüller und dem Restrukturierungsexperten Dirk Andres (Andres Partner), der die Sanierung von P&C vorantreiben soll. Das Unternehmen verlassen mussten Online-Chef Sven Bernhardt, Logistikchef Ricardo Carballo, CSO Melanie Kleemann, Personalchefin Carolin Schwarz, Henriette Tesch, Einkauf DOB, sowie John Cloppenburg. Als vorläufiger Sachwalter ist Horst Piepenburg (Piepenburg) eingesetzt.

Trotz Widerstand: Deutsche-Lichtmiete-Verkauf Fix

Der Verkauf des ehemaligen Insolvenzfalls Deutsche Lichtmiete ist endgültig unter Dach und Fach. Am vergangenen Montag haben die Anleihegläubiger der Anleihen 2018/2023, 2019/2025 und 2017/2017 dem Verkauf des Unternehmens an den neuen Eigentümer, Alstersee 394. VV GmbH, zugestimmt. Das Unternehmen firmiert mittlerweile unter dem Namen Novalumen. Für die Gläubiger stimmte dabei der Gemeinsame Vertreter der Anleihegläubiger, die Restrukturierungsberatung One Square Advisory, ab.

Im Vorfeld der Abstimmung hatte es aber auch Widerstände gegen die nun beschlossene Lösung gegeben. Die Anwaltskanzlei Schirp & Partner, die einen Teil der Anleihegläubiger vertritt, hatte in einem Schreiben an selbige dazu aufgerufen, dem Kaufvertrag nicht zuzustimmen. Die Kanzlei hatte explizit appelliert, One Square Advisory als Vertreter der Anleihegläubiger anzuweisen und bei der Abstimmung mit „Nein“ zu stimmen.

Die Kritik der Kanzlei: Der Kaufpreis sei unbekannt und es werde kein Barkaufpreis für das Unternehmen gezahlt, im Vertrag sei lediglich festgehalten, dass der Kaufpreis durch Begebung einer Schuldverschreibung in Höhe von 45 Millionen Euro bezahlt werden solle.

P&R-Insolvenzverwalter scheitert vor BGH

Anleger des Container-Anbieters P&R können aufatmen: Sie müssen Miet- und Rückzahlungen, die sie in den vier Jahren vor der Insolvenz des Container-Anbieters im Jahr 2018 erhalten haben, nicht zurückzahlen. Mit einem jetzt bekannt gewordenen Beschluss von Ende Januar hat der Bundesgerichtshof eine Beschwerde des Insolvenzverwalters gegen die Nichtzulassung der Revision gegen eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe abgewiesen. Damit ist das Urteil des OLG Karlsruhe rechtskräftig.

Der Insolvenzverwalter hatte in sechs Pilotklagen feststellen lassen, ob er Mietzahlungen und Rückzahlungen aus den vier Jahren vor der Pleite zurückfordern kann. Fest steht nun, dass die Anleger – zumindest in diesem ersten Fall – ihr Geld behalten können.

Galeria-Gläubiger sollen auf Milliarden verzichten

Die Gläubiger von Galeria Karstadt Kaufhof sollen einem Bericht der „Wirtschaftswoche“ zufolge im laufenden Insolvenzverfahren erneut auf einen Milliardenbetrag verzichten. Das sehe der Insolvenzplan vor, über den die Gläubiger am 27. März abstimmen werden. Der Zeitung lag eine Zusammenfassung des Insolvenzplans vor. Gläubiger ohne Sicherheiten würden bei Zustimmung zum Insolvenzplan nur 2 bis 3,5 Prozent der geschuldeten Summe erhalten.

Falls die Gläubiger das Konzept ablehnen, werde Galeria den Geschäftsbetrieb einstellen. Ein Verkauf des Unternehmens als Ganzes komme nicht in Betracht. Der Bericht der Zeitung nennt auch eine konkrete Spanne, in der sich die Insolvenzforderungen bewegen sollen: Die Sanierungsberater des Warenhauskonzerns gehen von Forderungen zwischen 1,41 bis 2,36 Milliarden Euro aus. Galeria wollte den Bericht auf FINANCE-Anfrage nicht kommentieren.

Weitere Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Das Lübecker Telekommunikations-Unternehmen Lehmensiek muss in die vorläufige Eigenverwaltung. Betroffen sind die beiden Töchter Lehmensiek Tiefbau und die Lehmensiek Tele-Technik. Das Unternehmen ist laut der beratenden Kanzlei BBR Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte durch Verluste aus Großprojekten in finanzielle Schieflage geraten, hinzu seien erhebliche Ergebnis- und Liquiditätsbelastungen bei Kunden und Nachunternehmen gekommen. Lehmensiek beschäftigt rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und erwirtschaftete 2021 einen Umsatz von rund 39 Millionen Euro. Als vorläufiger Sachwalter ist Stefan Denkhaus (BRL) bestellt, Generalbevollmächtigter ist Ulrich Kammerer (UKMC).

