Herr Hirsch, Ihr Geschäftsmodell und dessen Bilanzierung sind komplex. Das hat Kritiker wie den Shortseller Fraser Perring angezogen. Die Auseinandersetzung kostet Ihr Unternehmen gerade viel Ansehen am Kapitalmarkt. Wir wollen mit Ihnen heute einmal in der Tiefe über Ihr Geschäft, Ihre GuV und Ihre Bilanz sprechen. Fangen wir ganz vorne an – wie läuft ein typisches Leasinggeschäft bei Grenke?
Klassischerweise läuft es so: Ihr Verlag kauft bei einem Händler IT-Ausrüstung, zum Beispiel Notebooks und Drucker, im Wert von 10.000 Euro. Dann bezahlt Grenke den Händler, und Sie leasen das Equipment über uns. Die Laufzeit unserer Leasingverträge beträgt im Schnitt rund vier Jahre.
In wessen Besitz sind die Assets während der Vertragslaufzeit, und in wessen Besitz gehen sie nach Ende des Lease über?
Der Eigentümer ist Grenke, in unserem Beispiel wären Sie als Verlag der Leasingnehmer und damit unser Kunde. Was nach Ablauf des Vertrags passiert, ist unterschiedlich. Manchmal kaufen die Leasingnehmer das Equipment oder verlängern ihre Verträge, getreu der Devise: „Never change a running system“. Hin und wieder kaufen auch die Händler die Güter zurück. Wenn wir Eigentümer werden, reichen wir das Equipment an unseren Asset-Broker weiter, der es dann verwertet.
Warum tauchen die Leasinggüter nicht in ihrer Bilanz auf, wenn Sie doch der Eigentümer sind?
Das ist eine Vorgabe von IFRS. Dort steht aber auch der Anschaffungsvorgang zum Beginn im Vordergrund. Wir bilanzieren also zu einer Art Anschaffungskosten. Aus den Zahlungsforderungen gegenüber unserem Leasingnehmer bilden wir eine Cashflow-Reihe auf Monats- oder Quartalsbasis. Dazu zählen wir auch den erwarteten Restwerterlös der Güter am Ende der Vertragslaufzeit. Diese Zahlungsreihe wird dann so diskontiert, dass dieser Barwert der Leasingforderung den Anschaffungskosten entspricht. Das nennt sich Netto-Invest-Prinzip. Über die regelmäßigen Zahlungen des Leasingkunden sinkt die Leasingforderung in unserer Bilanz dann von Quartal zu Quartal immer weiter ab. Dabei werden die Zahlungen wie bei jeder Annuität in Zins und Tilgung aufgeteilt.