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EY tauscht Deutschlandchef Hubert Barth aus

Hubert Barth, Deutschlandchef von EY, muss offenbar im Zuge des Wirecard-Skandals seinen Posten räumen.
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Kurz nachdem DPR-Präsident Edgar Ernst im Zuge des Wirecard-Skandals sein Ausscheiden bei der „Bilanzpolizei“ bekanntgegeben hat, fordert der Bilanzskandal schon den nächsten Kopf: Hubert Barth, aktuell Deutschlandchef des Big-Four-Hauses Ernst & Young (EY), räumt seinen Posten. Künftig wird EY zwei Deutschlandchefs haben: Henrik Ahlers (53) und Jean-Yves Jegourel (59). Dies teilte EY am frühen Donnerstag Nachmittag mit.

Barth muss EY aber voraussichtlich nicht verlassen: Er soll innerhalb des Konzerns eine andere Position mit überregionalem Bezug übernehmen. Zuerst hatte die Financial Times über diesen Rollenwechsel berichtet.

EY startet „Trust-in-Quality“-Programm

Erst gestern hatte EY eine Reorganisation des Europageschäfts für diesen Sommer angekündigt. So soll eine neue Einheit Europa-West gegründet werden. Dort soll Barth eine neue Führungsposition erhalten, schreibt EY.

Nichtsdestotrotz soll Barth aber noch im Untersuchungsausschuss zu Wirecard aussagen. Geladen sind neben dem scheidenden EY-Deutschlandchef auch die für den Kunden Wirecard verantwortlichen Wirtschaftsprüfer von EY, die von ihrer Verschwiegenheitspflicht entbunden sind und aussagen dürfen. Geplanter Termin für diese Aussagen ist nach derzeitigem Stand der 16. März.

Mit dem Wechsel an der Spitze von EY in Deutschland reagiert der Wirtschaftsprüfer auf die heftige Kritik, die es im Wirecard-Bilanzskandal hagelte. EY war seit 2011 alleiniger Abschlussprüfer des Zahlungsdienstleisters und hatte schon davor Prüfmandate bei Wirecard inne. Viele Jahre prüfte EY die Jahresabschlüsse und testierte diese uneingeschränkt. Auch als sich immer klarer Ungereimtheiten bei Wirecard abzeichneten, testierte EY uneingeschränkt. Erst nachdem der Sonderprüfer KPMG erhebliche Mängel bei der Bilanzierung feststellte, konnte EY die Luftbuchungen aufspüren und verweigerte im Juni vergangenen Jahres das uneingeschränkte Testat.

Um den entstandenen Vertrauensverlust entgegenzuwirken, startet EY auch ein „Trust-in-Quality“-Programm unter der Leitung der EY-Managerin Karen Somes. Somes arbeitet seit mehr als 25 Jahren für EY und repräsentiert den Bereich Wirtschaftsprüfung in der Deutschland-Geschäftsführung. Gemeinsam mit einer Expertenkommission soll Somes konkrete Maßnahmen identifizieren, mit deren Hilfe EY das Vertrauen in die eigene Prüfleistung wieder stärken möchte. Den Vorsitz dieser Kommission übernimmt der frühere Bundesfinanzminister Theo Waigel.

Barth wollte Zahl der Dax-Mandate verdoppeln

Hubert Barth ist seit 2016 Deutschlandchef des Wirtschaftsprüfers. Zuvor war er als Mitglied der Geschäftsführung und Managing Partner Regional Markets tätig. Zu EY stieß er im Jahr 2006, damals als Partner im Bereich Finanzdienstleistungen. Vor seiner Zeit bei dem Wirtschaftsprüfer arbeitete Barth in leitender Position bei der Vermögensverwaltung eines der weltgrößten Versicherungskonzerne.

Bei seinem Amtsantritt 2016 hatte Barth angekündigt, die Anzahl der Dax30-Mandate zu verdoppeln. Damals prüfte das Big-Four-Haus mit Siemens, Beiersdorf und HeidelbergCement lediglich 10 Prozent der größten deutschen Konzerne. Sein ambitioniertes Ziel konnte Barth sogar übertreffen: Im Februar 2020 gewann EY mit der Deutschen Telekom das achte Dax-Mandat

Im Rahmen der Prüferrotation hatte EY bereits Lufthansa, Volkswagen, Munich Re und die Deutsche Bank als neue Dax-Prüfkunden gewonnen. Die Mandate bei Wirecard, Siemens und Beiersdorf verteidigte EY bei einer Ausschreibung. Abgeben musste EY lediglich das Mandat bei HeidelbergCement.

Doch nach dem Wirecard-Skandal wendete sich das Blatt: Zunächst die DWS und die Commerzbank, danach auch die KfW und jüngst die Deutsche Telekom kehrten EY den Rücken – sie alle wollen den Prüfer wechseln. Damit hat EY bislang zwar nur ein Dax-Mandat verloren – doch es wäre keine Überraschung, wenn sich noch weitere Großkonzerne von EY als Wirtschaftsprüfer abwenden werden.

olivia.harder[at]finance-magazin.de

Info

Alles rund um den Bilanzskandal lesen Sie auf unserer Themenseite zu Wirecard. Über die aktuellen Entwicklungen in der Welt der Wirtschaftsprüfer halten wir Sie auf unserer Themenseite Big Four auf dem Laufenden.

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.