Das Start-up Jenabatteries ist insolvent und sucht nach einem Investor. Das Unternehmen hatte weder 2021 noch 2020 relevante Umsatzerlöse erzielt. Im Geschäftsbericht von 2021 gab das Start-up an, dass sich die Entwicklung der sogenannten Redox-Flow-Batterie verzögert habe, so dass sich der Abschluss von Kooperationsverträgen mit Partnern für die Realisierung von Pilotprojekten verschoben habe. Für 2022 hatte Jenabatteries Umsatzerlöse aus Projektanzahlungen in Höhe von 600.000 Euro prognostiziert. Laut einer Mitteilung des vorläufigen Insolvenzverwalters Rolf Rombach (Rombach) läuft der Geschäftsbetrieb des Start-ups und damit auch die Forschung und Entwicklung an dem Batteriekonzept weiter. Als Generalbevollmächtigter unterstützt Christian Krönert von der Kanzlei Voigt Salus den Sanierungsprozess, den M&A-Prozess betreut Simon Leopold (ABG Consulting-Partner).

Fünf Gesellschaften der Hansa-Gruppe, die insgesamt 23 Senioren- und Pflegezentren in Bremen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen betreibt, stellen sich im Rahmen von Sanierungsverfahren neu auf. Dazu reichte das Unternehmen Anfang März entsprechende Anträge ein. Ziel der Verfahren sind die wirtschaftliche Neuausrichtung der Gruppe sowie der Erhalt der Häuser und der rund 1.400 Arbeitsplätze. Der ambulante Pflegedienst und die Dienstleistungs-GmbH von HANSA befinden sich nicht in Sanierungsverfahren und arbeiten im gewohnten Umfang weiter. Bei der Restrukturierung wird die HANSA-Gruppe von einem Team aus Sanierungsspezialisten von Schultze & Braun um die Restrukturierungsexperten Detlef Specovius, Michael Böhner und Christoph von Wilcken beraten.

Der sächsische Automobilzulieferer JKL Kunststofflackierung ist insolvent. JKL ist ein 2nd- und 3rd-Tier-Supplier in der Automobilindustrie mit 78 Beschäftigten. Der Konzern ist eine Tochter der IBG Sachsen, die Muttergesellschaft ist jedoch von dem Insolvenzverfahren nicht betroffen. Als vorläufiger Insolvenzverwalter ist Carsten D. Liersch (GvW) bestellt.

Distressed M&A-Deals

Der Bäckereiofen-Hersteller Wachtel wird von der Wiesenheu-Gruppe aus der Insolvenz übernommen. Der Käufer gehört zu den Marktführern für Backöfen  in Europa. Wachtel hatte im Dezember 2022 Insolvenz in Eigenverwaltung anmelden müssen, Anfang März wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die nun getroffene Vereinbarung sieht vor, dass die Wiesheu-Gruppe in einem  Asset Deal die Liegenschaft in Pulsnitz sowie das notwendige Anlage- und Umlaufvermögen übernimmt. Wachtel wird weiterhin als eigenes Unternehmen geführt und dabei zunächst rund 115 Mitarbeiter beschäftigen. Als CRO war Christian Gerloff (Gerloff Liebler Rechtsanwälte) eingesetzt, als Sachwalter war Holger Rhode (Görg) tätig.

Die Knapheide-Gruppe, ein Hersteller von Hydrauliksystemen, hat einen Investor gefunden. Der Hydraulik-Spezialist Hansa-Flex übernimmt das insolvente Unternehmen. Sämtliche 400 Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben. Knapheide hatte im November 2022 aufgrund von Lieferkettenstörungen und steigenden Energiekosten Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Als Sanierungsgeschäftsführer waren die Görg-Partner Gerrit Hölzle und Thorsten Bieg tätig. Den M&A-Prozess betreute Michael Rabe (Wayes).

Das tschechische Family Office BHM Group hat das insolvente Medizintechnik-Unternehmen Medifa übernommen. Medifa hatte im Oktober für zwei der drei zur Gruppe gehörenden Unternehmen Insolvenz anmelden müssen. Das Unternehmen firmiert künftig als Medifa GmbH, zuvor hatte es sich bei Medifa um eine GmbH & Co.KG gehandelt. Als Insolvenzverwalter war Dirk Pehl (Schultze & Braun) tätig.

Die Weltbild D2C Group hat zum 1. März den insolventen Online-Uhren- und Schmuckhändler Paul Valentine übernommen. Laut Unternehmensangaben soll die Lifestyle-Marke Paul Valentine und der Schmuck- und Uhrenhandel unter dem Dach der Weltbild D2C Group angesiedelt und weiter ausgebaut werden – mit dem Fokus auf alle Weltbild-Zielgruppen und „junge Familien“. Das erst 2015 gegründete Start-up war wegen eines Umsatzeinbruchs in der Corona-Pandemie Ende Januar dieses Jahres Insolvenz geraten. Als Insolvenzverwalter war Dietmar Haffa (Schultze & Braun) tätig.

Der Kunststoffverarbeiter Lätzsch ist gerettet. Die Gläubiger des Unternehmens haben den Insolvenzplan mehrheitlich angenommen. Der Plan sieht vor, dass Lätzsch von einem Investor, der nicht namentlich genannt wurde, übernommen wird. Mit de nun feststehenden Lösung bleiben alle 93 Arbeitsplätze erhalten. Als Sachwalter war Jörg Schädlich (Stapper Jacobi Schädlich) tätig, beraten wurde Lätzsch durch Simon Leopold (ABG Consulting-Partner). Generalbevollmächtigter war Stefan Ettelt von der Kanzlei Kulitzscher & Ettelt.

Beendete Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Der insolvente Uhrenhändler Watchmaster steht vor dem Aus. „Leider wurden die gemeinsamen Anstrengungen der Mitarbeiter, der Geschäftsführer und meines Teams zum Verkauf der von Watchmaster geschaffenen Handelsplattformen nicht belohnt, so dass eine Zerschlagung erfolgen muss“, so Insolvenzverwalter Philipp Hackländer (White & Case). Das Insolvenzverfahren um das Berliner Unternehmen ist zum 1. März eröffnet worden.

Der Luxusuhren-Händler war im vergangenen Jahr in die Insolvenz geraten, nachdem dem Unternehmen durch einen Diebstahl 1.000 gebrauchte Uhren geraubt wurden. Dadurch sah sich Watchmaster gezwungen, alle Verkäufe zu stoppen und Insolvenzantrag zu stellen, zumal seine Investoren die weitere Finanzierung ablehnten. In den nächsten Monaten steht Insolvenzverwalter Hackländer vor der Aufgabe, das verbliebene Handelsgeschäft abzuwickeln und die von dem Diebstahl betroffenen Kunden zu entschädigen.

Weitere Restrukturierungen und Branchennews

Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass ein Investor für den insolventen Schuhhändler Görtz gefunden ist. Nun ist raus, wer der Käufer ist. Es handelt es sich dabei laut dem „Manager Magazin“ um das Ehepaar Leonie und Burkhard von Wangenheim, die über ihr Unternehmen Fürderhin bei Görtz einsteigen. Burkhard von Wangenheim ist Partner bei der Beteiligungsgesellschaft Afinum Management, die bis 2020 an Görtz beteiligt war. In einem Statement gegenüber dem „Manager Magazin“ schrieb der Investor, dass es ihm um den Erhalt des Traditionsunternehmens und der Arbeitsplätze gehe.

Die Hamburger Otto Group stellt den Geschäftsbetrieb der Spielwarenplattform Mytoys.de ein und schließt bis Februar 2024 alle Filialen des Unternehmens. Wie der Otto-Konzern am vergangenen Montag mitteilte, werde die Marke Mytoys künftig ausschließlich auf der Otto-Plattform angeboten, Für die betroffenen rund 800 Beschäftigten in der Mytoys-Verwaltung in Berlin und den 19 Unternehmensfilialen soll ein Interessenausgleich verhandelt und ein Sozialplan erstellt werden.

Die neuesten Restrukturierer-Personalien

Der Restrukturierungsexperte Oliver Liersch verstärkt die Kanzlei Pluta. Er soll dort insbesondere seine Erfahrung auf dem Gebiet der Eigenverwaltung einbringen. Liersch war von 2009 bis 2013 als Staatssekretär im Niedersächsischen Wirtschaftsministerium tätig. Im Anschluss daran war er wieder anwaltlich tätig. Liersch begleitete verschiedene Eigenverwaltungsverfahren, zuletzt als Generalbevollmächtigter des Drohnenherstellers EMT.

Info

Paul Siethoff ist Redakteur bei Finance und schreibt vorrangig über Transformations-Themen. Er hat Kommunikationswissenschaften und Journalismus in Erfurt und in Mainz studiert. Vor seiner Zeit bei FINANCE schrieb Paul Siethoff frei für die Frankfurter Rundschau für die Ressorts Wirtschaft und Politik.